Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 153/04
Staatskanzlei - Pressemitteilung
Nr.: 153/04
Magdeburg, den 22. April 2004
Ministerpräsident Böhmer: ¿Wir sind auf dem
richtigen Weg, aber wir haben noch harte Arbeit vor uns¿
·
Notwendige
Reformen eingeleitet und umgesetzt
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Personalabbau
erfolgreich vorangebracht
·
Investitionsoffensive
wirkt
·
weiter
strikter Sparkurs nötig
Anlässlich der Halbzeit-Bilanz der von ihm
geführten Regierung hat Ministerpräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer die Menschen
in Sachsen-Anhalt zu Selbstvertrauen in die eigene Leistungskraft und
Zuversicht aufgerufen. ¿Der beste Weg in die Zukunft ist der, den wir selbst
gestalten. Nur wenn wir unsere Chancen konsequent und innovativ nutzen, werden
wir erfolgreich sein¿, unterstrich er heute im Magdeburger Fraunhofer Institut,
wo das Kabinett vor der Presse eine Bilanz der ersten beiden Regierungsjahre
zog und einen umfassenden Zwischenbericht über die Arbeit der Landesregierung
vorstellte.
Die
Landesregierung habe notwendige Reformen konsequent eingeleitet und viele
Entscheidungen getroffen, um die Rahmenbedingungen für alle Menschen, die in
Sachsen-Anhalt leben und arbeiten, zu verbessern. ¿Die Hälfte dieser
Legislaturperiode liegt hinter uns. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber wir
haben noch Jahre harter Arbeit vor uns,¿ so Böhmer. Man habe die Regierung 2002
mit einer hohen Erblast übernommen: Wirtschaftliche Stagnation, höchste
Arbeitslosigkeit, desolate Landesfinanzen und gravierender Personalüberhang
hätten einen klaren Kurswechsel erfordert. Die sofort eingeleitete
Investitions- und Innovationsoffensive sowie eine weitreichende Verwaltungs-
und Funktionalreform zeigten jetzt Erfolge. Sachsen-Anhalt sei auf dem besten
Weg zu einem innovativen und zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort. Das belege
die Tatsache, dass Sachsen-Anhalt seinen Platz im Ländervergleich bei wichtigen
Kennziffern nach jahrelangem Stillstand verbessert habe und in vielen Branchen
(Ernährungswirtschaft: plus 5 Prozent, Chemie: plus 4,6 Prozent) erfreuliche
Zuwachsraten habe. ¿Wir schaffen den Aufschwung, aber unter den gegenwärtigen
Rahmenbedingungen wird das ein mühsamer Weg sein¿, so der Regierungschef.
Unbefriedigend
sei allerdings die finanzielle Situation des Landes. In acht Jahren habe die
Vorgängerregierung Sachsen-Anhalt zum höchst verschuldeten Land gemacht. 2002
hatte sie bei einem Gesamtschuldenstand von über 15,2 Milliarden Euro ein
weiteres, nicht ausgewiesenes Haushaltsloch von über 900 Millionen Euro
hinterlassen. Die sofort eingeleitete Wende mit einer strikten Spar- und Haushaltskonsolidierungspolitik
und Einsparungen von 750 Millionen Euro in den beiden ersten Regierungsjahren
habe durch mehrfache massive Steuereinbrüche, bundesweit wegbrechende
Konjunktur und außerplanmäßige Sonderausgaben (260 Millionen Euro aus Lehrertarifverträgen
als Erblast der Vorgängerregierung) noch nicht zum gewünschten Erfolg geführt.
Mit einem Nachtragshaushalt müsse die Landesregierung deshalb eine höhere
Neuverschuldung beschließen. Eine strikte Sparpolitik bleibe daher für die
beiden nächsten Jahre unverzichtbare Voraussetzung für eine Haushaltskonsolidierung.
Diese sei allerdings gefährdet, wenn Deutschland insgesamt nicht zu Wachstum
und Prosperität zurückfinde.
