Description: [Redaktioneller Hinweis: Die folgende Beschreibung ist eine unstrukturierte Extraktion aus dem originalem PDF] LUA-BILANZ LEBENSMITTELÜBERWACHUNG © Bizroug / AdobeStock Zahlen, Daten und Fakten für das Jahr 2022 Lebensmittelüberwachung nach der Pandemiekrise wieder auf Kurs Unte r s uc h te und b e a ns ta nde te L e b e ns m itte l- und B e da r fs g e g e ns tä nde p r ob e n 2022 Produk tg ruppe Proben B e a ns ta nde t B ea nst. in % Nüsse, -Erzeugnisse, Snacks39192,3 Obst und Gemüse1829663,6 Kräuter und Gewürze267134,9 Lebensmittel für besondere Ernährungsformen659375,6 Schokolade, Kakao und kakaohaltige Erzeugnisse, Kaffee, Tee472296,1 Wein38982787,1 Eier und Eiprodukte241197,9 Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt495418,3 Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt und zur Körperpflege sowie Reinigungs- und Pflegemittel4544710,4 Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und Erzeugnisse4915210,6 Milch und Milchprodukte106811711 Alkoholfreie Getränke92511712,6 Brühen, Suppen und Saucen4365512,6 Fette und Öle4345913,6 Getreide und Backwaren149320513,7 Fertiggerichte4055814,3 Fleisch, Geflügel, Wild Erzeugnisse267138314,3 Eis und Desserts3535515,6 Vegane/Vegetarische Ersatzprodukte1442316 Alkoholische Getränke außer Wein5288716,5 Zuckerwaren5098516,7 Kosmetische Mittel65411117 Spielwaren und Scherzartikel2534417,4 Zusatzstoffe2365623,7 Tabakerzeugnisse12412197,6 194 30216 711% Erg ebnis Die amtliche Lebensmittelüberwachung ent- nimmt und untersucht wieder etwa genauso viele Proben aus dem Einzelhandel und aus der Gastro- nomie wie vor der Corona-Pandemie. Die wäh- rend der Krise vorgenommenen Personalverschie- bungen in einigen Kreisen- und Städten schlagen sich nicht mehr auf die Gesamtprobenzahl nieder. Und im LUA gab es Dank eines Hygienekonzepts nur wenige Infektionen in der Belegschaft, es konnten daher alle eingesandten Proben mit der gewohnten hohen Qualität untersucht werden. Insgesamt hat das LUA im vergangenen Jahr 19.430 Proben von Lebensmitteln, Bedarfsgegen- ständen und Kosmetika untersucht. Im Jahr davor waren es 18.294. Dies entspricht gegenüber 2021 einer Zunahme um vier Prozent und ist damit wie- der auf dem Niveau der Probenzahlen vor der Co- rona-Pandemie. Beanstandet wurden 2.167 Proben, mit 11 Prozent war die Beanstandungsquote damit unverändert auf dem Niveau der Vorjahre. Die überwiegende Mehrzahl der Beanstandungen betraf eine falsche oder irreführende Kennzeichnung. Beanstandun- gen, die auf tatsächlich gefährliche Produktei- genschaften wie beispielsweise Fremdkörper oder gravierende hygienische Mängel zurückzuführen sind, waren auch 2022 sehr selten. Zu einer umfassenden Lebensmittelüberwachung gehört auch die Arbeit der Lebensmittelkontrol- leure vor Ort. Die Anzahl der von den zuständigen Kreis- und Stadtverwaltungen landesweit durch- geführten Betriebskontrollen ist im Vergleich zu den Jahren 2020 und 2021 auf 31.642 gestiegen. Zahl nachgewiesener gesundheitsschädlicher Pro- ben auch 2022 gering 2022 wurden im LUA insgesamt 19 Proben als ge- sundheitsschädlich beanstandet. Das entspricht einer Beanstandungsquote von 0,1 Prozent. Rück- rufe der entsprechenden Produkte wurden veran- lasst und von den Behörden überwacht. 