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Einfluss von anthropogenen Stickstoffeintraegen in Kiefernbestaenden auf nadelfressende Insekten

Das Projekt "Einfluss von anthropogenen Stickstoffeintraegen in Kiefernbestaenden auf nadelfressende Insekten" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Technische Universität München, Forstwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Angewandte Zoologie durchgeführt. Anthropogen bedingte Stickstoffeintraege in Waelder fuehren zu komplexen Veraenderungen in ihren Oekosystemstrukturen und zur Beeinflussung der Physiologie der Baeume, was eine veraenderte Disposition derartiger Waldbestaende fuer phytophage Insekten zur Folge hat. Der Verlaengerungsantrag schliesst unmittelbar an die begonnenen Arbeiten an und soll die bisher vorliegenden Ergebnisse unter dem Aspekt der vergleichenden Untersuchung der Wirkung von Ammonium-N ueber den Boden-Wurzel-Pfad bzw. der Immission von NH3 ueber den Luftpfad auf die Waldkiefer und die sich daraus ergebenen Konsequenzen fuer den Entwicklungserfolg der phytophagen Schmetterlinge Kiefernspinner (Dendrolimus pini L.) und Nonne (Lymantria monacha L.) erweitern. Mittels Stickstoffduengungsversuche im Freiland bzw. NH3-Begasungen in Begasungskammern werden beide Immissionswege experimentell getrennt und (1) die physiologischen Veraenderungen der Waldkiefer anhand verschiedener insektenrelevanter Nadelinhaltsstoffe charakterisiert sowie (2) die klassischen abundanzbestimmenden Entwicklungsparameter der untersuchten Insektenarten bestimmt und ausgewaehlte Merkmale der Haemolymphe erfasst. Am Beispiel stickstoffbelasteter Kiefern soll hier ein Beitrag zur Klaerung der binaeren Beziehung zwischen Wirtspflanze und zwei ausgewaehlten phytophagen Lepidopteren geleistet werden.

Kapitel 77 Raupenfliegen Rote Listen Sachsen-Anhalt 2020

Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Halle, Heft 1/2020: 911–920 76 Bearbeitet von Joachim Ziegler (3. Fassung, Stand: August 2019) Einführung Die Raupenfliegen sind mit weltweit mehr als 8.500 validen Arten die umfangreichste Familie unter den Fliegen (Diptera: Brachycera). Für Deutschland wurden bisher die Nachweise von 514 Arten pub­ liziert (Tschorsnig & Ziegler 1998, Tschorsnig 2017, Ziegler 2016 und Ziegler et al. 2016) und aus dem Land Sachsen-Anhalt sind bereits 283 Arten bekannt (Ziegler 2016, Ziegler et al. 2016). Das entspricht 55 % aller aus Deutschland gemeldeten Raupenfliegen. Die Zahl der hier vorkommenden Arten dürfte real aber deutlich größer sein und wird sich bei weiterer Forschung auf über 300 erhöhen. Die Larven der Tachinidae entwickeln sich aus- schließlich als spezifische Parasitoide im Körper von Gliederfüßern (meist Insekten). Sie töten ihr Wirtstier am Ende ihrer eigenen Larvalentwicklung. Die häufigsten Wirte sind Schmetterlingsraupen, was den Fliegen die deutsche Bezeichnung Rau- penfliegen eintrug. Aber auch in Blattwespen- und Schnakenlarven sowie in den Larven oder Imagines von Käfern, Wanzen, Heuschrecken, Ohrwürmern und sogar Hundertfüßern entwickeln sich einige Arten. Außerhalb Mitteleuropas ist das Wirtsspekt- rum noch breiter. Die unterschiedlichen Strategien der Tachinidae