Weitere große Herausforderung sei es, dem
Trend zu Abwanderung, Geburtenrückgang und Überalterung des Landes durch eine
vorausschauende Politik entgegenzuwirken. Daher habe in den kommenden Jahren
die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen durch Fortsetzung der
Wirtschaftsoffensive weiter Priorität, damit die Menschen im Lande bleiben. Dabei werde die Förderpolitik neu
ausgerichtet. Ziel, so Ministerpräsident
Böhmer, müsse ein sich selbst tragender Wirtschaftsaufschwung unter der
Leitlinie ¿Hilfe zur Selbsthilfe¿ sein. Die geringer werdenden Fördermittel
müssten auf Wertschöpfungsketten in produzierenden Gewerbebereichen
konzentriert werden.
Darüber hinaus erarbeite die Landesregierung
ein Handlungskonzept zur nachhaltigen Bevölkerungspolitik. Der heute und morgen
in Stendal stattfindende bevölkerungspolitische Kongress gebe den Startschuss
hierfür. Unter anderem solle die Familienpolitik neu ausgerichtet werden. Geplant
seien ein Familienleistungsgesetz, die Schaffung von Familienallianzen, die
Gründung eines Landesbündnisses für Familien, ein Landesfamilientag und die
Einführung eines Familienpasses. Ein spezieller Forschungsauftrag soll die
Zukunftschancen junger Frauen und Familien untersuchen und Vorschläge zur
Verminderung der Migrationsverluste besonders in dieser Bevölkerungsgruppe
erarbeiten.
Als weiteren künftigen Schwerpunkt der
Landesregierung nannte Böhmer den Abschluss der Verwaltungs- und
Funktionalreform und die Vorbereitung einer Kreisgebietsreform noch in dieser
Legislaturperiode.
Ministerpräsident Böhmer verwies auf wichtige
Ergebnisse seiner Landesregierung:
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Obwohl Deutschland
insgesamt zum Sanierungsfall geworden ist, haben wir die Wirtschaft des Landes
trotz der schwierigen bundespolitischen Rahmenbedingungen vorangebracht. So
erwirtschaftete Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr mit einem Plus von 0,3
Prozent beim Bruttoinlandsprodukt das viertbeste Ergebnis unter den deutschen
Bundesländern. Die Zahl der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe stieg um
rund 1.200, bundesweit ging sie um 161.500 zurück. Die Zuwachsraten beim Verarbeitenden
Gewerbe lagen mit 4,8 Prozent im deutschen Spitzenbereich.
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Durch Deregulierung und
Abbau von Investitionshemmnissen stärken wir den Wirtschaftsstandort
Sachsen-Anhalt. Unsere Ansiedlungs- und Investitionsoffensive zeigt Wirkung: So
wurden 2002 und 2003 Investitionen von sechs Milliarden Euro auf den Weg
gebracht ¿ das beste Ergebnis seit zehn Jahren. Allein 2003 wurden damit 7.200
Arbeitsplätze geschaffen und 20.000 gesichert. Erstmals seit 1998 übersteigt
die Zahl der Gewerbeanmeldungen wieder die der Abmeldungen. Der Anstieg der
Arbeitslosigkeit wurde gestoppt, auch wenn die Quote immer noch auf einem nicht
hinnehmbaren Niveau ist. Sie betrug im März 2004 20,9 Prozent, im März des
Vorjahres 21,4 Prozent. Das sind fast 11.000 Arbeitslose weniger als im
Vorjahr.
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Trotz der bundesweit
schwierigen Ausbildungsplatzsituation wurden 98 Prozent der
Ausbildungsplatzsuchenden mit einer Lehrstelle versorgt.
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Mit einer Biotechnologie-Offensive bekennen wir uns
wirtschaftlich und politisch zu Technologien von morgen und positionieren
Sachsen-Anhalt als weltoffenen und zukunftsorientierten Forschungs- und
Produktionsstandort.
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Die Förderpolitik des
Landes haben wir mit der Schaffung einer Investitionsbank neu ausgerichtet. Sie
kann erstmals durch eigene Darlehensprogramme auch bei Eigenkapitalschwäche
tätig werden und hilft so vorrangig kleinen und mittleren Unternehmen bei
Existenzgründung und -sicherung.
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Wir haben das Land
umgebaut und modernisiert. Mit einer umfassenden Verwaltungsreform, der
Auflösung (insgesamt 25) und Straffung von Behörden sowie der Einrichtung eines
Landesverwaltungsamtes wurden effizientere Strukturen geschaffen und Kosten
gespart. Eine Funktionalreform wird weitere Effizienzreserven erschließen.
