s/cameraria-ohridella/Cameraria ohridella/gi
Bäumen im innerstädtischen Bereich, insbeondere Straßenbäumen, steht in der Regel nur ein eingeschränkter Lebensraum zur Verfügung. Vor allem der verdichtete und versiegelte Wurzelbereich wirkt sich nachhaltig auf die Vitalität der Bäume aus. Oft kommen mechanische Verletzungen hinzu, die den Eintritt für holzzerstörende Pilze begünstigen. Schäden an Bäumen werden auch durch Streusalz, Erdgas und Hundeurin verursacht. Geschwächte und bereits geschädigte Bäume sind besonders anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Aus der Vielzahl der Schaderreger an Berliner Bäumen einige Beispiele: Fast alljährlich werden vor allem Sommer-Linden von Spinnmilben befallen. Heiße und trockene Jahre begünstigen ihre Vermehrung. Befallene Bäume zeigen bereits im Juni ein Vergilben der Blätter im unteren Kronenbereich. Bei starkem Befall kann sich das bis in die Krone hinauf fortsetzen. Es kommt dabei zum fortschreitenden Verbräunen und Vertrocknen der Blätter, was zu frühem Laubfall führt. Blattläuse sind besonders an jungen Blättern und Trieben zu finden. In trockenen und heißen Jahren werden verstärkt Linden von Blattläusen befallen. Die klebrigen Ausscheidungen der Blattläuse, der sog. Honigtau, sind wiederum Nahrungsgrundlage für Rußtaupilze, erkennbar an den geschwärzten Blättern. Verklebte und verschmutzte Flächen unter den Linden, oft auch auf Autos, sind eine weniger beliebte Folgeerscheinung. Die Blattbräune oder Blattnervenkrankheit bei Platanen ist auf einen Pilz __(Apiognomonia veneta)__ zurückzuführen, der braune Blattflecken entlang der Blattadern verursacht. Bei Befall kommt es bereits im Frühjahr zum Welken und Vertrocknen der jungen Austriebe, Starkäste werden nicht befallen. Die Kastanien-Miniermotte __(Cameraria ohridella)__, ein Insekt, das erst 1985 in Mazedonien entdeckt wurde, ist in Berlin erstmalig 1998 festgestellt worden. Befallen werden vorwiegend weißblühende Rosskastanien. Die Larven der Kastanien-Miniermotte zerstören durch ihre Fraßtätigkeit das Innere der Blätter, was äußerlich an einer hellbraunen Fleckung erkennbar ist. Bei starkem Befall kommt es zum vorzeitigen Blattfall. Jahrelanger Befall führt zur Schwächung des Baumes. Die Wollige Napfschildlaus __(Pulvinaria regalis)__, gehört zu den saugenden Schadorganismen, in Berlin wurde sie erstmals im Jahr 2000 festgestellt. Die Larven des Schädlings setzen sich auf Blättern und Zweigen fest und saugen hier den Pflanzensaft. Die Wollige Napfschildlaus bevorzugt insbesondere Linden und Rosskastanien und ist hier durch watteartige, weiße Gebilde am Stamm, die sich bei starkem Befall auch an den Ästen bilden, zu erkennen. Der zu den Schlauchpilzen zählende Schwächeparasit an Platane __(Splanchnonema platani)__ verursacht ein rasches Absterben von Ästen. Diese als Massaria bezeichnete Krankheit wurde in Deutschland erstmals 2003 nach einem heißen und besonders trockenen Sommer nachgewiesen. Auch größere Äste mit geringer Vitalität können befallen werden und rasch ganz oder teilweise abgetötet werden. Breite, leicht violett bis hellrötlich verfärbte Rindenbereiche der Astoberseite sind ein Zeichen des Befalls. Später färben dunkle Pilzsporen diese Partien fleckig-schwarz. Es folgt eine rasch voranschreitende Holzfäule im Gewebe der Astoberseite. Da die Astunterseite noch nicht befallen ist, bleibt der Ast weiterhin belaubt. Voll belaubte und dis dahin unauffällige, stärkere Äste können innerhalb einiger Wochen absterben und zu einer Gefahr werden. Die Weiße Mistel (Weißbeerige Mistel, __Viscum album__) wächst als immergrüner Halbschmarotzer auf den Ästen bestimmter Wirtsbäume und kann im Laufe der Jahre Büsche von bis zu einem Meter Durchmesser bilden. Die Samen der Mistel werden durch Vögel verbreitet, für die sie einen wichtigen Teil der Winternahrung darstellen. Das Berliner Pflanzenschutzamt hat bei Untersuchungen im Raum Steglitz-Zehlendorf seit 1987 eine Zunahme des Auftretens der Laubholz-Mistel verzeichnet. Die vielfältigen Beeinträchtigungen am Straßenstandort schwächen die Bäume und machen sie anfällig für die Besiedlung mit Misteln. Misteln – Möglichkeiten zur Vitalisierung von Wirtsbäumen Weitere Informationen Pflanzenschutzamt Berlin: Überwachung von Schadorganismen im Berliner Stadtgebiet