2 Drei der gesundheitsschädlichen Proben waren mit Fremdkörpern belastet. Ein spitzer Draht wur- de in Schnittbrot gefunden, ein originalverpack- ter Oblaten-Lebkuchen enthielt einen Kunst- stoffsplitter. Ein spitzes Metallteil hatte ein Verbraucher in einer Haselnussschnitte gefunden. Aus mikrobiologischer Sicht waren insgesamt elf Proben gesundheitlich bedenklich. Vier Proben waren mit Listerien verunreinigt, diese Bakterien waren in einem Nudelsalat, in gewürfeltem Dörr- fleisch und in zwei Proben geschwärzter Oliven. Positiv auf Shigatoxin-bildende E.coli Bakterien (STEC) wurde eine Probe Tabulehsalat und eine Probe gemischten Salats getestet. Vier Proben aus einer Speisegaststätte waren mit Salmonellen verunreinigt. Der Schluss liegt nahe, dass ein Mit- arbeiter mit diesen Bakterien infiziert war und die Lebensmittel damit verunreinigte. Eine Flasche Trinkwasser enthielt eine höhere Menge Entero- kokken als erlaubt. Diesen Keimen ist gemeinsam, dass sie selbst, oder die von ihnen gebildeten Toxine Erbrechen und/oder schwere Durchfallerkrankungen aus- lösen können. Für Menschen mit geschwächtem oder nicht vollständig ausgereiftem Immunsys- tem wie Kleinkinder, alte oder kranke Personen besteht dadurch eine besondere Gefahr. Drei als Lebensmittel verkaufte Proben Kautabak wurden aufgrund ihres Nikotingehalts als gesund- heitsschädlich eingestuft. Der gemessene Niko- tingehalt gilt als nicht sicher in Lebensmitteln. Im Bereich Kosmetik war ein Hautbleichmittel ge- sundheitsschädlich. Es enthielt ein Corticosteroid. Diese Hormone aus der Nebennierenrinde beein- flussen direkt den Stoffwechsel und werden auch als Medikamente eingesetzt. In einer Probe Speisekartoffeln wurde entdeckt, dass der Grenzwert für den Gehalt des keimhem- menden Wirkstoffs Chlorprophan überschritten war. Der Wirkstoff hätte aber nur bis 2020 eingesetzt wer- den dürfen. © Alexas_Fotos / Pixabay 3 Kontaktstelle für europaweites Warnsystem Das LUA ist nicht nur ein Untersuchungsamt, son- dern für Rheinland-Pfalz auch die Kontaktstel- le des europaweit aktiven Lebensmittel-Schnell- warnsystems RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed) und des Schnellwarnsystems RAPEX (Rapid Exchange of Information System), in dem Behörden Informationen zu sogenannten Gegen- ständen des täglichen Bedarfs austauschen. Öffentlich gewarnt wird vor den als gesundheits- schädlich beanstandeten Lebensmitteln, Bedarfs- gegenständen und Kosmetika am Ende im für alle Verbraucherinnen und Verbraucher zugänglichen Internetportal www.lebensmittelwarnung.de. Im vergangenen Jahr hat sich die rheinland-pfälzische Kontaktstelle im LUA 191 dieser Warnungen ange- schlossen, weil die betroffenen Waren auch nach Rheinland-Pfalz gelangt waren. Sieben Warnun- gen hatte die Fachbehörde selbst bei Lebensmit- telwarnung.de eingestellt. Das Internetportal wird vom Bundesamt für Ver- braucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) betrieben und von den Überwachungsbehör- den der 16 Bundesländer mit Informationen über Rückrufe bestückt. Am häufigsten gewarnt wurde 2022 vor mikrobiologisch kontaminierten Lebens- mitteln. Am stärksten betroffen war die Produkt- kategorie „Nüsse, Nusserzeugnisse und Knabber- waren“. Vegane Ersatzprodukte: Reicht der Seitan zum Filet? Schnitzel, Frikadellen und Fischstäbchen ganz ohne das Fleisch von Tieren: Der Markt für vegane Fleisch- oder Fisch-Ersatzprodukte boomt – und stellt die Sachverständigen in der Lebensmittel- überwachung vor neue Herausforderungen. Wann darf sich ein Produkt aus Tofu „Würstchen“ nen- nen, wann taugt Seitan aus Weizeneiweiß zum „Filet“? Um die Bewertungsmaßstäbe für die neu- en veganen Lebensmittel wird in Fachkreisen ge- rungen. 