Eine Langzeitstudie mit 300.000 AKW-Mitarbeitern in Frankreich, Großbritannien, Japan und den USA kommt zu dem Schluss, das Risiko an Krebs zu erkranken ist für Mitarbeiter von Atomkraftwerken erheblich höher als für die Durchschnittsbevölkerung. Das internationale Forscherteam fand heraus, dass auch niedrige Dosen langfristig eine krankmachende Wirkung haben. Demnach ist eine anhaltende Niedrigdosis genauso krebserregend wie eine einmalig höhere Akutbelastung. Die Studie wurde am 21. Juni 2015 online veröffentlicht. Während der Arbeit muss das AKW-Personal in der Regel ein Strahlenmessgerät tragen. Für die Untersuchung wurden die Daten von 300.000 Angestellten, die über Jahrzehnte hinweg gesammelt wurden, ausgewertet. Zudem ermittelten die Forscher, ob die Mitarbeiter an Krebs, besonders an Blutkrebs, erkrankten oder gar daran starben. Das Ergebnis: Die Leukämierate bei den AKW-Beschäftigten war weitaus höher als die der durchschnittlichen Bevölkerung. Selbst geringe Dosen von nur wenigen Millisievert können demnach über mehrere Jahre hinweg tödliche Krebserkrankungen auslösen. Eine Unbedenklichkeitsschwelle, unterhalb derer eine bestimmte Strahlung tolerierbar ist, gibt es demzufolge nicht.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) wurde am 1. November 1989 gegründet und hat seinen Sitz in Salzgitter. Das Amt ist dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) unterstellt. Das BfS arbeitet für die Sicherheit und den Schutz des Menschen und der Umwelt vor Schäden durch ionisierende und nichtionisierende Strahlung.
Am 12. Mai 2017 stimmte der Bundesrat dem Strahlenschutzgesetz zu. Damit wird das Strahlenschutzrecht in Deutschland umfassend modernisiert und der radiologische Notfallschutz auf Grundlage der Erfahrungen nach Fukushima konzeptionell fortentwickelt. Der breite Anwendungsbereich des Strahlenschutzrechts wird nun durch das neue Strahlenschutzgesetz noch erheblich erweitert. So regelt es zum Beispiel den Einsatz radioaktiver Stoffe oder ionisierender Strahlung zur Früherkennung von Krankheiten. Voraussetzung ist, dass der Nutzen das Risiko der eingesetzten Strahlung überwiegt. Auch der Umgang mit dem radioaktiven Edelgas Radon wird zum Schutz der Bevölkerung in dem Gesetz umfassend geregelt. Das Gesetz legt erstmals einen Referenzwert zur Bewertung der Radonkonzentration in Wohnräumen und Arbeitsplätzen fest. Das Strahlenschutzgesetz schafft zudem die Grundlagen für ein zwischen Bund und Ländern abgestimmtes, modernes Notfallmanagementsystem. Die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei Notfällen im In- und Ausland sind in Notfallplänen darzustellen. Neu ist auch die Einrichtung eines radiologischen Lagezentrums unter Leitung des Bundesumweltministeriums, das bei einem überregionalen Notfall eine einheitliche Lagebewertung erstellt. Bislang war das Strahlenschutzrecht in der auf dem Atomgesetz basierenden Strahlenschutzverordnung und der Röntgenverordnung geregelt. Aus Anlass der Umsetzung einer Euratom-Richtlinie wurden nun erstmals alle Bereiche des Schutzes vor ionisierender Strahlung systematisch in einem Gesetz zusammenfasst.
§ 1 Zweck dieses Gesetzes ist, 1. die Erforschung, die Entwicklung und die Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu fördern, 2. Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen zu schützen und durch Kernenergie oder ionisierende Strahlen verursachte Schäden auszugleichen, 3. zu verhindern, dass durch Anwendung oder Freiwerden der Kernenergie die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet wird, 4. die Erfüllung internationaler Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Kernenergie und des Strahlenschutzes zu gewährleisten.
