Das Projekt "Vergleichend-chorologische Untersuchungen ausgewählter Flechtengattungen" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Universität Greifswald, Botanisches Institut und Botanischer Garten durchgeführt. Die Kenntnis der Areale und anthropogener Arealdynamik besitzt einen hohen Stellenwert bei der Bewertung der Biodiversität. Chorologische Untersuchungen liefern Hinweise für die Interpretation des ökologischen Verhaltens und des bioindikatorischen Wertes der jeweiligen Art, außerdem ist die Evaluierung der Schutzwürdigkeit der Flechtenarten nur aufgrund des Bestandes im Gesamtareal möglich. Auch evolutionsrelevante Erkenntnisse können durch chorologische Untersuchungen gewonnen werden. Für die in Europa auftretenden Flechtenarten ausgewählter Gattungen der Lecanorales (Cladonia, Collema, Melanelia, Physconia)und Peltigerales (Nephroma) soll ein Überblick über die Gesamtverbreitung erarbeitet werden. Schwerpunkt der Arbeiten soll die Erstellung von Gesamtverbreitungskarten unter Zuhilfenahme eines GIS und die Abteilung von Arealdiagnosen sein. Auf dieser Grundlage sollen Arealtypen unterschieden werden. Die ausgewählten Gattungen unterschiedlicher taxonomischer Stellung mit ökologisch verschiedenen Arten gewährleisten eine Vielzahl von möglichen Typen. Der Einfluss von thermischen und hygrischen Faktoren sowie von Standortsfakten und anthropogener Beeinflussung soll anhand der Arealbilder herausgearbeitet und diskutiert werden. Außerdem sollen die Zusammenhänge der Arealbildung und -differenzierung innerhalb der Gattungen aufgezeigt werden. Das Projekt erfolgt mit Unterstützung ausländischer Lichenologen, die auf systematischem oder biogeographischem Gebiet tätig sind.
Das Projekt "Die epiphytischen Flechten des Gurnigel-Gantrischgebietes" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Universität Bern, Systematisch-Geobotanisches Institut durchgeführt. Versuch einer quantitativen Qualifizierung eines voralpinen Gebirgswaldes anhand von Flechten. Bestandesaufnahme der Flechtenflora des Gurnigel-Gantrischgebietes; diese wird in bezug gesetzt zu frueheren (bruchstueckhaften) Flechteninventaren des Gebietes. Pflanzensoziologische Beschreibung einiger (autochtoner) Waldgesellschaften des vorerwaehnten Gebietes.Grundlagenforschung in Lichenologie (Flechtenkunde). Diese Untersuchungen koennen als Hilfe zur Beurteilung der Umweltqualitaet verwendet werden.
Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Halle, Heft 1/2020: 77–109 3 Bearbeitet von Regine Stordeur & Hans-Ulrich Kison unter Mitarbeit von Ulf Schiefelbein, Mark Schönbrodt und René Thiemann 3. Fassung (Stand: August 2019) Einleitung Bei den Flechten leben Pilzpartner (Mycobionten, meist ein Ascomycet) und photosynthetisch aktive Partner (Photobionten, 90 % Grünalgen, 10 % Cyanobakterien) in einer mutualistischen Symbiose zusammen. Diese neue Lebensform ist zu bemerkenswerten Leistungen befähigt, die keiner der einzelnen Partner allein bewäl- tigen könnte (Besiedlung ungewöhnlicher, mitunter sogar lebensfeindlich anmutender Substrate, Austrock- nungstoleranz, Kälteunempfindlichkeit, Synthese von sekundären Flechtenstoffen usw.). Der Begriff Lichenicole fasst alle pilzlichen Le- bensformen zusammen, die auf Flechten leben. Diese sind in der Regel nicht lichenisiert, einige wenige von ihnen können jedoch fakultativ mit Photobionten zu- sammenleben. Diese spezielle Symbiose kann je nach Art weitgehend ohne größere Beeinträchtigung der Wirtsflechte existieren (parasymbiontische Lebens- weise), aber auch zu stärkeren Schäden bis zum völli- gen Absterben der Wirtsflechte führen (parasitische Lebensweise). Die hier behandelten Saprophyten sind durch- gängig nichtlichenisierte Pilze, die einerseits eine enge Verwandtschaft zu einigen Flechten aufweisen, andererseits in ihrer Erscheinungsform bestimmten Flechten sehr ähnlich sehen und häufig die gleichen- Substrate (z. B. Baumborke) besiedeln, weshalb sie traditionell in der Lichenologie mitbehandelt werden. Generell ist die Abgrenzung