4 Ende des Jahres 2018 wurden die „Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähn- lichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs“ veröffentlicht und damit erstmals Leitsätze verab- schiedet, die „prägend in die Produktaufmachung“ eingreifen sollten [1], statt wie sonst üblich, die bestehende Verkehrssauffassung von Produkten festzuhalten. Grund für dieses besondere Vorgehen der Deut- schen Lebensmittelbuchkommission (DLMBK) war, dass es zu dieser Zeit noch keine etablier- te Verkehrsauffassung für vegane Fleisch- oder Fisch-Ersatzprodukte gab, gerade weil sie noch nicht lange am Markt waren. Dennoch wurde die Notwendigkeit gesehen, die aktuellen und die noch kommenden Produkte gewissen Regeln zu unterwerfen, um „eine eindeutige Zuordnung der am Markt befindlichen Produkte in Katego- rien wie vegetarische, vegane oder tierische Le- bensmittel zu gewährleisten und somit für Trans- parenz am Markt zu sorgen“ [1]. Dabei sollten sich die Leitsätze „vor allem auf vegane und vegetari- sche Lebensmittel auswirken, die sich an Bezeich- nungen für Fleisch und Fleischerzeugnisse, Fisch und Fischerzeugnisse […] anlehnen“ [1]. Über- spitzt könnte man sagen, Wurst, Schnitzel und Fischstäbchen sollten vor dem „Nachmachen“ aus pflanzlichem Material geschützt werden. Die Leitsätze legen sowohl bei Veggie-Produkten in Anlehnung an Fleisch- als auch bei solchen in Anlehnung an Fischprodukte drei unterschiedlich streng geschützte Bezeichnungs- bzw. Produkt- Gruppen fest [2]: • • Bezeichnungen in Anlehnung an gewachsene tierische Erzeugnisse wie z. B. Filet oder Steak dürfen nur verwendet werden, wenn die sen- sorische Übereinstimmung mit dem tierischen Originalprodukt „weitgehend“ ist; Bezeichnungen in Anlehnung an spezifische Erzeugnisse wie Lyoner, Salami, Fischstäbchen oder Kaviar dürfen nur verwendet werden, wenn die sensorische Übereinstimmung mit dem tierischen Originalprodukt „hinreichend“ ist und ein auf die Anlehnung hinweisendes Schnitzel und Steak ohne das Fleisch von Tieren? Der Markt für vegane Fleisch-Ersatzprodukte boomt – und stellt die Lebensmittelüberwachung vor neue Herausforderungen. © Lynne Ann Mitchell / AdobeStock • Wort wie „Art“, „Typ“ etc. in der Bezeichnung erscheint (Die Bezeichnung „vegane Tofu- Wurst nach Salami-Art“ ginge also, „vegane Salami“ hingegen nicht); Bezeichnungen in Anlehnung an unspezifische Bezeichnungen für Fleischstücke und die Ka- tegorien „Würstchen“, „Frikadellen“, „Nug- gets“ etc. dürfen nur verwendet werden, wenn die sensorische Übereinstimmung mit dem tierischen Originalprodukt „hinreichend“ ist. Um entscheiden zu können, ob die Bezeichnung einer zur Begutachtung vorliegenden Probe den Leitsätzen entspricht, muss also eine sensorische Beurteilung durchgeführt werden. Die Leitsät- ze verweisen noch darauf, dass insbesondere Aus- sehen, Textur und Mundgefühl zu bewerten sind. Mit der Frage, wann eine Übereinstimmung „hin- reichend“ und wann „weitgehend“ ist, bleiben die Sensorikprüfer aber allein. Die Leitsätze waren daher von Anfang an nicht leicht umzusetzen und standen entsprechend in der Kritik. Seit Bestehen der Leitsätze haben sich die Pro- dukte am Markt außerdem erheblich weiterentwi- ckelt, und somit auch die Verkehrsauffassung. Bei allen Beteiligten besteht daher der Wunsch nach einer Überarbeitung der Leitsätze. Ein erster Ver- such dazu scheiterte 2022 jedoch an mangelnder Einigkeit in der DLMBK. Inzwischen ist die DLMBK neu berufen und ein Änderungsentwurf der „Leit- sätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ur- sprungs“ befindet sich im Anhörungsverfahren [1]. Bereits im Jahr 2019 hatten der damalige Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (jetzt Lebensmittelverband Deutschland) und die bei- den