zur Infestation ihrer Wirte stehen in engem Zusammenhang mit deren Lebenswei- se. Insekten, die von der Fliege nicht direkt belegt werden können, weil sie verborgen im Boden, Holz oder Pflanzenstängeln leben, können von einem speziell angepassten, beweglichen ersten Larven- stadium aktiv aufgesucht werden. Nachts fressende Insektenlarven, die sich am Tage verstecken, wie es einige Schmetterlingsraupen tun, lassen sich auch durch tagsüber an der Futterpflanze abgelegte win- zige Eier infestieren, die bei der Nahrungsaufnahme unbemerkt mit verschluckt werden. Generell ist die Anzahl der Eier bei den direkt wirtsbelegenden Arten geringer (etwa 100 –200 pro Weibchen) als bei den Eiablagen abseits vom Wirt (300 – 8.000). Von einem beträchtlichen Teil der Arten sind noch keine Wirte bekannt. Trotzdem gibt es unter den Tachini- dae wahrscheinlich nur wenige streng monophage Arten. Die Mehrzahl der Raupenfliegenarten gehört wohl zu den oligophagen Arten, die instinktiv einen begrenzten Wirtskreis bevorzugen, aber auch einige andere Wirte erfolgreich parasitieren können. Eine dritte kleine Gruppe bilden die polyphagen Arten, die z. B. aus vielen Schmetterlingsarten mit recht unterschiedlicher Biologie gezogen wurden. Raupenfliegen (Diptera: Tachinidae) Die Größe der Imagines ist sehr unterschiedlich (etwa 2–20 mm) und variiert, ähnlich wie bei an- deren Parasitoiden, auch intraspezifisch stark. Oft handelt es sich um mittelgroße tagaktive Fliegen mit schwarzer Grundfarbe, grauer Bereifung und starker Beborstung. Allerdings sind die Tachinidae in ihren morphologischen Merkmalen heterogener als viele andere Fliegenfamilien. Einige Arten ähneln Sarcophagidae, andere wiederum Muscidae, Rhino- phoridae oder den grünglänzenden Calliphoridae. Ebenso sind eine ganze Reihe Raupenfliegenarten mit ungewöhnlicher kugelförmiger, zylindrischer oder breit abgeflachter Körperform, mit dunkel ge- fleckten Flügeln oder mit auffällig rot, gelb oder me- tallisch gefärbten Körpern bekannt und besonders formenreich in der Unterfamilie Phasiinae zu finden, deren Arten in Wanzen parasitieren. Als Imagines nehmen manche Tachinidae nur Honigtau, Pflanzen- säfte oder Wasser auf. Andere bevorzugen Nektar und haben als eifrige Blütenbesucher durchaus auch Bedeutung als Bestäuber. Allerdings besitzen nur wenige Arten einen verlängerten Rüssel, so dass die meisten Raupenfliegen wegen ihrer kurzen Probo- scis auf Schirmblüten und andere Blumen mit leicht zugänglichen flachen Nektarien angewiesen sind. Blütenreiche und gut strukturierte Saumgesellschaf- ten sind deshalb auch für viele Tachinidae wichtig. Als Parasitoide nehmen die Raupenfliegen eine exponierte Stellung innerhalb des Beziehungsgefü- ges von natürlichen und naturnahen Ökosystemen ein. Aber auch in der Land- und Forstwirtschaft so- wie im Gartenbau können die Tachinidae eine wich- tige Rolle spielen und von Nutzen sein, indem sie die Populationen bekannter Schädlinge wie beispiels- weise Schwammspinner, Frostspanner, Erdeulen, Getreidewanzen, Kiefernspanner, Nonne, Kieferneu- le und Kiefernblattwespen erheblich reduzieren. Der Einsatz von Tachinidae bei der biologischen Bekämp- fung von eingeschleppten Insekten hat vor allem