Unter diesem Motto rief unsere Laubsammelkampagne von 2002-2007 sechs Jahre lang in Folge stadtweit auf, die Kastanienminiermotte einzudämmen. Kastanienlaub sammeln und beseitigen ist auch weiterhin sinnvoll. Warum eigentlich Laub sammeln? Die Rosskastanienminiermotte befällt überwiegend die weißblühenden Rosskastanien. Der schädigende Fraß ihrer Larven in den Blättern bewirkt die vorzeitige Verbräunung des Laubes, das schließlich vollständig vertrocknet und abfällt. Bei starkem Befall geschieht dies so früh im Jahr, dass die Kastanien in einer Notreaktion noch im Herbst noch einmal austreiben und sogar blühen. Die jungen und unreifen Triebe können im Berliner Raum von den ersten Nachtfrösten so schwer geschädigt werden, dass die Bäume dauerhafte Schäden erleiden können und aufgrund dieser Schwächung anfälliger für Krankheiten sind. Im abfallenden Kastanienlaub überwintern die Puppen der Motte und können im nächsten Frühjahr wieder schlüpfen, wenn die Blätter liegen bleiben. Um den Miniermottenbefall einzudämmen und die Gesundheit der Kastanien zu fördern, muss deshalb das Kastanienlaub sorgfältig und möglichst vollständig gesammelt und entsorgt werden. Die Wirksamkeit der Laubbeseitigung als Erfolg im Kampf gegen die Motte wurde durch Monitoring durch das Pflanzenschutzamt Berlin bestätigt: Sorgfältiges Laubsammeln reduziert den Befall um 2/3 im nächsten Frühjahr. Die Bäume bleiben länger grün und verkraften besser spätere Laubschäden. Flugverläufe ab 2003 sind im Pflanzenschutzamt Berlin verfügbar. Die Wiederbesiedelung der Kastanien durch die Miniermotte beginnt im Frühjahr auf geräumten Flächen deutlich später. Die Blätter werden so deutlich weniger geschädigt und bleiben länger grün . Auch der Laubfall verzögert sich im Vergleich zu Bäumen, unter denen das Laub nicht entfernt wurde. Nach Aussage italienischer Pflanzenphysiologen können Rosskastanien Blattschäden zum Teil kompensieren. Das liegt unter anderem daran, dass die Bäume ihre Reservestoffe für den Neuaustrieb im Folgejahr bereits im Frühjahr und Frühsommer aufbauen. Dieser Reservestoffaufbau erfolgt damit bei Kastanien, deren Laub gründlich beseitigt wurde, rechtzeitig bevor die Blätter wieder durch Larvenfraß stark geschädigt werden. Wer herabgefallenes Kastanienlaub gründlich beseitigt, hilft der Rosskastanie dabei, im nächsten Frühjahr genügend Kraft für den Austrieb und die Blüte im wiederum folgenden Jahr zu sammeln. Wenn eine Laubbeseitigung auch weiterhin immer wieder sorgfältig erfolgt, kann der Baum länger leben und gesund bleiben. Wir müssen uns wohl leider trotzdem daran gewöhnen, dass weiterhin Kastanienblätter im Laufe des Jahres geschädigt werden, verbräunen und womöglich vor dem eigentlichen Laubfall im Herbst abfallen, denn auch durch gründliche Sammlung und Beseitigung des Laubes kann der Schädling natürlich nicht vollständig ferngehalten werden – immerhin ist die Kastanienminiermotte mittlerweile in ganz Europa verbreitet! Dennoch lohnt sich der Aufwand, einen unserer schönsten Park- und Straßenbäume durch einfaches Laubsammeln vor einer allzu schweren Schädigung und Entkräftung zu retten und damit dazu beizutragen, dass auch die kommenden Generationen ihre Freude an unserer Kastanie haben können! Kastanien auf öffentlichen Flächen Das gesammelte Laub von Kastanien in öffentlichen Grünflächen in Berlin (überwiegend Grünanlagen) muss grundsätzlich von den bezirklichen Gartenämtern entsorgt werden. Für Bäume bzw. Straßenbegleitgrün an öffentlichen Straßen, die im Straßenreinigungsverzeichnis dem Verzeichnis A (ausgebaute Straßen innerhalb geschlossener Ortslagen) oder B (Straßen außerhalb geschlossener