Sachverständigengremien ALS (Arbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucher- schutz und Lebensmittelsicherheit ) und ALTS (Arbeitskreis der auf dem Gebiet der Lebensmit- telhygiene und der Lebensmittel tierischer Her- kunft tätigen Sachverständigen) einen Workshop zu den Leitsätzen für vegane und vegetarische 5 Lebensmittel veranstaltet, in dem unter ande- rem auch die Bedeutung der „hinreichenden“ und „weitgehenden“ sensorischen Ähnlichkeit disku- tiert wurde. Der Inhalt des Workshops wurde an- schließend veröffentlicht [3]. Im Jahr 2022 gaben die drei Akteure unter Federführung des Lebens- mittelverbands dann einen „Leitfaden für senso- rische Prüfungen von veganen und vegetarischen Lebensmitteln mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs“ als Ergänzung zum damali- gen Workshop heraus [4]. Dieser Leitfaden enthält „Klarstellungen und In- terpretationen“ der Leitsätze und soll vor allem die sensorische Produktbewertung erleichtern. Dazu werden unter anderem die Ähnlichkeitskrite- rien näher erläutert. Außerdem enthält der Leitfa- den Prüfschemata für beispielhafte Produktarten innerhalb der drei Kategorien Fleischerzeugnis- se/Wurstwaren, Hackfleisch/Fleischteilstücke und Fisch/Fischerzeugnisse. Hier sind für insgesamt zehn Produktarten (u.a. Salami, Bratwurst, Frika- delle und Fischstäbchen) typische sensorische Ei- genschaften der Dimensionen Aussehen, Geruch, Geschmack und Konsistenz/Textur aufgelistet, die so bei einer zu bewertenden Probe systematisch abgeprüft werden können. Aufwendige sensorische Prüfungen 2022 wurden im LUA 45 vegetarische bzw. vega- ne Fleisch- und Fischersatzprodukte im Rahmen der Leitsätze untersucht und beurteilt. Jede Probe wurde, nach Zubereitung entsprechend der Anga- ben auf der Packung, von einem Sensorikpanel aus mindestens drei geschulten wissenschaftlichen Prüfpersonen bewertet. Geprüft wurde dabei, ob die Bezeichnungsregeln der Leitsätze eingehalten wurden. Damit ist der Aufwand für die sensorische Prüfung bei dieser Lebensmittelkategorie über- durchschnittlich hoch. Ergebnis der aufwendigen Prüfungen: In den meis- ten Fällen war die Bezeichnung zutreffend, da die Ähnlichkeit mit dem in Bezug genommenen tie- rischen Originalprodukt vorlag. Oft waren die Prüferinnen und Prüfer sogar erstaunt, welche 6 war. Weitere fünf Produkte waren aufgrund anderer Mängel zu beanstanden, zum Beispiel wegen feh- lerhaften Nährwertangaben für Fett. Suche nach der DNA von Tieren Bei Ersatzprodukten werden Aussehen, Geruch, Ge- schmack, Konsistenz und Kennzeichnung überprüft. © Vladimir / AdobeStock sensorischen Ähnlichkeiten in Konsistenz und Ge- schmack inzwischen möglich sind. Als nicht den Leitsätzen entsprechende Bezeich- nungen und damit letztlich als Irreführung des Verbrauchers mussten dagegen folgende Produk- te beanstandet werden: • zwei „Filets“ ohne die typische faserige Fleischstruktur; • ein „Hackfleischersatz“ aus Gemüseraspeln und Getreidekörnern; • ein als Alternative zu Fisch angepriesenes „Fi- lee“ ohne jeglichen Fischgeschmack; • die fehlende Angabe von „Typ“ oder „Art“ bei zwei verschiedenen Produkten „vegane Fleischwurst“, zwei „veganen Salamis“ und ei- nem „veganen Fleischsalat“; • nach Getreide statt Fleisch schmeckende „Ve- gane Würstchen“; • eine lediglich nach geräucherten Tomaten schmeckende „Teewurst“; • ein „Fränkisches“ Würstchen ohne den ent- sprechenden Geschmack und die Angabe „Art“ oder „Typ“. Die Produkte waren zwar überwiegend wohlschme- ckend, entsprachen aber sensorisch nicht dem tie- rischen Original, an das die Bezeichnung