Description: Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt · Postfach 3762 · 39012 Magdeburg Dr. Marco König Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Referat 321 53107 Bonn -nur per E-Mail- Magdeburg, 17.12.2020 Referentenentwurf einer Verordnung zum Schutz von Tieren bei der Haltung und bei dem Zurschaustellen an wechselnden Orten Ihr Zeichen/Ihre Nachricht vom: 19.11.2020 (Tierschutz-Zirkusverordnung – TierSchZirkV) – Stand 19.11.2020 Beteiligung Länder / Verbände Mein Zeichen: TSB-42500/1.2. Bearbeitet von: Sehr geehrte , Dr. Marco König Tel.: 0391 567 1844 den Landestierschutzbeauftragten der Bundesländer Baden-Württemberg,Fax: 0391 567 1922 Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,E-Mail: tierschutzbeauftragter@ mule.sachsen-anhalt.de Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein ist der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (Stand: 18.11.2020) zur Kenntnis gebracht worden. Wir bedanken uns für die Übersendung und geben zu dem Referentenentwurf folgende gemeinsame Stellungnahme ab: Vorbemerkung Gemäß dem vorliegenden Verordnungsentwurf soll ein Verbot des Zurschaustellens von Tieren bestimmter Wildtierarten an wechselnden Orten und eine Festlegung von Mindestanforderungen an die Haltung, den Transport und das Training aller Tiere an wechselnden Orten geregelt werden. Informationen zum Datenschutz finden Sie unter: http://lsaurl.de/DatenschutzMULE Auf Wunsch werden diese Informationen in Papierform versandt. Leipziger Straße 58 39112 Magdeburg Tel.: 0391 56701 Fax: 0391 5671727 E-Mail: poststelle@ mule.sachsen-anhalt.de www.mule.sachsen-anhalt.de Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt Deutsche Bundesbank Filiale Magdeburg BIC: MARKDEF1810 IBAN:DE21 8100 0000 0081 0015 00 Seite 2/11 Der Verordnungsentwurf nennt dabei die Tierarten, für die das Verbot künftig gelten soll, Ausnahmen dazu sowie tierartübergreifende Anforderungen für Haltung, Haltungseinrichtungen, Beförderung und Training. Darüber hinaus regelt er diverse Punkte im Rahmen der Erlaubnisvoraussetzung bzw. Erlaubniserteilung. Allgemeine Ausführungen Ausgehend davon, dass ein Haltungs- und Zurschaustellungsverbot für Tiere bestimmter wildlebender Arten in Zirkusbetrieben bereits in den Jahren 2003 (Drs. 595/03), 2011 (Drs. 565/11) und 2016 (Drs. 78/16) vom Bundesrat gefordert worden ist und schon in 2016 das BMEL sich in der Form äußerte, dass „derzeit im BMEL mögliche Maßnahmen geprüft werden, die ein Verbot bestimmter Wildtierarten im Zirkus oder Mindestanforderungen zur Haltung von Tieren im Zirkus zur Folge haben können. Im Anschluss an die Prüfung wird die Stellungnahme mit den Ressorts abgestimmt und danach dem Bundesrat übermittelt (Drs. 18/10358)“, ist es bedauerlich, dass es weitere vier Jahre brauchte, bis eine solche Verordnung vorgelegt wird. Diese enthält neben einer Verbotsliste von wenigen wildlebenden Tierarten (mit großzügigen Ausnahmeregelungen) auch Anforderungen an Haltung, Transport und Training aller Tiere in Zirkusbetrieben. Die in diesem Referentenentwurf aufgeführten Argumente für die systemimmanenten Tierschutzprobleme der gelisteten Arten sind allerdings alle nicht neu (lt. Literaturangaben durchweg 2014 und älter). Die zitierten wissenschaftlichen Grundlagen sind dementsprechend seit der letzten Bundesratsinitiative unverändert; lediglich die Bewertung ist insofern angepasst und modifiziert worden, als dass die Einschränkungen des Lebensraumes bzw. der Lebensraumansprüche, die sich aus dem Vergleich mit einem Leben in der freien Wildbahn ergeben, nun erstmals mit aufgenommen und als tragendes Argument für die systemimmanenten Tierschutzprobleme angeführt werden. Mit Blick auf dieses Argument des eingeschränkten Lebensraumes, der zu erheblichen Leiden