Ortslagen, die überwiegend dem inneren Verkehr dienen) zugeordnet sind, sorgt die BSR im Rahmen ihrer Reinigungspflicht für die Beseitigung des Kastanienlaubs. An- und Hinterlieger (Eigentümer oder dinglich Nutzungsberechtigte) müssen für diese Leistung regelmäßig Entgelte entrichten. Kastanien auf privaten Flächen An- und Hinterlieger (Eigentümer oder dinglich Nutzungsberechtigte) an Straßen, die dem Verzeichnis C (nicht oder nicht genügend ausgebaute Straßen) zugeordnet sind, entrichten keine Entgelte für eine Straßenreinigung und sind selbst für die Reinigung und Laubbeseitigung verantwortlich. Für das Laub weiß blühender Rosskastanien an C-Straßen sowie auf allen privaten bzw. gewerblichen Flächen gibt es verschiedene Möglichkeiten der Entsorgung, die von der anfallenden Menge und den vorhandenen örtlichen Gegebenheiten abhängig sind: Die BSR-BIOGUT-Tonne kann genutzt werden. Ein Tipp: Wenn die Tonne bereits voll und noch viel Laub übrig ist, können Sie das gesammelte Laub z.B. auch in Säcken dicht verschlossen zwischenlagern und dann über die Biogut-Tonne entsorgen. BSR-BIOGUT-Behälter für organische Abfälle Verwenden Sie die bekannten kostenpflichtigen Laubsäcke der BSR! Ein Laubsack kostet seit 01.01.2011 4,- €. Im Preis bereits enthalten sind die Abholung vom Straßenrand durch die BSR und die professionelle Entsorgung des Laubes in Großkompostieranlagen. Kaufen können Sie die Laubsäcke auf allen BSR-Recyclinghöfen. Die BSR nimmt befüllte Laubsäcke auf fast allen Recyclinghöfen zurück (bis zu 5 Stück je Anlieferfahrzeug). Je BSR-Laubsack wird 1,- € erstattet. BSR-Laubsäcke BSR-Recyclinghöfe: Standorte BSR-Flyer Stattliche Sammlung Laub Wenn Sie die Möglichkeit dazu haben, können Sie das Laub auf Ihrem Grundstück vergraben und mit einer mindestens 10 cm starken, verfestigten Erdschicht oder einer stabilen Folie lückenlos abdecken. Dabei ist zu beachten, dass diese lückenlose Abdeckung so lange bestehen bleibt, bis die Schlupfzeit der Motte im nächsten Frühjahr vorüber ist; die Entfernung einer Abdeckung sollte also frühestens Ende Juni erfolgen! Noch sicherer ist natürlich eine zwei- oder mehrjährige Abdeckung. Eine Kompostierung im eigenen Garten ist nicht ohne weiteres sinnvoll, da aufgrund mangelnder Selbsterhitzung des Laubes bei einer Kompostierung im Haus- und Kleingartenbereich leider keine für die Abtötung der Puppen erforderlichen Temperaturen erreicht werden. Um das Kastanienlaub dennoch im eigenen Garten verwerten zu können, ist vor der Kompostierung eine Zerkleinerung (z.B. mittels Schredder, Rasenmäher) empfehlenswert, mit der eine Abtötung der Puppen von über 80 % erreicht werden kann. Größere Mengen Laub können auch über Betriebe der Gütegemeinschaft Kompost Berlin-Brandenburg-Sachsen-Anhalt e.V. entsorgt werden. Nur durch die Mitgliedsbetriebe der Gütegemeinschaft wird eine kontrollierte, nach RAL (Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V.) gütegesicherte Kompostierung des Kastanienlaubes garantiert, bei der die umfassende Abtötung der Mottenpuppen im Laub gewährleistet ist. Gütegemeinschaft Kompost Berlin – Brandenburg – Sachsen-Anhalt e.V. Zossener Str. 6 a 15806 Nächst Neuendorf Tel.: (03377) 33 25 73 Fax: (03377) 20 08 56 E-Mail Gütegemeinschaft Kompost
Straßenbaum-Zustandsbericht für die Innenstadt 2020 zeigt höchsten Schadensstand seit vier Jahrzehnten: Erstmals sind mehr als die Hälfte aller City-Bäume geschädigt Der aktuelle Straßenbaum-Zustandsbericht für das Jahr 2020 belegt eine massive Verschlechterung der Baumgesundheit in den vergangenen Jahren. Die jetzt finalisierte Untersuchung, die alle fünf Jahre per Luftbild und Stichprobe die Vitalität von Straßenbäumen in Berlins Innenstadtlagen analysiert, kommt zu dem Ergebnis, dass die Straßenbaumschäden seit Beginn der Untersuchungen im Jahr 1979 auf einem Höchststand liegen – mit einer sich beschleunigenden Verschlechterungsrate in den vergangenen fünf bis 15 Jahren. So zeigen die vier untersuchten Arten Linde, Ahorn, Rosskastanie und Platane, die zusammen mehr als drei Viertel des City-Baumbestands ausmachen, im Jahr 2020 zu 56,6 Prozent Schädigungen der Stufen 2 bis 4 (leicht bis extrem geschädigt). Komplett gesunde Straßenbäume (Stufe 1) gibt es in Berlins Innenstadt – wozu der S-Bahn-Ring sowie die dicht bebauten Quartiere in den Stadtteilen Steglitz, Weißensee, Pankow und Wedding zählen – nur noch zu 43,4 Prozent: Das ist der niedrigste Wert seit mehr als vier Jahrzehnten. Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: „Wir sehen auch am Zustand der Straßenbäume, dass die Erderhitzung in Berlin angekommen ist. Sie leiden an Hitze und Trockenheit und zeigen gravierende Schäden. Erstmals nach langen Jahren des Sparens haben wir deshalb in dieser Wahlperiode deutlich mehr Geld für die bezirkliche Baumpflege bereitgestellt. Die Anstrengungen zum Baumschutz gilt es nun konsequent auszuweiten: Die Straßenbäume brauchen unsere Pflege – und wir brauchen unsere Straßenbäume und ihre schattenspendenden Kronen für eine lebenswerte Stadt mehr denn je.“ Als Grund für die jüngste Verschlechterung der Baumvitalität nennt der Bericht insbesondere die trocken-heiße Witterung in den Jahren 2018 bis 2020 – die auch schon Berlins Waldbäumen extrem zugesetzt hat (vgl. Waldzustandsbericht 2020). Die in diesen Jahren gehäuften langen Phasen ohne Niederschlag bei teils sehr hohen Temperaturen hatten unterschiedlich starke Auswirkungen auf die verschiedenen Baumarten: Während sich die Linden noch am robustesten zeigen (44 Prozent geschädigte Bäume), weisen Ahorne und Platanen jeweils zu rund 70 Prozent Schädigungen auf. Am härtesten sind Rosskastanien betroffen, bei denen fast 90 Prozent der Bäume geschädigt sind. Urbane Straßenbäume sind dabei nicht nur den Folgen der Erderhitzung ausgesetzt, die sich auch in den Städten immer mehr auswirkt, sondern auch dem typischen Stadtstress von Bauarbeiten, Hunde-Urin, Verkehrsunfällen, Bodenversiegelung und –verdichtung sowie Tausalz im Winter. Der Bericht stellt fest, dass vor allem Bauarbeiten und Verkehr seit 1990 in Berlin stark zugenommen haben, was immer mehr Bäume leiden oder gar absterben lässt. Schädlinge wie die Kastanienminiermotte nehmen dabei ebenso zu wie etwa der Befall mit Pilzen, Milben oder Mehltau. Als Maßnahmen gegen diesen Trend haben die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und die Bezirksämter bereits seit Beginn dieser Legislaturperiode begonnen, mit gezielten Interventionen die Gesundheit der Berliner Straßenbäume zu stärken. Berlin setzt dabei auf eine bessere Baumpflege durch die bezirklichen Straßen- und Grünflächenämter, auf die vermehrte Pflanzung von Baumarten, die dem steigenden Klimastress besser gewachsen sind sowie auf insgesamt mehr Raum für das Stadtgrün, um insbesondere der Versiegelung und Bodenverdichtung entgegenzuwirken. Für Pflege und Unterhaltung des Straßenbaumbestandes erhalten die zuständigen Bezirksämter kontinuierlich mehr Finanzmittel. Mit dem Doppelhaushalt 2020/2021 wurden diese Finanzmittel mit rund 37 Millionen Euro im Jahr nahezu verdoppelt. Ferner erhalten die Bezirksämter seit Herbst 2017 etwa 23 Millionen Euro an Sondermitteln für die Bäume, etwa für zusätzliche Wässerungen gerade von Jungbäumen. Künftig werden zudem Baumarten benötigt, die langanhaltende Hitze- und Trockenperioden überleben können. Der Arbeitskreis Stadtbäume der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) forscht im Rahmen von Testreihen gezielt an einer Auswahl möglichst klimaresilienter Baumsorten für Straßenstandorte, die in einigen Bezirken bereits erprobt werden. Bei Neupflanzungen von Straßenbäumen werden die Bezirksämter seit 2012 zudem von der Berliner Stadtbaumkampagne, einer mit Landesmitteln aufgestockten Spenden-Aktion, unterstützt. Damit konnten inzwischen mehr als 12.000 zusätzliche Straßenbäume (225 verschiedene Baumsorten) gepflanzt werden. Für diesen Herbst sind weitere rund 700 Pflanzungen bereits geplant.