in Nordamerika und in der Karibik einen nennenswer- ten Umfang erreicht. Zur Erhaltung der Raupenflie- gen in der Kulturlandschaft tragen extensivierende Maßnahmen, wie Verzicht auf Pestizide, Förderung oder Schaffung von naturnahen Waldsäumen, He- cken und Ackerrandstreifen sowie Umwandlung von Monokulturforsten in standortgerechte Mischwäl- der, wesentlich bei. Die sehr spezifischen Parasitoide unter den Tachinidae sind besonders gefährdet, da ihre Existenz in hohem Maße von der Siedlungsdich- te ihrer Wirtspopulation abhängig ist. Sinkt diese unter ein kritisches Maß, können die Parasitoide aussterben, auch wenn sich die Wirtspopulation er- holen und weiterbestehen sollte. Für den Schutz der Raupenfliegen sind deshalb alle Maßnahmen, die 911 Raupenfliegen Tab. 1: Übersicht zum Gefährdungsgrad der Raupenfliegen Sachsen-Anhalts. 0 Artenzahl (absolut) 1 Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 0,4 R - - Gefährdungskategorie 1 2 9 7 3,2 2,5 3 28 9,9 Rote ListeGesamt 45 15,9283 Tab. 2: Änderungen in der Anzahl der Einstufungen in die Gefährdungskategorien im Vergleich der Roten Listen der Raupenfliegen Sachsen- Anhalts 2004 und 2020. Gefährdungskategorie 0 – Ausgestorben oder verschollen R – Extrem seltene Arten mit geographischer Restriktion 1 – Vom Aussterben bedroht 2 – Stark gefährdet 3 – Gefährdet Gesamt Rote Liste 2004 (AZ = 263) (absolut) (%) 1 0,4 Rote Liste 2020 (AZ = 283) (absolut) (%) 1 0,4 ---- 6 7 24 382,3 2,7 9,1 14,59 7 28 453,2 2,5 9,9 15,9 ihre Wirtsinsekten begünstigen, von Vorteil. Aus- führlichere Informationen zu den Tachinidae finden sich unter anderem bei Ziegler (2003). Datengrundlagen Für Sachsen-Anhalt ist die Datengrundlage besser als in vielen anderen Gebieten, da hier mit Victor von Röder (1841–1910) und Paul Stein (1852–1921) zwei Dipterologen bereits vor mehr als 100 Jahren umfangreiche Sammlungen zusammengetragen haben. Außerdem konnten in den vergangenen vier Jahrzehnten zahlreiche Untersuchungen durch den Autor vorgenommen werden und darüber hinaus gibt es einige kleinere Publikationen anderer Au- toren, die in der Arbeit von Ziegler (2016) im Detail aufgeführt und ausgewertet sind. Trotzdem ist die Datengrundlage unzureichend. Die Zuordnung zu den Gefährdungskategorien erfolgte deshalb nicht nur aufgrund der Nachweishäufigkeit und des Zeit- abstandes zum letzten Nachweis. Als mitentschei- dend für die Einstufung in der Roten Liste wurde die Bestandsentwicklung der jeweiligen Art im benach- barten Brandenburg und darüber hinaus in ganz Deutschland berücksichtigt. So werden nur relativ wenige eindeutig gefährdete Taxa herausgehoben. Die hier vorgelegte Rote Liste des Landes Sachsen- Anhalt enthält 45 Raupenfliegenarten. Es bestand leider kein Grund die Einstufungen der Tachinidae aus der vorangegangenen Roten Liste von Ziegler (2004) positiv zu verändern. Im Gegenteil, es konnte keine Einzige der in den Kategorien 0 bis 2 eingestuf- ten Raupenfliegenarten in den 15 Jahren zwischen der Veröffentlichung der Roten Liste 2004 und dieser aktuellen Überarbeitung in Sachsen-Anhalt gefun- den werden. Sieben Arten wurden neu eingefügt und Erycia furibunda von Kategorie 3 auf 1 hochge- stuft. Die Determination