Das Projekt "Oekologische Modernisierung der industriellen Beziehungen - Eine vergleichende Untersuchung der britischen und deutschen chemischen Industrie" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Universität Göttingen, Graduiertenkolleg - Die Zukunft des Europäischen Sozialmodells durchgeführt. Umweltpolitik in Europa ist seit einigen Jahren einem tiefgreifenden Wandel unterworfen. Dieses spiegelt sich etwa im Fuenften Umweltaktionsprogramm der EU (1993-2000), das den ambitionierten Titel 'Towards Sustainability' traegt. Bis dahin war die europaeische Umweltpolitik auf die Produktion technischer Standards spezialisiert. Deren Implementierung basierte in erster Linie auf einem Top-down-approach und der Anwendung von 'Command- and Control'-Instrumenten des Staates ueber die Industrie. Dagegen soll im laufenden Programm das Ziel der nachhaltigen Entwicklung durch gemeinsames Handeln aller gesellschaftlichen Akteure im Rahmen partnerschaftlicher Zusammenarbeit erreicht werden. Die umweltpolitische Verantwortung wird geteilt durch die Anwendung einer erweiterten Instrumentenpalette, insbesondere oekonomische und freiwillige Instrumente. Die Industrie wird damit vor die Aufgabe gestellt, die Umweltkosten ihres Wirtschaftshandelns zu internalisieren und eine vorsorgende Umweltpolitik zu formulieren. Der Handlungsdruck ist besonders hoch in der chemischen Industrie, die als eine Hauptverursacherin von Umweltschaeden wie auch in der Folge zahlreicher Unfaelle und Umweltskandale besonders in die Kritik geraten ist. Die Analyse dieses Bottom-up Politikprozessesin der Chemieindustrie steht im Mittelpunkt der Dissertation. In das Blickfeld geraten dabei die industriellen Beziehungen, verstanden als Institutionen, Verfahren und Regeln, die die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bzw. deren Organisationen sowie dem Staat bestimmen. In einer vergleichenden Untersuchung der deutschen und britischen industriellen Beziehungen in der Chemieindustrie soll gefragt werden: Wie verhalten sich die zu betrachtenden Arrangements industrieller Beziehungen unter oekologischem Problemdruck? Welche Interessenlagen, Strategien und Verhaltensmuster sind bei den industriellen Akteuren auszumachen? Welche Rolle spielen die klassischen Interessenlagen von Kapital und Arbeit? Bilden sich am Umweltthema neue Konfliktlinien oder Koalitionen heraus? Welche Themen werden behandelt? Erfolgt die Thematisierung oekologischer Inhalte in Begriffen (alter) arbeitspolitischer Materien oder als etwas substantiell Neues? Welche Regelungsformen sind zu beobachten? Welchen Einfluss haben formelle und informelle Regelungen auf der betrieblichen Ebene? In welchem Masse werden Umweltthemen auf Branchenebene verhandelt? Die etablierten Institutionen und Regelungsmechanismen eines Arrangements industrieller Beziehungen bergen spezifische Moeglichkeiten, Flexibilitaeten und Rigiditaeten in Bezug auf die umweltpolitische Herausforderung. Das Wissen um solche institutionellen Potentiale ist auf dem Weg zu einer zukunftsfaehigen Umweltpolitik unerlaesslich.