angelehnt Zudem wurden im LUA 2022 insgesamt 12 Fleischersatzprodukte auf Spuren von DNA un- tersucht, die nur in Säugetieren und Geflügel vorkommt. Dabei handelte es sich um Ersatz- produkte für Hackfleisch, Frikadellen, Gyros, Cor- don Bleu, Schnitzel, Fleischsalat, Bratwürstchen und Aufschnitt. Lediglich bei einer Probe vega- nem Fleischsalat-Ersatz wurde derartige tierische DNA in Spuren gefunden. Allerdings sind nach den bereits angeführten Leitsätzen gewisse Kon- taminationen mit tierischen Bestandteilen zu to- lerieren, soweit diese auf allen Produktions-, Ver- arbeitungs- und Vertriebsstufen trotz geeigneter Vorkehrungen bei Einhaltung der Guten Herstel- lungspraxis technisch unvermeidbar sind. Eine entsprechende Überprüfung im Herstellerbetrieb durch die örtlich zuständigen Lebensmittelkon- trolleure der Kreis- oder Stadtverwaltung wur- de angeregt. Auch wenn es aufgrund der gerin- gen Mengen als unwahrscheinlich anzusehen war, wurde darüber hinaus eine Prüfung auf die ab- sichtliche (rezepturmäßige) Verwendung von Zu- taten oder Verarbeitungshilfsstoffen tierischer Herkunft im Herstellungsbetrieb empfohlen. Der Innovationsschub bei inzwischen fast über- wiegend veganen Ersatzprodukten für tierische Er- zeugnisse scheint bisher ungebrochen. Ob die- se Erzeugnisse als hochverarbeitete und oft sehr salzhaltige Produkte im klassischen Sinne als „ge- sund“ angesehen werden können und wie es mit Nachhaltigkeit und Ökobilanz aussieht, wird im Rahmen der Beurteilung von amtlichen Proben allerdings nicht berücksichtigt. So bleibt fest- zuhalten, dass die vegetarischen und veganen Fleisch- und Fischersatzprodukt eine spannen- de Warengruppe darstellen, bei der Verbrauche- rinnen und Verbraucher sowie Fachleute nicht nur mit weiteren überraschenden Produkten rechnen, sondern auch die langersehnte Anpassung der Leitsätze erhoffen. Fußnoten [1] Sachstandsbericht: Temporärer Fachausschuss für „vegane und vegetarische Lebensmittel“ [2] Leitsätze für vegane und vegetarische Lebens- mittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs, Neufassung vom 04. Dezember 2018 (BAnz AT 20.12.2018 B1, GMBl 2018 S. 1174) [3] Dokumentation des gemeinsamen Workshops vom 8. März 2019 zu den neuen Leitsätzen für ve- gane und vegetarische Lebensmittel mit wichti- gen Fragen und Antworten zur Leitsatz-Anwen- dung [4] Leitfaden für sensorische Prüfungen von ve- ganen und vegetarischen Lebensmitteln mit Ähn- lichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs, Fassung: November 2022 Spätfolgen von Tschernobyl zeigen sich noch immer in Rheinland-Pfalz In der Nacht zum 26. April 1986 explodierte in Block vier der Reaktor: 2023 jährte sich der GAU von Tschernobyl zum 37. Mal. Noch immer dürfen in bestimmten Gebieten in Rheinland-Pfalz erleg- te Wildschweine wegen möglicher zu hoher ra- dioaktiver Belastung mit dem Radionuklid Cäsi- um-137 erst nach Kontrolluntersuchungen in den Verkehr gebracht werden. Cäsium-137 hat eine physikalische Halbwerts- zeit von etwa 30 Jahren. Es ist in sauren Waldbö- den recht gut bioverfügbar und gelangt wieder in Pflanzen oder Pilze. Hierdurch liegt in Waldöko- systemen ein nahezu geschlossener Kreislauf von Cäsium-137 vor. Er wird dort noch viele Jahrzehn- te zu erhöhten Cäsium-137-Belastungen führen - insbesondere bei Tieren, die bei der Nahrungsauf- nahme im Boden wühlen. Vor allem der für den Menschen ungenießbare Hirschtrüffel reichert Cä- sium-137 an und steht bei Wildschweinen ganz oben auf dem Speiseplan. Von den 949 Schwarzwild-Proben, die im Jagdjahr 2022/23 von dezentralen Messstellen