der Tachinidae erfolgte im Wesentlichen mit dem Bestimmungsschlüssel von Tschorsnig & Herting (1994). Die verwendete Nomen- klatur ist identisch mit der von Ziegler (2016). Bemerkungen zu ausgewählten Arten Nur eine der in der Roten Liste aufgeführten Arten ist mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich als „ausgestorben“ zu werten. Die übrigen gefährdeten Raupenfliegen sind seit Jahrzehnten nicht mehr gefunden worden oder in ihren gegenwärtigen Vorkommen rückläufig. Sie lassen sich grob in zwei ökologische Gruppen einordnen. Knapp 20 der hier aufgelisteten Arten sind stenotope Bewohner von xerothermen Offenlandstandorten. Aber fast eben- so viele gefährdete Tachinidae sind an Waldgebiete oder kühlfeuchtes Offenland gebunden. Die übrigen Raupenfliegen lassen sich nicht einordnen, da von ihrer Biologie zu wenig bekannt ist. Abb. 1: Bithia glirina (Rondani, 1861) wird sehr selten gefunden und ist am ehesten im Juli auf xerothermen Standorten mit Wolfsmilch, der Futterpflanze ihrer Wirte, zu beobachten. Die Imagines sind Blütenbesucher; im Bild ein Weibchen auf Schafgarbe (Körperlänge 7,5 mm). Abb. 2: In der artenreichen Gattung Panzeria haben sich zahlreiche ähnliche Arten entwickelt, die sich morphologisch manchmal nur durch den Bau des männlichen Postabdomens unterscheiden. Biologie und Verbreitung können aber sehr unterschiedlich sein. Panzeria intermedia (Zetterstedt, 1844) wurde in Sachsen-Anhalt über viele Jahrzehnte nicht mehr nachgewiesen. Auf dem Foto ein Männchen auf dem Blatt einer Schlüsselblume (Körperlänge 10 mm) (Fotos: J. Ziegler). 912 Raupenfliegen 1 2 913

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Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39 (2004) Rote Liste der Raupenfliegen (Diptera: Tachinidae) des Landes Sachsen-Anhalt Bearbeitet von Joachim ZIEGLER (2. Fassung, Stand: Februar 2004) Einführung Die Raupenfliegen sind mit weltweit mehr als 8000 Arten die umfangreichste Familie der Fliegen. Auch in Mitteleuropa zählen sie zu den besonders artenreichen Gruppen der Zweiflügler (Diptera). Aus Deutschland sind gegenwärtig mehr als 500 Spezies bekannt (TSCHORSNIG & ZIEGLER 1998ff) und in Sachsen-Anhalt wurden bereits 263 Arten nachgewiesen (ZIEGLER, 1999). Die Zahl der hier vorkommenden Tachinidae dürfte real jedoch noch größer sein und sich bei weiterer intensiver For- schung auf etwa 300-350 Arten erhöhen. Obwohl der auffallend kräftig beborstete Körper vieler „ty- pischer“ mittelgroßer Imagines recht einheitlich eine schwarze Grundfarbe aufweist, die von ei- ner mehr oder weniger starken grauen Bereifung bedeckt wird, sind die Raupenfliegen insgesamt in ihrem Habitus heterogener als viele andere Flie- genfamilien. So gibt es stark abweichende For- men, die breit abgeflacht oder zylindrisch langge- streckt sind, ein borstenloses Abdomen haben und gelb, rot oder metallisch gefärbt sein können. Auch die Körpergröße der Imagines ist sehr unterschied- lich und reicht von knapp 2 bis 20 mm. Sicher er- kennen lassen sich die Raupenfliegen nur bei stär- kerer Vergrößerung unter der Lupe oder dem Bi- nokular. Ihr Merkmal ist der Besitz eines stark entwickelten konvexen Postscutellums, das sie gut von den