Description: Systematische Literaturstudie zu möglichen Einflüssen einer Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf das Risiko von Krebserkrankungen beim Menschen Auftraggeber : Weltgesundheitsorganisation ( WHO ) Projektleitung : Dr. Ken Karipides (ARPANSA), Projektbeteiligung für das BfS : Dr. Dan Baaken ( KEMF ) Beteiligte Institutionen : Australian Radiation Protection and Nuclear Safety Agency (ARPANSA); Kompetenzzentrum Elektromagnetische Felder, Bundesamt für Strahlenschutz ( BfS ); College of Medicine, Mohammed Bin Rashid University of Medicine and Health Sciences; Institute of Medical Biostatistics, Epidemiology and Informatics (IMBEI), University of Mainz; Epidemiology and Biostatistics, School of Population Health, University of Auckland; Department of Epidemiology and Biostatistics, University of Health and Allied Sciences, Ghana; Department of Global Public Health, Karolinska Institutet; Swiss Tropical and Public Health Institute, University of Basel; Comprehensive Health Research Center, Universidad NOVA de Lisboa; Department of Oncology and Molecular Medicine, Istituto Superiore di Sanità Rome Beginn : 2020 Ende : 30.08.2024 (Erscheinungsdatum der wissenschaftlichen Publikation) Finanzierung : finanziell unterstützt durch die WHO Hintergrund Die Weltgesundheitsorganisation ( WHO ) beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit den potenziellen gesundheitlichen Auswirkungen der Exposition – also dem Ausgesetztsein - gegenüber elektromagnetischen Feldern ( EMF ). Die Environmental Health Criteria (EHC) Monographien sind die Risikobewertungen der WHO für chemische, biologische und physikalische Einflussfaktoren auf die Gesundheit. Sie werden von unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstellt und sind das Ergebnis einer gründlichen und kritischen Überprüfung des gesamten Forschungsstands zu einem bestimmten chemischen oder physikalischen Faktor wie den elektromagnetischen Feldern 1 . Bisher hat die WHO drei solche EHC-Monographien zu diesen Feldern veröffentlicht, darunter statische 2 , extrem niederfrequente ( ELF ) Felder 3 und hochfrequente ( HF ) Felder. Die letzte EHC-Monographie zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern wurde 1993 veröffentlicht 4 . Angesichts einer Vielzahl neuer Publikationen auf diesem Gebiet wird diese Monographie derzeit umfassend aktualisiert, was zu einer neuen EHC-Monographie zu dem Thema führen wird. Damit die EHC-Monographie auf dem aktuellsten Wissensstand beruht und sämtliche verfügbare wissenschaftliche Evidenz zu besonders relevanten Krankheiten oder Symptomen (Endpunkten) einbezieht, wurde von der WHO im Herbst 2019 eine Reihe von systematischen Übersichtsarbeiten in Auftrag gegeben, die sich konkreten Fragestellungen widmen (siehe auch Spotlight on EMF-Research vom 24. April 2024 5 ). Eine dieser Fragestellungen ist, ob sich aus den verfügbaren epidemiologischen Studien – also Beobachtungsstudien am Menschen - mögliche Einflüsse einer Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf das Risiko von Krebserkrankungen ableiten lassen. Die Nutzung von Technologie, die diese Felder aussendet, hat seit den 1950er Jahren stetig zugenommen und umfasst Anwendungen in der Medizin, der Industrie, im Haushalt, beim Militär und insbesondere in der Telekommunikation. Seit den späten 1990er und frühen 2000er Jahren, als sich die Nutzung von Mobiltelefonen in der Öffentlichkeit stark verbreitete, gab es Bedenken über mögliche gesundheitliche Auswirkungen der Mobilfunktechnologie. Ohne Freisprecheinrichtung war das Telefonieren damals mit vergleichsweise hohen Expositionen des Kopfes verbunden. Im Fokus des wissenschaftlichen Interesses stand daher insbesondere ein möglicher Zusammenhang mit Tumoren des Kopfes ( u.a. Gliome, Meningeome und Akustikusneurinome). Im Zuge dessen wurde eine Reihe von epidemiologischen Studien angestoßen, um die möglichen langfristigen Wirkungen von Handys auf das Risiko für Hirntumoren zu untersuchen. Zielsetzung Fachwissenschaftler*innen aus dem BfS und anderen Institutionen sind von der WHO beauftragt worden, ein systematisches Review der wissenschaftlichen Literatur zu möglichen Effekten einer Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern und dem Auftreten von Krebserkrankungen bei Menschen durchzuführen. Die aktuell verfügbare Evidenz aus humanen Beobachtungsstudien sollte zusammengefasst, analysiert und bewertet werden. Methodik und Durchführung Bereits 2021 haben die Autor*innen das Protokoll zur Durchführung der systematischen Übersichtarbeit in einer wissenschaftlich begutachteten Fachzeitschrift veröffentlicht 6 . Darin wurden beispielsweise die Ein- und Ausschlusskriterien, die Kriterien zur Bewertung möglicher Verzerrungsrisiken ( engl. Risk of Bias ) in den Studien und Details zu Methodik und Bewertungsmaßstäben transparent dargestellt. Zur Literaturrecherche wurde in den Datenbanken Medline und Embase sowie im auf wissenschaftliche Literatur zu den gesundheitlichen Auswirkungen der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern spezialisierten EMF -Portal nach Studien gesucht. Es wurden drei Szenarien unterschieden, wie man den Feldern ausgesetzt sein kann: die