Im Rahmen orientierender Versuche ist es möglich, berlinspezifische Pflanzenschutzprobleme des Stadtgrüns mittelfristig praktikabel und effizient zu lösen. Die Problemfälle ergeben sich häufig aus der Beratungstätigkeit bzw. durch das Auftreten neuer Schadorganismen in der Region. Mit unterschiedlichen Partnern können die Fragestellungen praxisorientiert bearbeitet werden und sind oft auch für andere Einrichtungen interessant. Es werden aus unterschiedlichen Themenfeldern einige Beispiele vorgestellt. Misteln – Möglichkeiten zur Vitalisierung von Wirtsbäumen – eine Beobachtung Untersuchung zur Wirksamkeit von Mykorrhiza-Impfungen bei Jungbäumen im Straßenland Stadtklimatolerante Bäume Versuchspflanzung von Straßenbäumen im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes Wurzelraumerschließung von Straßenbäumen Vitalisierung von Linden an streusalzbelasteten Standorten durch gezielte Düngung Biologische Bekämpfungsmöglichkeiten der Kastanienminiermotte Cameraria ohridella Biologische Bekämpfungsmöglichkeiten einer neuen Spinnmilbenart in der Innenraumbegrünung Pflanzenstärkungsmittel zur Regulierung tierischer Schadorganismen an Kräutern
Pnigalio agraules ist ein aussichtsreicher Gegenspieler zur biologischen Bekämpfung von Cameraria ohridella und wird seit mehreren Jahren erfolgreich im Pflanzenschutzamt Berlin vermehrt und sein Einsatz getestet. Seit 2006 wurden unterschiedliche Freisetzungsversuche an Straßenbäumen mit diesem Gegenspieler durchgeführt. In den Versuchen 2008, 2009 und 2010 waren die Kastanien ca. 40 Jahre alt, in einer Straße befanden sich mindestens 30 Bäume. Die Freisetzung erfolgte am mittelsten Baum der Allee und zum Zeitpunkt der 1. und 2. Generation der C. ohridella . Zur Bewertung der Ergebnisse wurden jeweils 500 Minen des behandelten Baumes, der Nachbarbäume und der Randbäume (unbehandelt) auf parasitierte Larven ausgezählt. In allen Jahren und an fast allen Standorten konnte nach der 1. Generation eine Steigerung der Parasitierung im Bereich der Anwendung nachgewiesen werden. An einigen Standorten erreichte der Wirkungsgrad etwa 40 % (vgl. Abbildung). Die Ergebnisse in den Versuchen sind allerdings nicht signifikant. Außerdem bleibt festzustellen, dass die in den Versuchen erzielte Parasitierung für eine nachhaltige Bekämpfung nicht ausreichend ist. Mit dem Einsatz von P. agraules zum Zeitpunkt der 2. Generation von C. ohridella , konnte keine positive Veränderung in der Parasitierung an den behandelten Standorten nachgewiesen werden. In der Ursachenanalyse wurden biotische und abiotische Faktoren kritisch diskutiert, um die noch nicht ausreichenden Parasitierungsraten und die Schwankungen künftig ausschalten zu können. Es zeigte sich, dass vor allen Dingen die Menge der eingesetzten Gegenspieler zu gering war. Tierische Schaderreger: Kastanienminiermotte
Die Kastanienminiermotte wurde im Berliner Stadtgebiet erstmals 1997 entdeckt. Zunächst erfolgte eine punktuelle Ausbreitung und seit 2002 tritt sie im gesamten Stadtgebiet flächig auf. Laubsammeln und -entsorgung Fragen und Antworten Lebensweise Monitoring Flugverlauf Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Laubsammeln und -entsorgung Rettet unsere Kastanie! Motten stoppen - Laub sammeln. Unter diesem Motto rief unsere Laubsammelkampagne von 2002-2007 sechs Jahre lang in Folge stadtweit auf, die Kastanienminiermotte einzudämmen. Kastanienlaub sammeln und beseitigen ist auch weiterhin sinnvoll. Laubsammeln und -entsorgung Weitere Informationen Fragen und Antworten Woher kommt die Kastanienminiermotte? Gibt es natürliche Feinde? Wie verkraften die Kastanienbäume den Befall? Laubsammeln - was ist zu beachten? Erfahren Sie alles über die Kastanienminiermotte. Fragen und Antworten Weitere Informationen Nachdem 1997 die ersten Einzelfunde der Kastanienminiermotte im Stadtgebiet dokumentiert wurden, breitete sich diese, aus dem Balkan stammend und wärmeliebend, rasant aus. Von wenigen Fundorten ausgehend, trat die Kastanienminiermotte bereits 2002 flächig an weißblühenden Kastanien im gesamten Stadtgebiet auf. Ab 2003 wurde das Auftreten der Miniermotte