nahe verwandten Familien abgrenzt. Die Merkmalskombination von deutlichem Postscutel- lum und entwickelter Hypopleuralborstenreihe unterscheidet sie auch von anderen Fliegen. Die Tachinidae sind nicht nur wissenschaftlich in- teressant, sondern auch aus ökologischer und ökonomischer Sicht bedeutsam. Viele Arten sind eifrige Bestäuber, da sie als Imagines zu ihrer Ernährung den Nektar von Blütenpflanzen benö- tigen. Mit Ausnahme einiger Tachinen mit verlän- gerter Proboscis, die auch Korbblütler und ande- re Pflanzen besuchen, finden die meist kurzrüss- ligen Fliegen allerdings nur Zugang zu flachen Nektarien, wie sie vorzugsweise bei Doldenblüt- lern vorhanden sind. Blütenreiche und gut struk- turierte Saumgesellschaften fördern deshalb die Diversität der Raupenfliegen in besonderer Wei- se. Neben geeigneten Blüten oder Honigtau als Nahrungsquellen für die Fliegen findet sich hier als wichtige Voraussetzung ein breites Spektrum potentieller Wirte. Denn die Larven der Tachini- dae entwickeln sich ausschließlich als spezifische Endoparasiten im Körper von Gliederfüßern (meist Insekten). Sie sind Parasitoide, die ihr Wirtstier am Ende ihrer eigenen Larvalentwicklung töten. Die häufigsten Wirte sind Schmetterlingsraupen, was den Fliegen die deutsche Bezeichnung Rau- penfliegen eintrug. Aber auch Käfer, Wanzen, Blattwespen, Heuschrecken, Ohrwürmer, Schna- ken und Hundertfüßer werden von einheimischen Tachinen parasitiert. Zur Infestation des Wirtes verfolgen die Tachinidae unterschiedliche Strate- gien. Am häufigsten werden die Eier oder Larven auf den Wirt oder auf dessen Fraßpflanzen abge- legt, selten mit einem Legebohrer direkt in den Wirt injiziert (ZIEGLER, 2003). Vor allem in Nordamerika werden Raupenfliegen bereits seit Jahrzehnten zur biologischen Bekämp- fung von eingeschleppten Schadinsekten einge- setzt. Auch in der Forst- und Landwirtschaft Mit- teleuropas sind die Tachinen als Parasitoide der Raupen von Schwammspinner, Nonne, Kiefern- eule, Kiefernspanner, Kiefernspinner, Kleinem Frostspanner, Erdeulen und manch anderer Ar- ten von Bedeutung. Auf Flächen mit intensiver land- oder forstwirtschaftlicher Nutzung bleiben ihnen allerdings wenig Wirkungsmöglichkeiten. Dagegen nehmen sie im Beziehungsgefüge na- türlicher und naturnaher Ökosysteme als Regula- tiv eine wichtige Stellung ein. Die spezifischen Parasitoide unter ihnen sind in hohem Maße von der Siedlungsdichte ihrer Wirtsarten abhängig. Sinkt diese unter einen kritischen Wert, können die Parasitoide aussterben, auch wenn die Wirts- population weiterbesteht. Diese spezifische Lebensweise der Tachinen läßt sie als Bioindikatoren besonders geeignet erschei- nen. Dafür spricht auch, dass an die Erfassung der Raupenfliegen keine besonderen methodi- schen Anforderungen gestellt werden. Weiterhin ist auch ihr Artenreichtum und ihre Präsenz in al- len wesentlichen terrestrischen Lebensräumen vorteilhaft. Die Bestimmung der Arten ist allerdings oft schwierig und auch ihre Ökologie und Verbrei- tung sind vielfach noch unzureichend bekannt. Ge- genwärtig ist die Nutzung der Raupenfliegen für die Bewertung von Ökosystemen deshalb nur partiell möglich. Ebenso ist die Einschätzung von Tendenzen