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28_Ohrwürmer

Description: Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Ohrwürmer (Derma- ptera) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Michael WALLASCHEK unter Mitarbeit von Hans-Markus OELERICH, Klaus RICH- TER und Martin SCHULZE (2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Die weltweit etwa 1.300 rezenten Ohrwurmarten (GÜNTHER 2000) sind ausgesprochene Dämme- rungs- und Nachttiere, die zugleich eine hohe Luftfeuchtigkeit verlangen. Sie bevorzugen Schlupfwinkel, in denen sie mit möglichst vielen Körperseiten oder -stellen Kontakt mit dem um- gebenden Substrat haben. Angegriffen, wehren sie sich durch Kneifen mit den für dieses Taxon charakteristischen Zangen und durch Absonde- rung eines die Haut ätzenden Sekretes. Nur acht Ohrwurmarten sind in Deutschland indi- gen (MATZKE 2000, WALLASCHEK 1998). Angesichts dieser geringen Artenzahl sowie der auf Ekel und Angst beruhenden Einstellung vieler Menschen diesen Tieren gegenüber kann das mangelnde Interesse an den Dermapteren nicht verwundern. Allerdings hat sich herausgestellt, dass heimische Ohrwurmarten in bestimmten Lebensräumen zu den dominanten Tierarten oder -gruppen hinsicht- lich Siedlungsdichte und Biomasse gehören kön- nen (ELLENBERG et al. 1986). Von einzelnen Derma- pterenarten ist bekannt, dass sie sehr spezielle ökologische Ansprüche besitzen (HARZ 1957). Bei genauerer Betrachtung zeigt sich die heimische Ohrwurmfauna zudem in ihrer Zoogeographie und Ökologie erstaunlich vielfältig (WALLASCHEK 1998). Die zoo- oder pantophage Ernährungsweise hat Untersuchungen zum Einsatz von Dermapteren- arten, darunter auch heimischen, für die biologi- sche Schädlingsbekämpfung angeregt (CAUSSANEL & ALBOUY 1991). In der Kleingartenpraxis wird der bekannte Gemeine Ohrwurm, Forficula auricula- ria LINNAEUS, 1758, mancherorts bereits in diesem Sinne gefördert. Gelegentlich mag er aber auch als Pflanzen- oder Vorratsschädling, Lästling und in seltenen Fällen durch Verschleppen von Krank- heitserregern der Kulturpflanzen und des Men- schen in Erscheinung treten (BEIER 1959). Nicht unerwähnt soll bleiben, dass den heimischen Dermapterenarten, -faunen und -taxozönosen Zeigerfunktion für die Landschaftsstruktur, den Grad des anthropogenen Einflusses und einzel- ne ökologische Faktoren zukommen kann. Somit lassen sie sich durchaus im Rahmen der Bioindi- kation in der Landschaftsplanung einsetzen (WAL- LASCHEK 1998). Datengrundlagen Zur Dermapterenfauna Sachsen-Anhalts zählen nach bisheriger Kenntnis fünf Arten (WALLASCHEK et al. 2002). Diese Arbeit enthält die aktuelle  Checkliste sowie die Liste der faunistischen Pri- märliteratur und wichtiger Beiträge der Sekundär- literatur über die Ohrwürmer in Sachsen-Anhalt. Wie in diesem Beitrag richtet sich im Folgenden die Systematik und Nomenklatur der Dermaptera nach HARZ & KALTENBACH (1976). Hinsichtlich der deutschen Namen folgen wir HARZ (1957). Für die Synonyma wird auf ZACHER (1917), HARZ (1957) und HARZ & KALTENBACH (1976) verwiesen. Die letz- ten beiden Bücher sowie GÖTZ (1965) sind wichti- ge Bestimmungswerke. Bemerkungen zu ausgewählten Arten; Gefährdungsursachen und erforderliche Schutzmaßnahmen Die meisten Ohrwurmarten Sachsen-Anhalts, nämlich Labidura riparia (PALLAS, 1773), Labia minor (LINNAEUS, 1758) und Forficula auricularia LINNAEUS, 1758, sind kosmopolitisch verbreitet. Chelidurella guentheri (GALVAGNI, 1993) und Apte- rygida media (HAGENBACH, 1822) sind hingegen auf Europa beschränkt (HARZ 1960, HARZ & KALTEN- BACH 1976). Da sich der faunistische Kenntnisstand über die heimischen Dermapterenarten deutlich verbessert hat (WALLASCHEK et al. 2002), kann ein- geschätzt werden, dass die letzten vier Arten in Sachsen-Anhalt verbreitet bis sehr weit verbreitet vorkommen und nicht bestandsgefährdet sind. Obschon der Sand-Ohrwurm, Labidura riparia, kosmopolitisch verbreitet ist, reicht er in Europa nördlich der Alpen lediglich bis zur Nord- und Ost- see und kommt in Deutschland nur zerstreut vor (HARZ & KALTENBACH 1976, SCHIEMENZ 1978). In Mit- teldeutschland häuften sich aber in letzter Zeit durch die Intensivierung der Beobachtungstätig- keit Funde aus Braunkohletagebauen, Kies- und Sandgruben sowie Truppenübungsplätzen (vgl. MATZKE & KLAUS 1996, WALLASCHEK 1999). In Sach- sen-Anhalt wird die Art ebenfalls schon seit lan- gem hauptsächlich in solchen Sekundärlebens- räumen gefunden (WALLASCHEK 2000), doch liegen z.B. auch vom Elbufer Beobachtungen vor (WAL- LASCHEK et al. 2002). Labidura riparia lebt im allgemeinen in fast vege- tationslosen, gut durchwärmten, oberflächlich schnell abtrocknenden Sandflächen. Häufig, aber bei weitem nicht immer, weisen die Flächen ei- nen hohen Grundwasserspiegel (oft Gewässer- ufer) oder eine höhere Bodenfeuchtigkeit über stauenden Schichten auf. In solchen Plätzen hält sich der Sand-Ohrwurm unter Steinen, Holzstü- cken, Blech- und Plastteilen etc. auf, wo sich eine höhere Feuchtigkeit als in der Umgebung einstellt Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 0 - - Gefährdungskategorie R 1 2 - - 1 - - 20,0 3 -Rote Liste 1 -20,0 und auch bestehen bleibt (WALLASCHEK 1999). WEIDNER (1941) nimmt als pleistozäne Refugial- räume des Sand-Ohrwurmes Südwest- und Os- teuropa an. Die postglaziale Rückwanderung in den nord- und mitteldeutschen Raum sei entlang der Urstromtäler, in die sich auch das Elbtal ein- ordnet, erfolgt. Heute spielt wohl für die Ausbrei- tung der Art, insbesondere bei der Besiedlung von Sekundärlebensräumen, Anthropochorie eine gro- ße Rolle (WALLASCHEK 1999). Durch den Mangel an natürlicher Flussdynamik werden heute nur im Ausnahmefall neue primäre Trockenbiotope in den Flusstälern des Landes ge- schaffen, die den Ansprüchen von Labidura ripa- ria genügen. Auf solche Lebensräume wird beim Flussausbau bisher wohl kaum Rücksicht genom- men. Die Sekundärlebensräume des Sand-Ohrwurmes verlieren durch Vermüllung, Rekultivierung (Auf- forstung, Ansaat von Grasmischungen), Flutung, Aufgabe oder Reduzierung der militärischen Nut- zung und natürliche Sukzession der Pflanzenbe- stände schnell an Wert für die Art. So gingen im letzten Jahrzehnt durch mangelnde Kenntnis oder Rücksichtnahme sowie das Fehlen geeigneter Gesamt 5 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Ohrwürmer Sachsen-Anhalts. Schutz- und Pflegemaßnahmen zunehmend Le- bensräume verloren. Zudem schafft der Braunkoh- lenbergbau in Sachsen-Anhalt bei weitem nicht mehr so viele Sekundärlebensräume wie im letz- ten Jahrhundert. Deshalb ist zu befürchten, dass das Gros der verbliebenen Sand-Ohrwurm-Be- stände im nächsten Jahrzehnt verschwindet. Daher sollte die natürliche Flussdynamik gefördert und die Erhaltung der Sandufer und von Sandbän- ken gewährleistet werden. Bepflanzung solcher Flächen ist zu unterlassen. Auf den Flussausbau muss soweit wie möglich verzichtet werden. Die Sekundärlebensräume sollten möglichst vor Vermüllung, Aufforstung und Ansaat von Grasmi- schungen geschützt werden. Stehen ausreichend Flächen zur Verfügung, wie z.B. auf Truppenü- bungsplätzen, in großen teilweise aufgelassenen Sandgruben oder in Naturschutzgebieten, kann durch umlaufendes abschnittsweises Abschieben des Oberbodens Erhaltungspflege betrieben wer- den. Auch kleinere Sekundärlebensräume sollten naturschutzrechtlich gesichert und durch Pflege oder besser Nutzung (z.B. Austrag kleiner Men- gen von Sand für gemeindliche Zwecke wie We- gebau) erhalten werden. Art (wiss.)Art (deutsch)Kat.Bem. Labidura riparia (PALLAS, 1773)Sand-Ohrwurm2V, A Nomenklatur nach HARZ & KALTENBACH (1976), deutsche Namen nach HARZ (1957). Abkürzungen und Erläuterungen, letzter Nachweis/ Quelle (Spalte „Bem.“)V- LiteraturNordwest-Sachsens und angrenzender Gebiete (Insecta, Dermaptera, Labiduridae).- Mauritiana (Altenburg), 16(1): 57-70. SCHIEMENZ, H. (1978): Dermaptera - Ohrwürmer.- In: STRESE- MANN, E. (Hrsg.)(1978): Exkursionsfauna für die Gebiete der DDR und der BRD. Bd. 2/1 Wirbellose, Insekten - Ers- ter Teil.- Volk und Wissen (Berlin): 91-92, 95-96. WALLASCHEK, M. (1998): Zur Ohrwurmfauna (Dermaptera) zweier Naturschutzgebiete im Naturraum “Unteres Unstrut-Berg- und Hügelland”.- Abh. Ber. Mus. Heineanum, 4: 71-86. WALLASCHEK, M. 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Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/LAU

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Issued: 2005-06-15

Modified: 2005-06-15

Time ranges: 2005-06-15 - 2005-06-15

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