zunächst im Rahmen eines Projektes (BerlinCam, Untersuchungen zur Bekämpfung und Erarbeitung von Möglichkeiten zur Eindämmung der Kastanienminiermotten), mit Pheromonfallen an mehr als 20 Standorten überwacht. Die Kontrolle des Fluges wurde bei Beendigung des Projektes als laufende Überwachung mit einer reduzierten Standortanzahl vom Pflanzenschutzamt weitergeführt. Vergleich der Jahre 2003 bis 2022 sank die Anzahl der gefangenen Motten auf das niedrigste Niveau, im Jahr 2023 stieg hingegen die Zahl wieder auf 14.476 an und erreichte fast den Zahlenstand aus dem Jahr 2021. Im Gegensatz dazu stehen die Jahre 2003, 2017 und 2018 mit gut 3 mal mehr gefangenen Motten. Die niedrige Anzahl im Jahr 2022 ließ auf die überaus heiße und trockene Witterung des Sommers, besonders des Monat August zurückzuführen. Der Flug der Kastanienminiermotte begann Anfang Mai mit sehr niedrigen Fangzahlen. Einen eigentlichen Flughöhepunkt der 1. Generation gab es in diesem Jahr nicht. Diese niedrigen Fangzahlen hielten bis Mitte/Ende Mai an. Erst Ende Juni/ Anfang Juli konnte ein erneuter Anstieg der Fangzahlen registriert werden. Das Phänomen, das Fehlen des Flughöhepunktes, wiederholte sich auch bei der 2. Generation. Dies war durch die langanhaltenden stabilen Temperaturen und den teilweise wöchentlich anhaltenden heftigen Regenfällen ab Mitte Juni bis Juli erklärbar. Ab Mitte August ließen die Regenfälle nach, dafür stiegen zum Ende des Monats die Fangzahlen stark an. Der Höhepunkt der 3. Generation fand Mitte/Ende August statt und zog sich bis Mitte September. Das Jahr 2023 zeigte bis zum August einen verhaltenen Schlupf der Kastanienminiermotte (Cameraria ohridella). Eine imposante Auffälligkeit zwischen geräumten und ungeräumten Flächen zeigte sich erst ab Mitte/Ende August. Der Höhepunkt der 3. Generation fand auf der geräumten Fläche mit 8567 gefangenen Faltern eine Woche früher statt und war somit zu der ungeräumten Fläche doppelt so hoch. Insofern wich dieses Jahr von dem erwarteten Phänomen der bisherigen Jahre ab. Der Vergleich des mittleren Flugverlaufes (Mittel aus 2003 bis 2023) der geräumten und ungeräumten Fläche ist weiterhin deutlich sichtbar, wie stark sich das Entfernen des befallenen Laubes auf den Flugverlauf der Kastanienminiermotte auswirkt. Die erste Generation wird durch die Beräumung der Fläche am stärksten reduziert, der Flug wird zum Zeitpunkt zwischen der ersten und zweiten Generation so stark vermindert, das er fast zum Erliegen kommt. Infolgedessen hat dies Auswirkung auf den Zeitpunkt des Fluges der zweiten Generation, auch dieser zeigt eine deutliche Reduzierung. Nur im Jahr 2023 zum Flughöhepunkt der 3. Generation konnte kein signifikanter Unterschied zwischen geräumter und ungeräumter Fläche festgestellt werden. Zur Reduktion der Kastanienminiermotte ist die rechtzeitige Laubentfernung wo immer dies möglich ist die beste Maßnahme. Biologische Bekämpfungsmöglichkeiten der Kastanienminiermotte Cameraria ohridella
Das Projekt "Stadtgrün 2021: Selektion, Anzucht und Verwendung von Gehölzen unter sich ändernden klimatischen Bedingungen" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Abteilung Landespflege durchgeführt. Dieses im Angesicht des Klimawandels initiierte Projekt beschäftigt sich mit der Problematik, dass einige der gängigen Stadtbaumarten unter den zunehmend wärmeren und trockneren Sommern sowie unter neu eingewanderten Schädlingen und Erkrankungen so stark leiden, dass sie in vielen Fällen den ästhetischen Ansprüchen an einen Straßenbaum nicht mehr genügen (Bsp. Kastanienminiermotte), zu einer Gefährdung werden (Bsp. Bruchproblematik durch Massaria-Erkrankung an Platanen) oder gänzlich absterben (Bsp. Eschentriebsterben bei Fraxinusarten). In dem langfristig angelegten Projekt werden an Hand verschiedener Kriterien zukunftsträchtige Baumarten aus dem (süd-) osteuropäischen, aber auch nordamerikanischen und asiatischen Raum ausgewählt, die auf Grund ihrer Eigenschaften potentiell in der Lage sind, den prognostizierten Klimabedingungen unserer Städte zu trotzen. Diese Arten werden in drei bayerischen Städten aufgepflanzt.