in der Bestandsentwicklung und die Erarbeitung von Roten Listen ein Problem, weil die Zahl der Spezialisten extrem klein und die Da- tenlage entsprechend lückenhaft ist. Datengrundlagen Für Sachsen-Anhalt sind die Voraussetzungen relativ gut, da mit Victor VON RÖDER (1841-1910) und Paul STEIN (1852-1921) zwei Dipterologen bereits vor etwa 100 Jahren umfangreiche Samm- " ! Artenzahl (absolut) Anteil an der Gesamtartenzahl (%) 0 1 0,4% Gefährdungskategorie R 1 2 - 6 7 - 2,3 2,7 3 24Rote Liste 38 9,114,5 lungen zusammengetragen haben (vergl. STARK, 1995; STEIN, 1924). Außerdem konnten in den vergangenen zwei Jahrzehnten zahlreiche Unter- suchungen durch den Autor vorgenommen wer- den (vergl. ZIEGLER, 1984, 1993, 1994, 1996, 1999, 2001). Die hier vorgelegte Rote Liste des Landes Sachsen-Anhalt enthält 38 Tachinenarten. Die Zuordnung zu den Gefährdungskategorien erfolg- te wegen der oft ungenügenden Datenlage nicht nur aufgrund der Nachweishäufigkeit und des Zeitabstandes zum letzten Nachweis. Als mitent- scheidend für die Einstufung wurde die Bestands- entwicklung der jeweiligen Art im benachbarten Brandenburg und darüber hinaus in ganz Deutsch- land berücksichtigt. So werden nur relativ wenige eindeutig gefährdete Taxa herausgehoben. Bemerkungen zu ausgewählten Arten Raupenfliegenarten mit geringer ökologischer Valenz sind an spezielle Lebensräume gebunden und gehören zu den besonders gefährdeten Taxa. In diese Gruppe sind vor allem einige Bewohner von xerothermen Offenlandstandorten einzuord- nen. Als typischer Vertreter kann Carcelia falena- ria hervorgehoben werden, deren Wirt Synthomis phegea (Lepidoptera: Ctenuchidae) ebenfalls deutlich rückläufige Tendenzen in der Bestands- entwicklung aufweist. Auch Senometopia confun- dens (Wirt unbekannt) und Pexopsis aprica, ein Parasit des seltenen Rhizotrogus aestivus (Cole- optera: Scarabaeidae) und des nahe verwandten und weiträumig selten gewordenen Maikäfers (Melolontha melolontha) gehören dazu. Weiterhin ist hier der überwiegende Teil der in die Kat. 3 eingestuften Arten zu nennen: Bithia glirina, Brul- laea ocypteroidea, Erycia festinans, Gonia distin- Gesamt 263 Tab. 1: Übersicht zum Gefähr- dungsgrad der Raupenfliegen Sachsen-Anhalts. guenda, G. vacua, Graphogaster nigrescens, Gymnosoma costatum, G. dolycoridis, Istocheta hemichaeta, Phasia aurigera, P. karczewskii und Zeuxia cinerea. Die Art Germaria angustata war in Mitteleuropa bisher nur als typischer Bewoh- ner der Sanddünen von Meeresküsten bekannt. Sie konnte aber in den letzten Jahren in ähnlich strukturierten xerothermen Lebensräumen auch in Sachsen-Anhalt nachgewiesen werden. Auch einige der an kühlfeuchte Waldgebiete ge- bundenen Arten erscheinen gefährdet. So wer- den die Arten Lypha ruficauda (Wirt Hydriomena impluviata - Lepidoptera: Geometridae), Tlephu- sa cincinna (Wirt unbekannt) und Siphona sipho- noides (Wirte Cabera pusaria und Xanthorrhoe bi- riviata - Lepidoptera: Geometridae) gegenwärtig in Deutschland sehr selten beobachtet. Für Sach- sen-Anhalt gibt es für die zwei erstgenannten Ar- ten keine aktuellen Nachweise. Die Wirte dieser Tachinidae kommen (soweit bekannt) auch gegen- wärtig in geeigneten Habitaten hinreichend vor