Am 25. Januar 2017 beschloss das Bundeskabinett den Entwurf eines Strahlenschutzgesetzes. Bisher war das Strahlenschutzrecht in der auf dem Atomgesetz basierenden Strahlenschutzverordnung und der Röntgenverordnung geregelt. Aus Anlass der Umsetzung einer EU-Richtlinie wurden nun erstmals alle Bereiche des Schutzes vor ionisierender Strahlung systematisch in einem Gesetz zusammenfasst. Das neue Strahlenschutzgesetz regelt erstmals den Einsatz von Stoffen oder ionisierender Strahlung zur Früherkennung von Krankheiten. Voraussetzung ist, dass der Nutzen das Risiko der eingesetzten Strahlung überwiegt. Auch der Umgang mit dem Edelgas Radon wird zum Schutz der Bevölkerung in dem Gesetz umfassender geregelt. Außerdem wird der radiologische Notfallschutz optimiert. Alle Behörden und Organisationen, die zur Notfallbewältigung gebraucht werden, müssen ab sofort ihre Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung miteinander eng abstimmen und in Notfallplänen beschreiben. Neu ist zudem die Einrichtung eines radiologischen Lagezentrums unter Leitung des Bundesumweltministeriums, das bei einem überregionalen Notfall eine einheitliche Lagebewertung erstellt. Das Lagezentrum wird auch Koordinierungs- und Meldeaufgaben übernehmen und als Ansprechpartner für Behörden im In- und Ausland und für internationale Organisationen fungieren.
Der Rat der Europäischen Union hat am 5. Dezember 2013 die neue Richtlinie des Rates zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung verabschiedet. Die Richtlinie berücksichtigt den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisstand und bezweckt einen umfassenden Strahlenschutz. Gleichzeitig wurden die Euratom-Richtlinien über den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und von Arbeitskräften, den Patientenschutz, den Schutz externer Arbeitskräfte, die Information der Bevölkerung bei radioalogischen Notstandssituationen und zur Kontrolle hochradioaktiver Strahlenquellen aufgehoben. Die Richtlinie muss innerhalb der nächsten vier Jahre in nationales Recht umgesetzt werden.
Am 1. Oktober 2017 sind die Vorschriften des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG) über das Notfallmanagementsystem von Bund und Ländern, der Schutz der Einsatzkräfte und die Überwachung der Umweltradioaktivität sowie Folgeänderungen im Lebens- und Futtermittelgesetzbuch und anderen Bundesgesetzen in Kraft getreten.
Aufgrund der stetig fortschreitenden medizintechnischen und radiopharmakologischen Entwicklungen in den letzten Jahren werden sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie ionisierende Strahlung und radioaktive Stoffe zunehmend häufiger eingesetzt. Gleichzeitig steigt die Komplexität dieser Anwendungen. Damit erhöht sich aber auch das Risiko von geräte- oder personenbedingten Fehlern, die zu einer Schädigung von Patient*innen oder Personal führen oder zumindest führen können. Zur Sicherstellung eines hohen Qualitätsniveaus bei der Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe am Menschen ist es notwendig, derartige bedeutsame Vorkommnisse im Rahmen der strahlenschutzrechtlichen Aufsicht zu erfassen und zu bewerten. Darüber hinaus ist es erforderlich, die Informationen über derartige Vorkommnisse bundesweit zu sammeln und aufzuarbeiten (retrospektiver Aspekt) sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu veröffentlichen, um eine Wiederholung dieser und ähnlicher Vorkommnisse in anderen Einrichtungen zu vermeiden (prospektiver Aspekt). Bei der vorliegenden Publikation handelt es sich um den fünften Jahresbericht, der zu dem genannten Zweck erstellt und veröffentlicht wurde.