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Den zur Kostenentlastung
dringend nötigen Personalabbau bringen wir sozial verträglich voran. In den
ersten 22 Monaten (Stand: 31. März 2004) wurden bereits 4.410 Stellen abgebaut. Bezogen auf den Stellenbestand des
Haushaltsplans 2002 sind das 5,7 Prozent. Ziel ist eine Angleichung an den Bundesdurchschnitt
von 21,6 Stellen pro 1.000 Einwohner (jetzt 24,17 Stellen pro 1.000 Einwohner).
Mit einem solidarischen Tarifvertrag für Angestellte und Arbeiter
(Arbeitszeitverkürzung von bis zu 7,5 Prozent bei entsprechender
Gehaltsminderung) wurde eine weitere erhebliche Senkung der Personalkosten
erreicht. Gleichzeitig erhielten die Mitarbeiter Schutz vor betriebsbedingten
Kündigungen.
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Mit einer
Bildungsoffensive verbessern wir die Chancen der Schülerinnen und Schüler. Das
Abitur nach 12 Jahren wurde wieder eingeführt, die Kernfächer durch Erhöhung
der Stundenzahl und Verbesserung der Lehrinhalte gestärkt, ab dem 3. Schuljahr
soll flächendeckend Englischunterricht
eingeführt werden.
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Wir schaffen mit einer
umfassenden Hochschulreform zukunftsfähige Universitäten durch
Standortprofilierung und Abbau von Doppelangeboten. Durch
Technologietransferzentren und Förderung von Existenzgründungen aus den
Hochschulen heraus wollen wir erreichen, dass möglichst viele unserer
Absolventen im eigenen Land für sich eine Perspektive finden.
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Wir sind immer noch das
Land mit der besten und teuersten Kinderbetreuung Deutschlands. Nur in
Sachsen-Anhalt haben Kinder von der Geburt bis zum 14. Lebensjahr einen
Anspruch auf Betreuung (bei berufstätigen Eltern zehn Stunden, ansonsten fünf
Stunden). Bei Kindern unter drei Jahren ist die Betreuungsquote mit knapp 50
Prozent zehnmal so hoch wie beispielsweise in Baden-Württemberg oder
Nordrhein-Westfalen. Für die pädagogische Betreuung wird ein eigenes
Bildungsprogramm entwickelt.
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Wir haben mit einer
Effizienzoffensive unsere Polizei leistungsfähiger und schlagkräftiger gemacht
und unsere Bürokratie durch Aufhebung von überflüssigen Verwaltungsvorschriften
entrümpelt. In Vorbereitung ist ein Rechts- und Verwaltungsvereinfachungsgesetz,
das Bürokratieabbau und Deregulierung weiter beschleunigen wird.
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Wir machen
Sachsen-Anhalt fit für Europa. Wir begleiten erfolgreich die europäische
Strukturpolitik, bereiten das Land auf die Osterweiterung vor und haben mit
einer Vielzahl internationaler Aktivitäten und Partnerschaften unsere
internationale Einbindung gesichert.
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Im Bereich der
Infrastruktur konnten wir wesentliche Akzente setzen: Die Nordverlängerung der
A 14 ist in Angriff genommen, der Stadtumbau Sachsen-Anhalt eingeleitet und der
Weg frei gemacht worden für mehr Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr.
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Wir haben die Dauer der
staatsanwaltschaftlichen Verfahren erheblich verkürzt. Zwei Drittel der
Verfahren werden von den Staatsanwaltschaften innerhalb eines Monats erledigt.
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Wir haben nach der
Jahrhundertflut 2002 umgehend die grundlegende Modernisierung des
Hochwasserschutzes in Angriff genommen. Bis 2010 wollen wir 310 Millionen Euro
investieren.
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Mit unserem neuen
Naturschutzgesetz führen wir Ökokonten für Investoren und Gemeinden ein, um
mehr Spielraum für die Kompensation von Natureingriffen zu gewinnen, ohne dabei
den Schutz der Umwelt zu schmälern. Die Teilentschuldung der Abwasserverbände
wird in diesem Jahr abgeschlossen.
