Description: Systematische Literaturstudie zu möglichen Wirkungen einer Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen Auftraggeber : Weltgesundheitsorganisation ( WHO ) Projektleitung : Dr. Blanka Pophof ( BfS ) Beteiligte Institutionen : Bundesamt für Strahlenschutz ( BfS ); Seibersdorf Labor GmbH ; Kompetenzzentrum für Schlafmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin; Institut für Medizinische Informationsverarbeitung Biometrie und Epidemiologie (IBE), LMU München Beginn : 30.06.2020 Ende : 22.07.2024 (Erscheinungsdatum der wissenschaftlichen Publikation) Finanzierung : finanziell unterstützt durch die WHO Hintergrund Die Weltgesundheitsorganisation ( WHO ) beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit den potenziellen gesundheitlichen Auswirkungen der Exposition (Ausgesetztsein) gegenüber elektromagnetischen Feldern ( EMF ). Die Environmental Health Criteria (EHC) Monographien sind die Risikobewertungen der WHO für chemische, biologische und physikalische Einflussfaktoren auf die Gesundheit. Sie werden von unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstellt und sind das Ergebnis einer gründlichen und kritischen Überprüfung des gesamten Forschungsstands zu einem bestimmten chemischen oder physikalischen Faktor wie elektromagnetische Felder 1 . Bisher hat die WHO drei EHC-Monographien zu diesen Feldern veröffentlicht, darunter statische 2 , extrem niederfrequente ( ELF ) Felder 3 und hochfrequente ( HF ) Felder. Die letzte EHC-Monographie zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern wurde 1993 veröffentlicht 4 . Angesichts einer Vielzahl neuer Publikationen auf diesem Gebiet wird diese Monographie derzeit umfassend aktualisiert, was zu einer neuen EHC-Monographie zu dem Bereich führen wird. Damit die EHC-Monographie auf dem aktuellsten Wissensstand beruht und sämtliche verfügbare wissenschaftliche Evidenz zu besonders relevanten Krankheiten und Symptomen (Endpunkten) einbezieht, wurde von der WHO eine Reihe von systematischen Literaturuntersuchungen in Auftrag gegeben, die sich konkreten Fragestellungen widmen (siehe auch Spotlight on EMF -Research vom 24. April 2024 5 ). Eine dieser Fragestellungen ist, ob sich aus den verfügbaren experimentellen Untersuchungen am Menschen mögliche Wirkungen einer Exposition gegenüber diesen hochfrequenten Feldern auf die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen ableiten lassen. Hochfrequente elektromagnetische Felder werden von Funkanwendungen genutzt, um Informationen zu übertragen. Die Untersuchung möglicher Auswirkungen von diesen Feldern auf die kognitive Leistungsfähigkeit ist hauptsächlich durch die vergleichsweise hohe Exposition des Gehirns bedingt, die bei Mobiltelefonaten auftreten kann. Aufgrund der weit verbreiteten Nutzung von Funktechnologie bei Arbeitnehmer*innen und in der Allgemeinbevölkerung können selbst kleine Veränderungen bei Messparametern der kognitiven Leistungsfähigkeit wie beispielsweise Genauigkeit, Reaktionszeit oder Geschwindigkeit einen bedeutenden Einfluss haben. Zielsetzung Die WHO hat Fachwissenschaftler*innen aus dem BfS und anderen Institutionen beauftragt, eine systematische Bewertung der wissenschaftlichen Literatur zu möglichen Wirkungen einer kurzfristigen Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen durchzuführen. Hierfür sollte sämtliche verfügbare, für diese Fragestellung relevante wissenschaftlich begutachtete Literatur systematisch identifiziert, bewertet und analysiert werden. Methodik und Durchführung Im Vorfeld wurde ein Protokoll erarbeitet und in einer wissenschaftlich begutachteten Fachzeitschrift veröffentlicht. Das Protokoll legt die Methodik und die Bewertungskriterien für die Durchführung der Untersuchung transparent dar 6 . Die zu untersuchende Fragestellung wurde nach dem sogenannten PECO-Schema, das die zu untersuchende Population (P), Exposition (E), Vergleichsgruppe ( engl. Comparator, C) und Endpunkte ( engl. Outcome, O) folgendermaßen formuliert: Was sind beim Menschen (P) die unmittelbaren Auswirkungen einer Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern im Frequenzbereich 100 Kilohertz ( kHz ) bis 300 Gigahertz ( GHz ) (E) auf die kognitive Leistungsfähigkeit (O) im Vergleich zu keiner oder zu einer geringeren Exposition (C)? Eingeschlossen wurden randomisierte experimentelle Studien mit Parallelgruppen- und Cross-over-Design, in denen mindestens zwei Expositionsstärken (einschließlich scheinexponierter oder Kontrollgruppe ) unter kontrollierten Laborbedingungen getestet wurden. Dabei durften die Teilnehmer*innen über den Expositionsstatus nicht informiert sein. Studien mit unzureichendem Expositionskontrast, fehlender Expositionscharakterisierung oder Ko- Exposition zu elektromagnetischen Feldern außerhalb des spezifizierten Frequenzbereichs sowie Studien, die klar erkennbar nicht randomisiert waren, wurden ausgeschlossen. Im Zeitraum zwischen Mai 2021 und März 2023 wurden elektronische Suchen in den