Ziel des Vorhabens Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) führt eine Kohortenstudie mit ca. 64 000 ehemaligen Beschäftigten der Firma Wismut durch. Ziel ist die Abschätzung des Gesundheitsrisikos durch ionisierende Strahlung, Staub und andere Noxen. Im Abstand von fünf Jahren werden die Daten der Kohortenmitglieder (Vitalstatus und ggf. Todesursache) aktualisiert. Das fünfte Mortalitäts-Follow-up verlängert den durchschnittlichen Beobachtungszeitraum der Kohortenstudie auf nun mehr als 40 Jahre. Damit erhöht sich die Aussagekraft der Risikoanalysen. Aufgabenstellung Das fünfte Follow-up der Wismut-Kohorte wurde, nach Beauftragung durch das BfS, von der Diamond (KH) Germany HoldCo GmbH (ehemals Kantar GmbH) durchgeführt. Die Datenerhebung erfolgte gemäß der Vor-gehensweise in den vier vorausgegangenen Follow-up ohne Personenkontakte und wurde mit dem Bundes-beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit abgestimmt. Alle benötigten Informationen wurden über die jeweiligen offiziellen Stellen (Einwohnermeldeämter (EMA), Gesundheitsämter (GA) und Standesämter (StA)) erhoben und in eine bereits bestehende Access-Studiendatenbank eingearbeitet. Methodik und Durchführung Der Vitalstatus wurde in diesem Follow-up für 28 638 Personen zum Stichtag 31.12.2018 ermittelt. Diese werden als „untersuchte Kohortenmitglieder“ bezeichnet. Zur Erhebung des Vitalstatus wurden Melde-registerauskünfte bei den EMA der letzten bekannten Adresse eingeholt. Die postalisch und elektronisch ein-gehenden Rückmeldungen wurden erfasst und in die Studiendatenbank eingespielt. Wurde die angefragte Person als in der Gemeinde lebend ermittelt, ist die Recherche abgeschlossen. War eine Person verstorben, wurden die Sterbedaten dokumentiert. War die Person verzogen, erfolgte eine weitere Anfrage an das für den neuen Wohnsitz zuständige EMA. Dieser Vorgang wurde wiederholt, bis die Person als lebend, verstorben oder als ‚lost‘ ermittelt wurde. Für die als ‚lost‘ codierten Personen, bei denen ein Geburtsort vorlag, wurde die Recherche über das StA des Geburtsortes weitergeführt. Auf Basis der von den EMA erhaltenen Sterbedaten wurden die GA ersucht, Kopien der Todesbescheini-gungen zuzusenden. Alle beim BfS eingegangenen Todesbescheinigungen wurden in der Studiendatenbank erfasst (registriert) und verifiziert, d. h. daraufhin geprüft, ob die Todesbescheinigung eindeutig der ange-fragten Person zuzuordnen ist. Die Todesursachen wurden anhand der Todesbescheinigungen nach ICD-10 verschlüsselt. Ergebnisse Von allen untersuchten Kohortenmitgliedern lagen finale Rückmeldungen vor. Davon wurde mit 83,7 % (23 978) der Großteil als lebend ermittelt, 16,0 % (4 583) waren verstorben. Rund 0,3 % (77) der Kohorten-mitglieder wurden als lost codiert (unbekannt verzogen (20), ins Ausland verzogen (40) oder im Melderegister nicht zu ermitteln (17)). Zu den 4 583 verstorbenen Kohortenmitgliedern sind 4 543 Todesbescheinigungen eingegangen (99,1 % der im fünften Follow-up als verstorben ermittelten Personen); diese wurden registriert und verifiziert. Zu 40 Verstorbenen war keine Todesbescheinigung erhältlich (0,9 %). Zum Zeitpunkt der Berichtslegung (07.10.2021) wurden alle 4 543 Todesursachen nach ICD-10 codiert.
Beobachtungen aus epidemiologischen Studien weisen auf einen möglichen Zusammenhang zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und einem erhöhten Risiko für Leukämie im Kindesalter hin. Auch gibt es Beobachtungen, dass niedrige Dosen ionisierender Strahlung mit einem erhöhten Auftreten von Leukämie in Kindern einhergehen. Für beide Beobachtungen sind bisher keine zufriedenstellenden, wissenschaftlich fundierten Erklärungen gefunden worden. Dies veranlasste das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), die Forschung zu Leukämie im Kindesalter zu intensivieren und den möglichen Ursachen und Zusammenhängen in internationalen Workshops nachzugehen. Im Rahmen des 6. Internationalen Workshops wurde der aktuelle Forschungsstand mit internationalen Experten in einer dreitägigen Veranstaltung umfassend beleuchtet, um sich der Thematik aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven zu nähern, Wissenslücken zu identifizieren und, wo nötig, neue Forschung zu initiieren.
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