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StN 5. Gesetz Änderung Tierschutzgesetz Verordnung zur Änderung versuchstierechtlicher Vorschriften

Description: Die Landesbeauftragten für Tierschutz der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein Stuttgart/Berlin/Potsdam/Wiesbaden/Hannover/Saarbrücken/Magdeburg/Kiel, im März 2020 Zu den von der Bundesregierung (BMEL) vorgelegten Entwürfen für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes und für eine Verordnung zur Änderung versuchstierrechtlicher Vorschriften: Unzureichende Reaktion auf die Mängelrügen, die die EU- Kommission in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme v. 25. 7. 2019 (Vertragsverletzung Nr. 2018/2207; dort Nr. 9 und Nr. 21-28) erhoben hat. In einer mit Gründen versehenen Stellungnahme (Art. 258 AEUV) hat die EU-Kommission am 25. 7. 2019 eine Vielzahl von Mängeln gerügt (insgesamt 25, z. T. mit Unterpunkten), die es nach ihrer Einschätzung bei der Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie (Richtlinie 2010/63/EU) in das deutsche Recht gegeben hat. Die Bundesregierung hat mittlerweile Entwürfe für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes und für eine Verordnung zur Änderung versuchstierrechtlicher Vorschriften vorgelegt, die aber nicht ausreichen, um alle von der Kommission festgestellten Umsetzungsmängel zu beheben Aus der Sicht des Tierschutzes sind einige Umsetzungsmängel besonders wesentlich, auf die wir im Folgenden hinweisen: 1. Gesetzesformulierung in § 8 Abs. 1 Satz 2 Tierschutzgesetz (TierSchG) Wie müsste § 8 Abs. 1 Satz 2 TierSchG lauten, um mit Art. 36 Abs. 2 und Art. 38 der Richtlinie 2010/63/EU vereinbar zu sein? Um den Verstoß, den § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG bish. Fassung gegen Art. 36 Abs. 2 und Art. 38 bildet, zu beheben, ist es notwendig, dass an die Stelle der bislang im Gesetz verwendeten Wörter „wenn 1. wissenschaftlich begründet dargelegt ist, dass“ die Wörter „wenn zur Überzeugung der zuständigen Behörde feststeht, dass 1. aus wissenschaftlicher oder pädagogischer Sicht gerechtfertigt ist, dass“ gesetzt werden. Begründung: Die Gesetzesformulierung in § 8 Abs. 1 Satz 2 TierSchG bish. Fassung (danach ist die Genehmigung für einen Tierversuch bereits dann zu erteilen, wenn das Vorliegen der wichtigsten Genehmigungsvoraussetzungen – vor allem die Unerlässlichkeit und die ethische Vertretbarkeit des Tierversuchs – „wissenschaftlich begründet dargelegt ist“) steht nach Einschätzung der EU-Kommission in Widerspruch zu Art. 38 und damit auch Art. 36 Abs. 2, wonach die Projektbeurteilung nicht dem Antragsteller überlassen bleiben dürfe sondern von der zuständigen Behörde durchzuführen sei (EU-Kommission, Aufforderungsschreiben v. 9. 7. 2018 Nr. 23: „In der Praxis bedeutet dies, dass sich die Beurteilung auf eine reine Plausibilitätsbewertung durch die zuständige Behörde beschränkt, während die eigentliche Beurteilung dem Projektleiter überlassen bleibt“). In mehreren Urteilen (zitiert werden OVG Bremen v. 11. 12. 2012, VG Berlin v. 7. 12. 1994 und BVerfG v. 20. 6. 1994) hätten deutsche Gerichte die Überprüfung der wesentlichen Genehmigungsvoraussetzungen auf der Basis von § 8 Abs. 1 Satz 2 TierSchG auf eine reine Plausibilitätsbewertung seitens der zuständigen Behörde beschränkt, während die eigentliche wissenschaftliche Beurteilung dem Antragsteller überlassen bleibe und die Behörde nur diejenigen Zulassungsbedingungen umfassend beurteilen könne, die keinen „spezifischen Wissenschaftsbezug“ aufweisen sondern nach allgemeinen technischen Standards bewertet werden könnten (EU-Kommission, mit Gründen versehene Stellungnahme v. 25. 