untersucht worden sind, mussten 39 (4,1 Prozent) beanstan- 7 det werden. Das Fleisch wurde anschließend ver- nichtet. Der höchste festgestellte Gehalt an Cä- sium-137 lag bei 4.287 Becquerel pro Kilogramm Fleisch. Zum Vergleich: Der gesetzliche Grenzwert liegt bei 600 Becquerel pro Kilogramm. Das Wild- schwein war im Untersuchungsgebiet Pfälzerwald im Juni 2022 erlegt worden. In den dezentralen Messstellen werden mit mobi- len Messgeräten Proben von Schwarzwild unter- sucht, das in den festgelegten Untersuchungsge- bieten Pfälzerwald und Hochwald erlegt wurde. Die Jäger sind in ihrer Funktion als Lebensmittel- unternehmer dazu verpflichtet, Eigenkontrollen vorzunehmen. Zurzeit gibt es insgesamt acht de- zentrale Messstellen (fünf private und drei Forst- ämter), die Radiocäsium in Schwarzwild messen. Im LUA werden alle Daten der dezentralen Mess- stellen zusammengeführt und ausgewertet. Zusätzlich wird im LUA im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung auch Wildschwein- fleisch untersucht, das außerhalb der festgelegten Untersuchungsgebiete erlegt wurde oder das be- reits im Handel erhältlich ist. Die gute Nachricht: Bei Fleisch aus dem Handel oder aus Gaststätten wurden in den vergangenen Jahren keine Über- schreitungen des Höchstgehalts für Cäsium-137 festgestellt. Das gilt auch für anderes Wildfleisch, etwa von Rot- oder Damwild. Schwermetall Blei in Wildwurst: Munition ist die Eintragsquelle Um die Bleibelastung und ein mögliches Gesund- heitsrisiko für den Menschen zu reduzieren, muss bei erlegten Wildtieren der Schusskanal großzü- gig entfernt werden, um auch kleinere Partikel noch sicher zu entfernen. Das gilt auch für Fleisch, das zur Verwurstung vorgesehen ist. Die Untersu- chungsergebnisse des LUA zeigen, dass dies bei der überwiegenden Anzahl der Proben der Fall ist. Bei stichprobenartig im Handel entnommener Wildwurst konnte bei etwa jeder vierten Probe Blei gefunden werden. Mit großer Wahrschein- 8 Verwendet werden Reinigungs-/Desinfektionsmit- tel, die quartäre Ammoniumverbindungen (QAV) enthalten. Bei den QAV handelt es sich um ober- flächenaktive, kationische Tenside, die auf Kunst- stoffen und Edelstahl gut haften. Der sich an den Wandungen der Gerätschaften bildende Tensid- film ist ursächlich für die reinigende bzw. desin- fizierende Wirkung. Um den Tensidfilm nach der Reinigung zu entfernen, muss gründlich mit hei- ßem Wasser nachgespült werden. Bleifrei: Wildfleisch soll keine Munitionspartikel enthalten. © Marta&Cla / AdobeStock lichkeit gelangte das Schwermetall durch Muni- tionspartikel in das Produkt. Bei Fleisch und/oder Wurst aus Gebieten, in denen der Einsatz von blei- haltiger Munition verboten ist, ist Blei meist nicht nachzuweisen. Seit Jahren ist ein Verbot von Blei- munition zur Jagd in der Diskussion, weil dadurch große Mengen des Schwermetalls in die Umwelt gelangen. Auch zukünftig wird die amtliche Le- bensmittelüberwachung in Rheinland-Pfalz jähr- lich Wildfleisch und Wurstwaren aus diesem Fleisch untersuchen, um dieses Thema weiter im Blick zu behalten. Immerhin: Gemäß der hier einschlägigen EU-Ver- ordnung ist seit dem 15.02.2023 in allen Mitglied- staaten die Verwendung von bleihaltiger Muniti- on bei der Jagd in Feuchtgebieten und im Umkreis von 100 Metern dazu verboten. Nicht erste Sahne: Keime und Desinfektionsmittelreste kommen vor Für das Sahnehäubchen auf Kuchen oder Eis in der Gastronomie wird häufig aufgeschlagene Sahne aus Sahneautomaten verwendet. Diese Automa- ten müssen natürlich regelmäßig gereinigt wer- den. Ob das auch ordnungsgemäß geschieht, wird