Nahfeldexposition des Kopfes durch Mobiltelefone (Mobiltelefone und Schnurlostelefone), die Fernfeldexposition des gesamten Körpers durch Mobilfunkmasten und Rundfunk-Sendeanlagen sowie die berufliche Exposition durch hochfrequente Felder. Die Übersichtarbeit fokussierte sich auf Krebserkrankungen des Kopfes, konkret auf Gliome im Gehirn, Tumoren der Hirnhäute, des Hörnervs und der Speicheldrüsen. Bei Ganzkörperexposition wurden zusätzlich Leukämien betrachtet. Zur Bewertung möglicher Verzerrungsrisiken wurde das Risk of Bias (RoB)-Tool des Office of Health Assessment and Translation (OHAT) angepasst und jede sogenannte Expositions-Endpunkt-Kombination der einbezogenen Studien wurde entsprechend ihrem Verzerrungspotenzial einer von drei Qualitätsstufen (niedrig, moderat und hoch) zugeordnet. Zur Synthese der Daten wurden verschiedene Arten von Meta-Analysen sowie Sensitivitätsanalysen durchgeführt. Das Vertrauen in die Evidenz für oder gegen mögliche Zusammenhänge wurde spezifisch für die untersuchten Expositions-Endpunkt-Kombinationen anhand der auf dem GRADE-Ansatz ( Grading of Recommendations, Assessment, Development and Evaluations ) basierenden Methode des OHAT (hohes, moderates, niedriges oder sehr niedriges Vertrauen in die Evidenz ) bewertet. Die Ergebnisse wurden in der Sonderausgabe "WHO assessment of health effects of exposure to radiofrequency electromagnetic fields: systematic reviews" der auf systematische Übersichtsarbeiten spezialisierten Fachzeitschrift Environment International, veröffentlicht 7 . Ergebnisse Insgesamt haben die Wissenschaftler*innen über 5.000 Studien gesichtet. Von diesen gingen 63 epidemiologische Studien aus 22 Ländern im Zeitraum 1994 bis 2022 in die Auswertung ein. Es waren vorwiegend Fall-Kontroll-Studien , aber auch Kohortenstudien . Gemäß der Ergebnisse der Meta-Analysen ist die Nahfeldexposition des Kopfes durch die Nutzung von Mobiltelefonen nicht mit einem erhöhten Risiko für Gliome, Meningiome, Akustikusneurinome, Hypophysentumoren und Speicheldrüsentumoren bei Erwachsenen assoziiert und auch für Kinder ist das Risiko für Hirntumoren nicht erhöht. Ebenso gibt es keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Gliome, Meningeome oder Akustikusneurinome bei der Benutzung von Schnurlostelefonen. Es wurden keine Hinweise gefunden, dass Kinder bei Ganzkörperexposition durch ortsfeste Sendeanlagen (Rundfunkantennen oder Mobilfunkbasisstationen) ein erhöhtes Risiko für Leukämien und Hirntumoren haben. Und es gibt keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für Hirntumoren durch berufliche Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern. Aufgrund von für epidemiologische Studien typischen Verzerrungsrisiken ist das Vertrauen in die verfügbare Evidenz der Ergebnisse der systematischen Übersichtsarbeit jedoch moderat oder gering. Darüber hinaus wurden 50 Artikel als "komplementäre Evidenz" einbezogen. Sie lieferten zusätzliche Erkenntnisse über themenrelevante Verzerrungen, zur Hochfrequenz - Dosis -Modellierung, Inzidenztrend-Simulationen und Zeitreihenanalysen. Die Inzidenztrend-Simulationsstudien und Zeitreihenanalysen wurden zur Bewertung der externen Validität der epidemiologischen Studien herangezogen und zeigten übereinstimmend, dass die in einigen Fall-Kontroll-Studien beobachteten erhöhten Risiken nicht mit den tatsächlichen Inzidenzraten der jeweiligen Krebserkrankungen übereinstimmen, die in mehreren Ländern und über lange Zeiträume beobachtet wurden. Literatur 1) World Health Organization. Radiation and health - Health risk assessment 2024 2) World Health Organization. Static fields: World Health Organization; 2006. 3) World Health Organization. Extremely low frequency fields: World Health Organization; 2007. 4) World Health Organization. Electromagnetic fields (300 Hz to 300 GHz ): World Health Organization; 1993. 5) Spotlight auf “WHO assessment of health effects of exposure to radiofrequency electromagnetic fields: systematic reviews” , eine Sonderreihe in Environment International 6) Lagorio, Susanna, et al. "The effect of exposure to radiofrequency fields on cancer risk in the general and working population: A protocol for a systematic review of human observational studies." Environment international 157 (2021): 106828. 7) Karipidis, Ken, et al. "The effect of exposure to radiofrequency fields on cancer risk in the general and working population: A systematic review of human observational studies – Part I: Most researched outcomes." Environment international 191 (2024): 108983. Stand: 11.09.2024
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Language: Deutsch
Issued: 2024-09-11
Time ranges: 2024-09-11 - 2024-09-11
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https://doi.org/10.1016/j.envint.2024.108983 (Webseite)Der Bericht befindet sich in der Online-Bibliothek DORIS, dem Digitalen Online-Repositorium und Informationssystem des BfS. (Öffnet neues Fenster)
https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0221-2024042443254 (Webseite)WHO health risk assessment 2024 (Öffnet neues Fenster)
https://www.who.int/teams/environment-climate-change-and-health/radiation-and-health/non-ionizing/emf/health-risk (Webseite)Accessed 1 times.