Description: Durch Niederschläge und Abwässer aus privaten Haushalten, öffentlichen Einrichtungen, Industrie und Gewerbe sowie Abflüssen von öffentlichem Straßenland fallen in Berlin große Mengen Regen- und Abwasser an, die abgeleitet und ggf. gereinigt werden müssen. In den Klärwerken wurden 2022 pro Tag rund 680.000 m³ Abwasser aus Haushalten, Gewerbe und Industrie, öffentlichen Einrichtungen sowie Regenwasser aus Berlin und dem Umland behandelt. Diese Menge entspricht fast 8 m³/s und damit etwa 15 % des Abflusses der Unterhavel unterhalb Berlins bei mittlerer Wasserführung. Mit dem in Berlin anfallenden Abwasser könnte der Große Wannsee in drei Wochen gefüllt werden. Zur Abwasserableitung steht ein von den Berliner Wasserbetrieben (BWB) unterhaltenes Kanalnetz von insgesamt 9.768 km Länge zur Verfügung. Es wurde nach zwei verschiedenen Systemen, dem Misch- und dem Trennsystem , angelegt und besteht aus 4.421 km Schmutzwasser-, 1.927 km Mischwasser- und 3.349 km Regenwasserkanälen sowie zahlreichen Sonderkanälen und Sonderbauwerken wie Regenüberläufen, Regenbecken und Dükeranlagen. Das dort gesammelte Abwasser wird mit Hilfe von 166 Pumpwerken über ein 1.194 km langes Abwasserdruckrohrnetz den Klärwerken zugeführt. Die Mischwasserkanalisation entstand ab 1873 nach einem Entwurf von James Hobrecht und entwässerte das gesamte Stadtgebiet des damaligen Berlins. Die bis 1920 selbständigen Städte und Gemeinden außerhalb des alten Stadtkerns von Berlin und Spandau legten ihre Kanalisation dagegen hauptsächlich nach dem Trennsystem an. Nach der Eingemeindung wurden die Anlagen zu den heutigen zwei Systemen zusammengefasst. Die Entwässerungsgebiete sind nach Flussläufen und Schifffahrtskanälen ausgerichtet und folgen den unterschiedlichen Höhenverhältnissen. Die Grenzen der Entwässerungsgebiete verlaufen unabhängig von den Stadtbezirksgrenzen. Etwa vier Fünftel der kanalisierten Gebiete in Berlin werden nach dem Trennsystem und ein Fünftel nach dem Mischsystem entwässert (SenStadt 2001). Im Trennsystem werden Schmutzwasser und Regenwasser in zwei voneinander getrennten Kanalisationsnetzen abgeleitet. In den Schmutzwasserkanälen gelangt das häusliche, gewerbliche und industrielle Abwasser zu den Pumpwerken. Von hier wird es über Druckrohrleitungen zu den Klärwerken Ruhleben, Münchehofe, Schönerlinde, Waßmannsdorf, Wansdorf und Stahnsdorf geleitet. Das gereinigte Abwasser der Klärwerke wird in die Gewässer eingeleitet. An den Pumpwerken existieren zumeist Notauslässe , über die bei technischen Defekten das Abwasser in die Vorfluter abgeleitet wird. Von den 77 Notauslässen führen 29 zur Spree, 3 zur Dahme, 18 zur Havel und 20 zum Teltowkanal; 6 führen zu stehenden Oberflächengewässern und 1 Notauslass führt über Schmutzwasserkanäle zu anderen Pumpwerken. Die Notauslasstätigkeit ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. Die Regenwasserkanäle nehmen Niederschläge von versiegelten Flächen sowie Kühlwasser aus Betrieben und Wasser aus Entwässerungsgräben auf und leiten dieses direkt in kleinere oder größere Oberflächengewässer. Sehr große Stadtflächen entwässern in zum Teil sehr kleine Aufnahmegewässer. Insgesamt werden durch das Trennentwässerungssystem rund 50 Mio. m³ Regenwasser pro Jahr in die Gewässer eingeleitet (SenStadtWohn 2017). Das Regenwasser aus der Trennkanalisation ist durch Staub, Luftschadstoffe, Abrieb der Straßendecke und der Autoreifen, Ölverluste, Laub, Exkremente von Tieren, Streugut im Winter usw. stark verunreinigt . Besonders in kleinen stehenden Gewässern und Kanälen mit relativ geringem Wasservolumen kommt es nach stärkeren Regenfällen immer wieder zu Fischsterben. Verantwortlich hierfür sind Zehrungsprozesse durch den sofort einsetzenden Abbau der eingeschwemmten organischen Stoffe und dem damit verbundenen Sauerstoffverbrauch. Um die Belastung der Gewässer zu reduzieren, werden an den Haupteinleitungsstellen Regenbecken und Retentionsbodenfilter zur Reinigung des Regenwassers errichtet. Bis 2022 konnten 32 Anlagen zur Regenwasserreinigung von den Wasserbetrieben in Betrieb genommen werden, außerdem wurden bereits mehr als 10 weitere Anlagen an den Stadtautobahnen errichtet. Weiterhin existieren am Innenstadtrand einige Gebiete, die, ursprünglich mit Mischkanalisation ausgestattet, nachträglich mit einer Regenwasserkanalisation versehen wurden (modifiziertes Mischsystem). Das Regenwasser wird dort aber weiterhin in die Regenüberlaufkanäle der Mischkanalisation eingeleitet. Dieses System entwässert nahezu vollständig die alten Stadtkerne von Berlin und Spandau sowie das Gebiet des Inneren S-Bahnringes. In der Mischwasserkanalisation werden häusliches, gewerbliches und industrielles Schmutzwasser sowie Regenwasser gemeinsam in einem Kanal gesammelt und zur nächsten Pumpstation geleitet. Von hier aus nimmt das Mischwasser in der Regel den gleichen Weg wie das