7. 2019 Nr. 24). Nach Art. 38 Abs. 1 lit. a und b der Richtlinie müsse die Genehmigungsbehörde „aktiv“, „umfassend“ und „selbständig“ und „z. B. durch die Hinzuziehung relevanter Experten“ prüfen, ob der Tierversuch tatsächlich wissenschaftlich gerechtfertigt sei. Im Gegensatz dazu dürften deutsche Genehmigungsbehörden vom Vorliegen der wesentlichen Zulassungsvoraussetzungen „ohne weitere eigene Untersuchungen“ bereits dann ausgehen, wenn diese von dem Antragsteller „wissenschaftlich begründet dargelegt“ worden seien. Damit aber enthielten die deutschen Umsetzungsbestimmungen keine korrekte Umsetzung von Art. 38 Abs. 1 lit. a und b sowie Abs. 2 der Richtlinie, „indem sie die Tiefe sowie den Inhalt der von der zuständigen Behörde durchgeführten Projektbewertung unangemessen einschränken“ (EU-Kommission, Stellungnahme Nr. 23, 24). Zusammengefasst muss für die behördliche Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen der Unerlässlichkeit und der ethischen Vertretbarkeit eines Tierversuchs nach Überzeugung der EU-Kommission gelten (Stellungnahme Nr. 23, 24): -Die Behörde muss „aktiv und umfassend prüfen“; -sie muss eine „selbständige Beurteilung“ durchführen (das ist das Gegenteil der von den deutschen Gerichten bislang angenommenen Bindung der Behörde an die Darlegungen des Antragstellers); - sie muss alle Genehmigungsvoraussetzungen – auch solche mit spezifischem Wissenschaftsbezug – „umfassend beurteilen“, - sie muss die Überprüfung, ob das Projekt tatsächlich wissenschaftlich gerechtfertigt ist, „z. B. durch die Hinzuziehung relevanter Experten“ durchführen können, -sie hat eine „eigene aktive Kontrolle“ im Bewertungsprozess vorzunehmen, -sie hat über die Darlegungen des Antragstellers hinaus „weitere eigene Untersuchungen“ vorzunehmen und - sie darf in der Tiefe und dem Inhalt der von ihr durchzuführenden Projektbewertung nicht (wie bisher durch § 8 Abs. 1 Satz 2 TierSchG) unangemessen eingeschränkt werden. Die Bundesregierung sieht daraufhin in ihrem Entwurf für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes vor, § 8 Abs. 1 Satz 2 TierSchG dahingehend abzuändern, dass die Genehmigung für einen Tierversuch zu erteilen ist, „wenn die durch die zuständige Behörde durchgeführte Prüfung ergibt, dass 1. aus wissenschaftlicher oder pädagogischer Sicht gerechtfertigt ist, dass a) die Voraussetzungen des § 7a Abs. 1 und 2 Nr. 1 bis 3 <im Wesentlichen: die Unerlässlichkeit und die ethische Vertretbarkeit des Tierversuchs> vorliegen …“ Diese Gesetzesänderung ist jedoch nicht ausreichend, um Art. 38 und Art. 36 Abs. 2 der Richtlinie korrekt umzusetzen, denn sie begründet die Gefahr, dass das Gesetz auch in seiner neuen Fassung von Behörden und Gerichten dahingehend (miss-)verstanden wird,

Types:

Origin: /Land/Sachsen-Anhalt/MWL

Tags: Baden-Württemberg ? Niedersachsen ? Sachsen-Anhalt ? Schleswig-Holstein ? Brandenburg ? Berlin ? Brandenburg ? Bremen ? Hessen ? Saarland ? Bundesverfassungsgericht ? Europäische Kommission ? Genehmigungsbehörde ? Tierschutzgesetz ? Verwaltungsgericht ? Gesetzesnovellierung ? EU-Tierversuchsrichtlinie ? Tierversuch ? Tierschutz ?

License: all-rights-reserved

Language: Deutsch

Persons

Issued: 2020-03-31

Modified: 2020-03-31

Time ranges: 2020-03-31 - 2020-03-31

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