und können deshalb wahrscheinlich nicht ursächlich mit dem Rückgang dieser Raupenfliegen in Zu- sammenhang gebracht werden. Für Baumhaueria goniaeformis (Wirte Eriogaster lanestris, Malacosoma neustria und Lasiocampa trifolii - Lepidoptera: Lasiocampidae), die einzige mit hoher Wahrscheinlichkeit in Sachsen-Anhalt ausgestorbene Raupenfliege, ist keine enge Ha- bitatbindung bekannt und auch die Wirte geben keinen Hinweis auf die Gefährdungsursachen. Es muß gegenwärtig offen bleiben, warum diese Art ihr Areal seit etwa 80 Jahren aus ganz Mitteleur- opa zurückgezogen hat. Art (wiss.)Kat. Allophorocera (=Erycilla) rufipes (BRAUER & BERGENSTAMM, 1891) Baumhaueria goniaeformis (MEIGEN, 1824) Bithia glirina (RONDANI, 1861) Brullaea ocypteroidea ROBINEAU-DESVOIDY, 1863 Carcelia falenaria (RONDANI, 1859) Dufouria occlusa (ROBINEAU-DESVOIDY, 1863) Eriothrix argyreatus (MEIGEN, 1824) Eriothrix prolixa (MEIGEN, 1824) Erycia festinans (MEIGEN, 1824) Erycia furibunda (ZETTERSTADT, 1844) Eurithia intermedia (ZETTERSTADT, 1844) Germaria angustata (ZETTERSTADT, 1844) Gonia distinguenda HERTING, 1963 Gonia vacua MEIGEN, 1826 Graphogaster nigrescens HERTING, 1971 Gymnosoma costatum (PANZER, 1800)2 0 3 3 1 1 1 2 3 3 1 3 3 3 3 3 " " Art (wiss.)Kat. Gymnosoma dolycoridis DUPIUS, 1961 Istocheta hemichaeta (BRAUER & BERGENSTAMM, 1889) Linnaemya olsufjevi ZIMIN, 1954 Lydella ripae BRISCHKE, 1885 Lypha ruficauda (ZETTERSTADT, 1838) Panzeria vagans (MEIGEN, 1824) Peleteria popelii (PORTSHINSKY, 1882) Pexopsis aprica (MEIGEN, 1824) Phasia aurigera (EGGER, 1860) Phasia karczewskii (DRABER-MONKO, 1965) Phorocera grandis (RONDANI, 1859) Ptesiomyia alacris (MEIGEN, 1824) Redtenbacheria insignis EGGER 1861 Senometopia confundens (RONDANI, 1859) Siphona hungarica ANDERSEN, 1984 Siphona rossica MESNIL, 1960 Siphona setosa MESNIL, 1960 Siphona siphonoides (STROBL, 1898) Spallanzania hebes (FALLÉN, 1820) Tachina grossa (LINNAEUS, 1758) Tlephusa cincinna (RONDANI, 1859) Zeuxia cinerea MEIGEN, 18263 3 3 3 2 1 2 2 3 3 3 3 3 1 3 3 3 3 3 2 2 3 Nomenklatur überwiegend nach HERTING & DELY-DRASKOVITS (1993) und ZIEGLER (1999). Literatur HERTING, B. & A. DELY-DRASKOVITS (1993): Family Tachinidae.- In: SOOS, A. & L. PAPP: Catalogue of Palearctic Diptera. Anthomyiidae.- Tachinidae (Budapest), 13: 118-458. STARK, A. (1995): Zu Leben und Werk des Dipterologen Victor von RÖDER (1841-1910).- Studia dipterologica, 2/1: 131-152. STEIN, P. (1924): Die verbreitetsten Tachiniden Mitteleuropas nach ihren Gattungen und Arten.- Archiv für Naturgeschich- te, 90(A)(6): 271 S. TSCHORSNIG, H.P. & B. HERTING (1994): Die Raupenfliegen (Di- ptera: Tachinidae) Mitteleuropas: Bestimmungstabellen und Angaben zur Verbreitung und Ökologie der einzelnen Arten.- Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde, (A)506: 1-170. TSCHORSNIG, H.P. & J. ZIEGLER (1998): Tachinidae.- In: SCHU - MANN, H., BÄHRMANN, R. & A. STARK (Hrsg.)(1998): Check- liste der Dipteren Deutschlands.- Studia dipterologica, Supplement 2. ZIEGLER, J. (1984): Raupenfliegen aus der Umgebung von Dessau (Dipt., Tachinidae).- Deutsche Entomologische Zeitschrift, N. F., 31: 41 - 68. ZIEGLER, J. 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