Datenbanken PubMed (NLM), Embase, Scopus, Web of Science und EMF -Portal durchgeführt, wobei Publikationsdatum und -sprache nicht eingeschränkt waren. Die auf diese Weise identifizierten Studien wurden einem mehrstufigen Bewertungsverfahren unterzogen, um zu überprüfen, ob sie den definierten Einschlusskriterien entsprechen. Auf Basis dieses Verfahrens wurde das finale Set an eingeschlossenen Studien zusammengestellt, aus denen anschließend die für die systematische Untersuchung relevanten Daten extrahiert wurden. Die Qualität dieser Studien wurde mithilfe eines für klinische Studien etablierten Bewertungsverfahrens bewertet und bestimmt, wie stark verschiedene Verfälschungs- und Verzerrungsrisiken ausgeprägt sind. Für verschiedene Maßzahlen und Merkmale der kognitiven Leistungsfähigkeit wurden die verfügbaren Daten zusammengefasst und Meta-Analysen durchgeführt, falls die Datenbasis dies zuließ. Es wurde bewertet, ob und in welchem Maße sich aus den Daten eine Wirkung auf die verschiedenen Bereiche der kognitiven Leistungsfähigkeit ableiten ließ. Das Vertrauen in diese Ergebnisse wurde anschließend mithilfe des von der Non-Profit-Organisation Cochrane empfohlenen Bewertungskonzepts GRADE (Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation) bewertet. Die Ergebnisse wurden in der Sonderausgabe " WHO assessment of health effects of exposure to radiofrequency electromagnetic fields: systematic reviews " der auf systematische Übersichtsarbeiten spezialisierten Fachzeitschrift Environment International veröffentlicht 7 . Ergebnisse Die Datenbanksuche ergab nach Entfernung von Doppelungen 23.450 Studien. Nach Prüfung der Einschlusskriterien wurden 76 Studien, die den für die Fragestellung relevanten Wissensstand beinhalten, identifiziert. Aus den Studien wurden als Messgrößen der kognitiven Leistungsfähigkeit die Genauigkeit und Geschwindigkeit in den kognitiven Bereichen Orientierung und Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Wahrnehmung, motorische Leistungsfähigkeit und Begriffsbildung und Argumentation extrahiert und analysiert. Für keinen der untersuchten kognitiven Bereiche konnten belastbare Hinweise gefunden werden, dass die kognitive Leistungsfähigkeit von Menschen beeinträchtigt ist, wenn sie hochfrequenten elektromagnetischen Feldern akut ausgesetzt sind. Das Vertrauen in die Evidenz ist aufgrund von mehrheitlich qualitativ relativ hochwertigen Studien, vergleichsweise konsistenten Ergebnissen und großen Teilnehmer*innenzahlen für die meisten Bereiche bzw. deren Unterkategorien moderat oder sogar hoch. Daher ist die Datenlage recht deutlich, dass unterhalb der bestehenden Grenzwerte kein Einfluss auf kognitive Leistungsfähigkeit zu erwarten ist. Die Studien, für die ein hohes Verzerrungsrisiko besteht, waren in den meisten Fällen nicht doppelt verblindet und die Expositionserzeugung und Charakterisierung ließ keine genaue Bestimmung der Exposition zu. Literatur 1) World Health Organization. Radiation and health - Health risk assessment 2024 2) World Health Organization. Static fields: World Health Organization; 2006 3) World Health Organization. Extremely low frequency fields: World Health Organization; 2007. 4) World Health Organization. Electromagnetic fields (300 Hz to 300 GHz ): World Health Organization; 1993. 5) Spotlight auf "WHO assessment of health effects of exposure to radiofrequency electromagnetic fields: systematic reviews" , eine Sonderreihe in Environment International 6) Pophof, Blanka, et al. "The effect of exposure to radiofrequency electromagnetic fields on cognitive performance in human experimental studies: A protocol for a systematic review." Environment international 157 (2021): 106783. 7) Pophof, Blanka, et al. "The effect of exposure to radiofrequency electromagnetic fields on cognitive performance in human experimental studies: Systematic review and meta-analyses." Environment International (2024): 108899. Stand: 11.09.2024
Origin: /Bund/BfS/Website
Tags: München ? Niederfrequente Felder ? Hochfrequente Felder ? Elektromagnetisches Feld ? Berlin ? Gesundheitliche Auswirkungen ? Weltgesundheitsorganisation ? Strahlenschutz ? Strahlung ? Bewertungskriterium ? Bewertungsverfahren ? Epidemiologie ? Literaturauswertung ? Literaturstudie ? Studie ? Umwelthygiene ? Menschliche Gesundheit ? Gesundheitliche Bewertung ? Expositionsanalyse ? Metaanalyse ? Arbeit ? Bevölkerung ? Datenbank ? Finanzierung ? Grenzwert ? Risikobewertung ?
License: all-rights-reserved
Language: Deutsch
Issued: 2024-09-11
Time ranges: 2024-09-11 - 2024-09-11
Der Bericht befindet sich in der Online-Bibliothek DORIS, dem Digitalen Online-Repositorium und Informationssystem des BfS. (Öffnet neues Fenster)
https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0221-2024042443254 (Webseite)WHO health risk assessment 2024 (Öffnet neues Fenster)
https://www.who.int/teams/environment-climate-change-and-health/radiation-and-health/non-ionizing/emf/health-risk (Webseite)Accessed 1 times.