Schmutzwasser der Trennkanalisation. Im Mischsystem befinden sich 16 Stauraumkanäle und Regenüberlaufbecken sowie 9 Anlagen wie z.B. Stauwehre (Stand 2022) im vorhandenen Mischwasserkanalnetz, in denen bei Niederschlägen das Mischwasser zurückgehalten und zeitverzögert dem Klärwerk zugeleitet wird. Bei kurzen Starkregenfällen kann damit das Mischwasser vollständig aufgefangen werden. Ausnahmen gibt es bei länger anhaltenden, intensiven Regenereignissen. Wenn das Wasser dann eine bestimmte Höhe in der Kanalisation erreicht und das Zwischenspeichervolumen vollständig ausgeschöpft ist, oder wenn die Pumpwerke das anfallende Wasser nicht mehr bewältigen können, fließt das Mischwasser, das bei Starkregen überwiegend aus Regenwasser besteht (Verhältnis Schmutz- zu Regenwasser ca. 1:9), über Regenüberlaufkanäle ungereinigt in die Gewässer. Mischwasserüberläufe sind witterungsabhängig. Die Jahresauswertungen zeigen, wie stark Mischwasserüberläufe schwanken. In dem Zeitraum 2012 bis 2022 schwankte die Anzahl der Tage mit registriertem Mischwasserüberlauf zwischen 31 und 69 Tagen pro Jahr und die Überlaufmenge zwischen 0,78 und 7,22 Mio. m³ pro Jahr. Bei der Bewertung der Tage mit registriertem Mischwasserüberlauf ist zu beachten, dass Regenereignisse häufig lokal auftreten und daher Mischwasserüberläufe räumlich und zeitlich begrenzt sind. Um die Umweltziele nach Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen sowie die Auflagen der wasserbehördlichen Erlaubnis für die Einleitung von Mischwasser in die Berliner Gewässer zu erfüllen, besteht ein Bauprogramm der BWB und des Senates zur Schaffung von insgesamt 300.000 m³ Stauraumkapazität (bisher gibt es etwa 264.000 m³ Speichervolumen) bis zum Jahr 2024 in der innerstädtischen Mischkanalisation. Dies wird Überlaufhäufigkeiten und -mengen von Mischwasser in das Berliner Gewässernetz deutlich verringern. In den Außenbereichen der Stadt existieren Gebiete mit Schmutzwasserkanalisation, die aber nicht regenwasserkanalisiert sind. Das Regenwasser versickert in diesen Gebieten in den Untergrund. Durch die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung wird das Regenwasser also nicht in das Gewässer abgeleitet. Dadurch wird nicht nur der Spitzenabfluss bei Niedersschlagsereignissen in der Kanalisation und damit im Gewässer reduziert, sondern es steigt auch die Verdunstungsleistung in der Umgebung der Fläche, wodruch das Mikroklima verbessert werden kann. Zudem kann auch die Grundwasserneubildung erhöht werden (SenUVK, 2018). Durch Abkopplungsmaßnahmen werden diese positiven Potentiale genutzt. Im Rahmen von Abkopplungsmaßnahmen oder durch alternative Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung, die in den vergangenen Jahren oft bereits bei der Planung neuer Baugebiete zum Einsatz kamen und zwischenzeitlich für Neubauten verpflichtend sind, wird das Regenwasser vermehrt in der Fläche zurückgehalten (SenUVK, 2018, s. BReWa-BE , SenUMVK 2021). Eine genaue räumliche Verortung von Flächen mit dezentraler Regenwasserbewirtschaftung steht noch aus. Vorhandene Gründächer werden bereits in der Umweltatlaskarte 06.11 kartiert. In wenigen Ausnahmefällen wird das Regenwasser von Straßen in die Schmutzwasserkanalisation geleitet. Diese Straßen sind in der Karte als schmutzwasserkanalisiert klassifiziert. Trotz erheblicher Anstrengungen der Berliner Wasserbetriebe sind noch nicht alle Siedlungsgebiete an die Schmutzwasserkanalisation angeschlossen. In den bebauten, aber nicht kanalisierten Siedlungsbebieten Berlins wird das Schmutzwasser in abflusslosen Sammelbehältern gesammelt und durch zugelassene Abfuhrunternehmen über die Klärwerke entsorgt. Es gibt ebenfalls viele Flächen, die nur an die Regenwasserkanalisation, nicht aber an die Schmutzwasserkanalisation angeschlossen sind. Die meisten dieser Flächen sind Straßen und Wege. Vereinzelt kann das aber auch auf andere Flächen zutreffen, beispielsweise sind häufig Überdachungen auf Bahnanlagen oder Parkplätze an Grünflächen an die Regenwasserkanalisation angeschlossen. Auf diesen Flächen fällt in der Regel kein Schmutzwasser an. Zur Dokumentation der Entwässerungssituation hinsichtlich der Ableitung von Regenwasser in die Gewässer wurden eigene Karten erarbeitet, die die Einzugsgebiete der Regenwasserkanalisation zeigen (02.09.2 und 02.09.3). In diesen Karten ist jede an die Regenwasserkanalisation angeschlossenen Fläche dem Gewässer zugeordnet, in welches das Regenwasser abgeleitet wird.
Types:
Text { text_type: Editorial, }
Origin: /Land/Berlin/Umweltatlas
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Region: Berlin, Stadt
Bounding box: 13.088333218019013° .. 13.76046928413404° x 52.33824183585961° .. 52.675378816534945°
License: other-closed
Language: Deutsch
Issued: 2023-08-15
Time ranges: 2023-08-15 - 2023-08-15
Umweltatlaskarte 06.11
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