Der Ministerpräsident nahm auch Stellung zu
der aktuellen bundespolitischen Diskussion um den Aufbau Ost und betonte: ¿ Wir
werden unsere Probleme nur lösen, wenn sich bundesweit die Rahmenbedingungen ändern.¿ Der Regierungschef forderte von der
Bundesregierung tatkräftige Entscheidungen zur Förderung des Aufbaus Ost. Nur
wenn den vielen gut gemeinten Absichten entsprechende Entscheidungen folgten,
könne es zu einer Verbesserung der gegenwärtigen Situation kommen. Nötig sei
nicht mehr Geld für die neuen Bundesländer, sondern mehr Kompetenzen und
Freiheiten zum Beispiel im Bau-, Vergabe- und Umweltrecht. Die
Gesetzgebungskompetenzen der Länder müssten gestärkt, die Gesetzgebungsverfahren
beschleunigt werden. Darüber diskutiere zur Zeit die Föderalismuskommission.
Böhmer warnte davor, den Aufbau Ost schlecht zu reden. Es sei viel geschaffen
worden, auch wenn die Entwicklung in den neuen Bundesländern durchaus
unterschiedlich sei.
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Das Projekt "Rio + 20 kommunal - Bestandsaufnahme und langfristige Zukunftsperspektiven lokaler Nachhaltigkeitsprozesse in Deutschland" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von IZT - Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinnütziger GmbH durchgeführt. Die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung im Jahre 1992 im brasilianischen Rio de Janeiro war ein Meilenstein internationaler Politik und besitzt bis heute eine herausragende Bedeutung. Erstmals gelang es auf globaler Ebene, umwelt- und entwicklungspolitische Probleme im Zusammenhang zu betrachten und Weichenstellungen für eine weltweite, nachhaltige Entwicklung abzustimmen. In der übergreifenden 'Rio-Deklaration für Umwelt und Entwicklung' wurden das Recht auf nachhaltige Entwicklung (sustainable development) verankert sowie das Vorsorge- und das Verursacherprinzip als Leitprinzipien anerkannt. Als unerlässliche Voraussetzungen hierfür werden u.a. die Bekämpfung der Armut, eine angemessene Bevölkerungspolitik, Verringerung und Abbau nicht nachhaltiger Konsum- und Produktionsweisen sowie die umfassende Einbeziehung der Bevölkerung in politische Entscheidungsprozesse genannt.
Neben der 'Rio-Deklaration' wurden auf dem Erdgipfel 1992 weitere zentrale 'Dokumente' wie die Klimarahmenkonvention, die Biodiversitätskonvention und die Walddeklaration verabschiedet und die Wüstenkonvention auf den Weg gebracht. Historische Bedeutung erlangte die erste Rio-Konferenz vor allem auch, weil auf ihr mit der 'Agenda 21' ein umfassender Aktionsplan zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung vorgelegt wurde. Die Regierungen der Nationalstaaten werden darin aufgefordert, auf nationaler Ebene die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung anhand von Strategien und Handlungsprogrammen zu organisieren und dabei auch zivilgesellschaftliche Organisationen und andere Institutionen zu beteiligen. Neben der internationalen und nationalstaatlichen Ebene wird in Kapitel 28 erstmals auch die lokale Ebene als wichtiger Handlungsbereich bei der Lösung globaler Probleme adressiert. An die Kommunen erging der Aufruf, im Dialog mit lokalen Stakeholdern, so auch mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft, drängende Probleme vor Ort zu identifizieren und ein kommunales Handlungsprogramm für eine zukunftsfähige Entwicklung - eine sogenannte 'lokale Agenda 21' zu erarbeiten. 1 Zwei Jahrzehnte nach dieser historischen Konferenz fand vom 20.- 22. Juni 2012 wiederum in Rio des Janeiro die 'United Nations Conference on Sustainable Development - Rio+20' statt. Große Erwartungen waren an diese internationale Rio-Nachfolgekonferenz geknüpft, denn auf ihr sollten weltweit die Umsetzung des vereinbarten Leitbildes Nachhaltige Entwicklung bilanziert, neue Perspektiven entwickelt und der globalen Nachhaltigkeitspolitik mehr Stoßkraft verliehen werden. Zwanzig Jahre nach der ersten Rio-Konferenz sind einige der weltweiten Probleme und Herausforderungen noch größer geworden. Dies hat zur Konsequenz, dass die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung deutlich forciert werden muss. (Text gekürzt)