Irreversible Schäden an Pflanzen bis hin zum Ausfall von ganzen Pflanzungen kann die Folge einer unkontrollierten Ausbreitung von Schadorganismen sein. Zur Erarbeitung von rechtzeitigen Prognosen und zum Stadtgebiet passenden Bekämpfungsstrategien, werden relevante tierische Schadorganismen im Stadtgebiet Berlin überwacht. Dazu werden für ein aussagekräftiges Monitoring Lockstoff- und Alkoholfallen, aber auch Lichtfallen eingesetzt und visuelle Bonituren an ausgewählten Standorten durchgeführt. Auffällige Veränderungen im Schaderregerauftreten werden somit frühzeitig erkannt und bei der Beratung berücksichtigt. Auffällige Schaderreger in den letzten Jahren Überwachung von Schaderregern im Stadtgebiet Berlin Methoden zur Überwachung Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Buchsbaumzünsler Und plötzlich war der Buchsbaum kahl und abgefressen. Der Buchsbaumzünsler kann ganze Bestände vernichten. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Eichenprozessionsspinner Die Haare der Raupen des Eichenprozessionsspinners können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Frostspanner Löchrige Blätter und angeknabberte Knospen hinterlassen die Raupen des Frostspanners. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Kastanienminiermotte Die zugeflogene Kastanienminiermotte ist geblieben und kann durch das Laubsammeln reduziert werden. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Maulbeerschildlaus Dünnrindige Baumarten sind durch die Saugtätigkeit der Maulbeerschildlaus besonders betroffen. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Wollige Napfschildlaus Die wollige Napfschildlaus tritt zwar flächendeckend auf, führt aber nur zu geringen Saugschäden. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Apfelwickler Die Raupen des Apfelwicklers, landläufig meist als Maden bezeichnet, durchhöhlen den Apfel und hinterlassen braune Kotkrümmel. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Pflaumenwickler Gummiartige Tropfen an der Frucht sind meist Hinweise auf die Raupen des Pflaumenwicklers. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Großer Waldgärtner Abgeknickte Triebe, trockene Nadeln und verbräunte Kronen weisen auf den Befall mit dem Großen Waldgärtner hin. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Kupferstecher All gegenwärtig und besonders nach Trockenphasen schädigt der Kupferstecher an Nadelgehölzen. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Thuja- und Wacholderborkenkäfer Werden die Triebe von Thuja, Wacholder, Scheinzypressen und Co. braun und trocken sind oftmals Thuja- oder Wacholderborkenkäfer die Verursacher. Weitere Informationen Bild: Pflanzenschutzamt Berlin Ungleicher Holzbohrer Geschwächte und gestresste Laubgehölze werden häufig durch den Ungleichen Holzbohrer besiedelt. Weitere Informationen Visuelle Bonituren werden zur Einschätzung aktueller Schaderreger zu Hilfe genommen. Entweder werden die Fraßschäden in Schadensstufen eingeteilt oder das Auftreten der Schaderreger selbst wird bewertet. Je nach Schwerpunkt erfolgen kurzfristige bzw. einmalige Aufnahmen, wie sie u.a. schon beim Auftreten der Birnbaumprachtkäfer, Eichenzwerglaus, Ulmenschildlaus, Andromedanetzwanze und auch den Pilzerkrankungen Birnengitterrost, Echter Mehltau an Kastanie erfolgt sind. Als langfristige Bonitur wurde seit dem erstmaligen Auftreten der Wolligen Napfschildlaus ( Pulvinaria regalis ) im Jahr 2000 die weitere Ausbreitung gezielt überwacht. Erste flächige visuelle Bonituren erfolgten von 2002 bis 2021. Leimringe können immer dort zum Einsatz kommen, wo Schaderreger am Stamm hinauf klettern/kriechen, wie Raupen, Käfer und viele andere. Als klassischer Schädling in Obstanlagen, aber auch durch seinen Lochfraß an Laubbäumen in städtischen Anlagen auffallend, wird der Frostspanner schon seit Jahrzehnten überwacht. Die Bedeutung des Kleinen Frostspanners ( Operophtera brumata ) ist im Berliner Stadtgebiet eher abnehmend, schwankt jährlich je nach Witterung des Jahres. Nach dem Erstauftreten der Kastanienminiermotte ( Cameraria ohridella ) 1999 in Berlin waren im Jahr 2002 alle Kastanien im Stadtgebiet sehr stark befallen. Ab 2003 wurden zur Überwachung des Flugverlaufs Lockstofffallen eingesetzt. Schon seit 1993 wird im Stadtwald der Nonnenfalter ( Lymantria dispar ) überwacht. Im urbanen Grün befinden sich sehr viele Obstgehölze mit ihren speziellen Schädlingen. Die beiden Hauptschädlinge Apfelwickler ( Cydia pomonella ) und Pflaumenwickler ( Cydia funebrana ) werden seit 2005 überwacht. Mit den steigenden Jahresdurchschnittstemperaturen wurden auch Weinbauschädlinge wie der Bekreutzte Traubenwickler Lobesia botrana im Stadtgebiet auffällig. Die Kontrolle findet seit 2011 statt. Die extremen Wetterverhältnisse ab 2002 haben zu auffälligen Schäden durch Borkenkäfer geführt. Stellvertretend werden deshalb ab 2004 der Kupferstecher ( Pityogenes chalcographus ) und der Ungleiche Holzbohrer ( Xyleborus dispar ) überwacht, letzterer mittels Alkohol. Neue Schädlinge wie der Buchsbaumzünsler ( Cydalima perspectabilis ), der seit 2017 flächig im Stadtgebiet auftritt und zu großen Ausfällen an Buchsbaumbeständen führt, werden zur Feststellung optimaler Kontroll- und Behandlungszeiten überwacht.