führt, sind dementsprechend künftig und folglich alle im Reisebetrieb unter extrem eingeschränkten Bedingungen gehaltenen Tierarten (also nicht nur die gelisteten mitgeführten Tierarten) zu betrachten und deren Haltungsbedingungen entsprechend zu bewerten. Auch in der neueren Rechtsprechung werden die Einschränkungen von grundlegenden Verhaltensbedürfnissen wie Sozialkontakte, Lebensraum, Bewegungsbedürfnisse etc. als erhebliche Leiden eingestuft, so z.B. das Oberlandesgericht Karlsruhe; Az.: 3 (5) Ss 433/15 – AK 170/15: Seite 3/11 „Erhebliche Leiden können nämlich trotz Fehlens von äußeren Anzeichen auch dann schon vorliegen, wenn das Tier über einen nicht geringfügigen Zeitraum Verhaltensrestriktionen unterworfen wird, die eine elementare Bedürfnisbefriedigung unmöglich machen […]. Auch eine nicht artgerechte Haltung, die sich bspw. in einer (dauernden) Entbehrung angeborener Verhaltensbedürfnisse zeigt, vermag erhebliche Leiden zu begründen (vgl. VG Frankfurt, NVwZ 2001, 1320). Je stärker dabei ein angeborener Verhaltensablauf durch das Verhalten des Menschen beeinträchtigt wird, desto eher muss man das dadurch verursachte Leiden jenseits der Bagatellgrenze ansiedeln und als erheblich einstufen. Eine Verhaltensstörung, der in der Regel schon ein länger dauerndes erhebliches Leiden vorausgeht, muss (noch) nicht eingetreten sein. Solche Störungen zu vermeiden, ist gerade Anliegen des Tierschutzgesetzes (vgl. § 2 TierSchG). Erheblich Leiden können somit auch ohne äußere Anzeichen aufgrund nicht artgerechter Haltung entstehen (i.d.S. wohl auch OLG Koblenz a.a.O. Rdn. 14 a.E.). Der früher teilweise vertretenen Rechtsauffassung, das Strafrecht könne den Tierschutz allenfalls in extremen, nicht aber in einem „Normalfall“ objektiv rechtswidriger Tierhaltung, sicherstellen (LG Darmstadt, NStZ 1984, 173 a.E.), kann auch im Hinblick auf die Verankerung des Tierschutzes in Art. 20a GG nicht mehr gefolgt werden (vgl. VGH Mannheim, NVwZ-RR 2006, 398, zur verfassungsrechtlichen Aufwertung des Tierschutzes; ebenso OLG Hamm BeckRS 2007, 05076).“ Dies bedeutet für das Zurschaustellen von Tieren an wechselnden Orten, dass durch dauernde Entbehrung angeborener Verhaltensbedürfnisse wie Sozialkontakte bei gesellig lebenden Arten oder Bewegungsbedürfnisse sehr mobiler Arten erhebliche Leiden (auch ohne den Eintritt von Verhaltensstörungen) vorliegen können. Ferner stellt sich die Frage, ob mit Inkrafttreten der Verordnung mit den verbindlichen Mindestanforderungen die Zirkusleitlinien außer Kraft gesetzt werden. Denn das dort angeführte Argument, dass „eine Unterschreitung der Gehegegrößen gemäß dem Säugetiergutachten […] dann zu rechtfertigen (ist), wenn das gehaltene Tier täglich verhaltensgerecht beschäftigt wird. Tägliche verhaltensgerechte Beschäftigung ist unter anderem durch die Ausbildung, das Training oder das Vorführen der Tiere in der Manege gegeben […]“ ist mit der jetzigen Argumentation der Bewertung des eingeschränkten Lebensraumes als systemimmanentes Problem und damit verbundener erheblicher Leiden nicht mehr anwendbar. Angesichts der im Referentenentwurf aufgeführten Begründung (S. 11) „[…] selbst Wildtiere, mit denen Dressuren eingeübt und gezeigt werden, werden in der Regel im reisenden Zirkusbetrieb aufgrund begrenzter personeller und räumlicher Kapazitäten nur in der Einübungsphase bzw. während der Vorführung beschäftigt, das heißt nur 1-9% des Tages“ entfällt die Berechtigung der Zirkusleitlinien, gerade für solche Haltungen wesentlich geringere Anforderungen nachweisen zu müssen als im Säugetier- Gutachten.
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Language: Deutsch
Issued: 2021-02-02
Modified: 2021-02-02
Time ranges: 2021-02-02 - 2021-02-02
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