in den Laboren des LUA anhand von Proben un- tersucht. Wird ein Sahneautomat lediglich mit kaltem Trinkwasser gespült, werden Rückstände von QAV nicht vollständig entfernt und gelangen beim Auf- schlagen der Sahne ins Produkt. Das Risiko der Kontamination ist besonders hoch, wenn die Do- sierungsempfehlungen der Präparate nicht beach- tet werden und überdosiert wird. Im Landesuntersuchungsamt wurden im vergan- genen Sommer 20 Proben frisch aufgeschlagener Sahne auf Rückstände von Desinfektionsmitteln (QAV) untersucht. Ergebnis: In fünf dieser Proben konnten die Verbindungen nachgewiesen werden. In zwei Fällen wurde der zulässige Höchstgehalt überschritten. Eine Gesundheitsgefahr für Ver- braucherinnen und Verbraucher bestand aber in keinem Fall. Die Kontaminationen wären jedoch vermeidbar gewesen, wäre das Reinigungsmit- tel entsprechend seiner Gebrauchsanweisung ver- wendet worden. Keime können zum Problem werden Auch entscheidend beim Sahnehäubchen auf Ku- chen oder Eis ist die darin ermittelte Keimzahl. Das LUA hat im vergangenen Jahr 202 Sahnepro- ben aus Cafés und Eisdielen auf Keime untersucht. 89 Proben waren dabei aufgrund erhöhter Keim- zahlen zu beanstanden. Fast ausschließlich waren die Sahneproben direkt aus der Aufschlagmaschi- ne problematisch. Sehr auffällig: Alle Beanstandungen wurden aus- gesprochen, weil der Warnwert für Enterobakte- rien überschritten war. Bei diese Bakterien han- delt es sich um allgemeine Schmutzkeime, die im Darm aber auch im Boden und Wasser vorkom- men. Die deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) hat Richt- und Warnwerte für bestimmte Bakterienarten festgelegt, für En- terobakterien beträgt der Wert 10.000 koloniebil- dende Einheiten pro Gramm (KbE/g). Dieser war bei den 2022 beanstandeten Sahneproben regel- mäßig überschritten. Die Ursache dafür können allgemeine Hygienemängel, das unzureichende Reinigen des Sahneautomaten oder auch man- gelnde Personalhygiene sein. Wer jetzt lieber auf die Portion Sahne beim Eis verzichtet, könnte trotzdem Pech haben: Bei 219 untersuchten Speiseeisproben wurden 27 Proben ebenfalls aufgrund erhöhter Zahlen bei Entero- bakterien und/oder Bacillus cereus Keimen bean- standet. Kleiner Lichtblick: Krankmachende Keime wie Salmonellen oder Listerien konnten weder in Sahne noch in Eis nachgewiesen werden. Wichtige Routineanalytik: Mykotoxine in Lebensmitteln Nicht zu schmecken, nicht zu riechen und nicht zu sehen: Schimmelpilzgifte, sogenannte Myko- toxine, können eine Reihe von gesundheitlichen Beschwerden beim Menschen auslösen. Umso wichtiger, dass anfällige Lebensmittel wie zum Beispiel Getreideprodukte, Nüsse, Trockenobst, Ölsaaten und Gewürze regelmäßig analysiert und – falls nötig – aus dem Handel genommen wer- den, um eine hohe Lebensmittelsicherheit zu ga- rantieren. Im LUA gehören diese Untersuchungen zur Routine. Bei Mykotoxinen handelt sich um natürliche, se- kundäre Stoffwechselprodukte von Schimmel- pilzen, zum Beispiel der Gattungen Aspergil- lus, Penicillium oder Fusarium. Es lassen sich drei Haupteintragungswege von Mykotoxinen in Le- bensmittel unterscheiden: Eine Kontamination mit Mykotoxinen kann bereits während des An- baus von Nutzpflanzen (z. B. auf dem Getreide- feld) vorkommen. Bei dieser so genannten Primär- kontamination kann es – unter anderem durch 9
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Origins: /Land/Rheinland-Pfalz/LUA
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Language: Deutsch
Time ranges: 2023-01-01 - 2023-12-31
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