Das Projekt "Untersuchungen zur Nutzung von biotechnischen Verfahren zur Bekämpfung der Rosskastanien-Miniermotte im öffentlichen Grün" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen durchgeführt. Die Rosskastanie ist eine der Hauptbaumarten im öffentlichen Grün und wird seit einigen Jahren massiv von einem neuen invasiven Schädling, der Rosskastanien-Miniermotte, bedroht. Ziel des Vorhabens ist es in einer ersten Projektphase die Wirksamkeit der drei aussichtsreichsten biotechnischen bzw. biologischen Verfahren (Verwirrungstechnik, Attract & Kill sowie Nützlingsförderung) zu untersuchen und abzusichern. In der ersten Projektphase wird die Wirksamkeit der Verfahren in wissenschaftlichen Exaktversuchen auf dem Versuchsgelände der Biologischen Bundesanstalt in Braunschweig untersucht. Als Versuchseinheiten dienen jeweils 5 getopfe Rosskastanien, die von einem Gazezelt umschlossen sind. In diesen Einheiten kann die Effizienz der einzelnen Verfahren im Vergleich zu einer Kontrollvariante genau erforscht und abgesichert werden. Die drei Verfahren haben sich bei der Bekämpfung von anderen bedeutenden Schädlingen im Obst- und Weinbau bereits mehrfach bewährt. Eine Übertragung der Verfahren auf die Rosskastanien-Miniermotte ist grundsätzlich möglich. Zu berücksichtigen sind jedoch die besonderen Verhältnisse im öffentlichen Grün.
Das Projekt "Teilprojekt im Rahmen des DFG SPP 1409, Science and the Public - Der Einfluss von Medienberichterstattung und Umweltbedingungen auf die Wahrnehmung und Bewertung von impersonal risks am Beispiel der Kastanienminiermotte" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Universität München, Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung durchgeführt. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse zur Veränderung der Umwelt und damit verbundenen Risiken stehen der Bevölkerung hauptsächlich über die Massenmedien zur Verfügung. Diese Informationen sind zusammen mit der individuellen Wahrnehmung von Umweltveränderungen die Grundlage für die subjektive Einschätzung von Umweltrisiken. Dabei werden impersonal risks zunehmend relevant: Risiken, die zwar nicht als direkte persönliche Bedrohung für das Individuum, sondern als Bedrohung für die Natur wahrgenommen werden, aus denen aber Konsequenzen für das Individuum resultieren (z.B. Klimaerwärmung). Die für die Erklärung individuellen Verhaltens essentiellen Zusammenhänge von Medienwirkungen, Informationsverarbeitung von naturwissenschaftlichen Themen und individueller Umweltwahrnehmung bei impersonal risks sind bislang nicht erforscht. Das hier vorgestellte interdisziplinäre Projekt (Kommunikationswissenschaft, Terrestrische Ökologie) will diesen Zusammenhang anhand eines Feldexperiments am Beispiel der Rosskastanienminiermotte, Cameraria ohridella, untersuchen. Dies ist eine invasive Art, deren Larven als Folge ihrer Fraßtätigkeit ein auffälliges Schadbild an Kastanienbäumen verursachen. Die Blätter verbräunen frühzeitig und fallen bereits im Juli und August ab. Diese Umweltveränderung ist für den Laien gut wahrnehmbar. Die Rosskastanie ist ein häufiger Baum in Deutschland, der Befall der Bäume innerhalb Deutschlands aber unterschiedlich. Die Kastanienmotte ist daher ein idealer Modellorganismus, mittels dessen die Umweltwahrnehmung von Individuen in der empirischen Untersuchung über die Auswahl unterschiedlich betroffener Gebiete variiert werden kann. Es wird ein Feldexperiment mit einer Rezipientenbefragung durchgeführt. Mittels naturwissenschaftlicher Ratingverfahren werden 12 Regionen in Deutschland ausgewählt, die sich im Befall der Kastanien und damit hinsichtlich der tatsächlichen Umweltveränderung für die Befragten deutlich unterscheiden. Das Projekt gliedert sich in drei Teilfragestellungen. Erstens wird untersucht, wie unterschiedliche mediale Informationen zu impersonal risks verarbeitet werden und welche Zusammenhänge sich mit der individuellen Umweltwahrnehmung zeigen. Zweitens wird untersucht, welche individuellen Faktoren von Informationsverarbeitung und Umweltwahrnehmung unterschiedliche subjektive Risikowahrnehmungen erklären. Dabei interessiert die Interaktion zwischen medialer Risikodarstellung und subjektiver Risikowahrnehmung und ob es bei Übereinstimmung von Darstellung und tatsächlicher Umweltveränderung zur Verstärkung der subjektiven Risikowahrnehmung kommt. Ergebnisse dazu sollen auch der Theoriebildung in der Kommunikationswissenschaft dienen. Drittens werden in dem Feldexperiment tatsächlich getätigte Handlungen evaluiert, um zu klären, welche Verhaltensadaptionen aus der subjektiven Risikowahrnehmung und der Informationsverarbeitung bei impersonal risks folgen und in wie weit diese durch Medienwirkungen erklärbar sind.