dieser drei Organis- mengruppen nicht so einfach, da sich innerhalb einer Gattung sowohl lichenisierte als auch nicht licheni- sierte Arten und solche, die fakultativ lichenisiert sein können, finden lassen. Die Grenzen sind teilweise fließend, was in der Vergangenheit auch zu unter- schiedlicher Bewertung solcher Arten geführt hat. Dennoch wurde diese Trennung analog der Roten Liste Deutschlands (Wirth et al. 2011) vorgenommen. Die Gesamtartenzahl für Deutschland wird darin mit 2.380 Taxa angegeben, darunter 1.946 Flechten, 390 Lichenicole und 44 Saprophyten. In der letzten Roten Liste von Sachsen-Anhalt (Scholz 2004) wurden von insgesamt 719 für Sachsen-Anhalt nachgewiesenen Arten 433 Taxa (darunter 9 nichtlichenisierte Pilze) behandelt. In der Bestandssituation (Stordeur & Kison 2016), die als erste veröffentlichte Checkliste für Sachsen-Anhalt gelten kann, wurden 911 Flechten taxa, 55 Lichenicole und 13 Saprophyten aufgelistet. Flechten (Lichenes), Lichenicole und Saprophyten Datengrundlagen In den letzten 15 Jahren wurden verstärkt flechten- floristische Untersuchungen durchgeführt, die zu- sammen mit den bereits länger vorliegenden Daten die Grundlage für die aktuelle Einschätzung der in Sachsen-Anhalt vorhandenen Taxa bildete. Insbeson- dere sind hier folgende Aktivitäten hervorzuheben: − Erfassung der Flechten und Lichenicolen im Gebiet des Nationalparks Harz (Czarnota et al. 2014, Kison et al. 2017) und darüber hinaus im gesamten Harz- gebiet, − Projekte zur Erfassung der Flechten und Lichenico- len in verschiedenen Lebensräumen des National- parks, in ausgewählten Heidegebieten und auf ehemaligen Truppenübungsplätzen, im Biosphä- renreservat Karstlandschaft Südharz und auf Streu- obstwiesen sowie an Feldgehölzen, − Examensarbeiten an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (betreut durch R. Stordeur und teilweise H.-U. Kison) (Schönbrodt 2004, Ungethüm 2011, Thiemann 2011, Schröter 2012, Gaberle 2015) , − Datenerhebung zur Bestandssituation der Rentier- flechten (Gnüchtel), − Kartierungen im Rahmen der Frühjahrsexkursionen der Kryptogamenarbeitsgruppe sowie Exkursionen in kleinerem Kreis mit wechselnden Teilnehmern, z. T. mit Unterstützung von Experten aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland, − Sammlungsdaten von Flechten im Rahmen von privaten Exkursionen. Die o. a. Aktivitäten führten zu zahlreichen Neu- und Wiederfunden und somit insgesamt auch zu einem deutlichen Anstieg der Zahl bekannter Arten (Kison 2004, Huneck 2006, Søchting et al. 2007, Stordeur & Schönbrodt 2010, Scholz 2011, Schubert & Stordeur 2011, Czarnota et al. 2014, Stordeur et al. 2015, Kison et al. 2016, Schiefelbein et al. 2017, Stordeur et al. 2018). Die Zusammenstellung der Bestandssituation der Flechten in Sachsen-Anhalt (Stordeur & Kison 2016) stellt eine erste Checkliste für Sachsen-Anhalt und gleichzeitig die wichtigste Grundlage für die Erstel- lung der Roten Liste dar. Diese Checkliste muss aber bereits jetzt um zahlreiche weitere Arten ergänzt werden. Auch eine wiederholte Erfassung der Flech- ten in Halleschen Schutzgebieten (Stordeur 2020) führte zu Neufunden für Sachsen-Anhalt. Alle verfügbaren Daten werden mit WINART, einem vom Landesamt für Umweltschutz (LAU) be- reitgestellten Programm, erfasst und von R. Stordeur und Mitarbeitern des LAU (v. a. K. Lange & P. Schütze) betreut und ausgewertet. In vorliegendem Fall wur- den außerdem mit Hilfe von GIS-Programmen von G. 77 Flechten Seidler (Martin-Luther-Universität Halle) zeitlich dif- ferenzierte Verbreitungskarten aller Taxa erstellt und diese in die Entscheidungsfindung mit einbezogen. Dabei wurde keinesfalls rein schematisch vorgegan- gen. Alle Einstufungen in eine Gefährdungskategorie erfolgten gutachterlich unter Berücksichtigung der Anzahl der Vorkommen bzw. der aktuellen Bestands- situation, der lang- und kurzfristigen Bestandstrends (soweit man das schon beurteilen konnte) und unter Berücksichtigung der Risikofaktoren. Obwohl für die vorliegende Rote Liste konsequent alle Arten gestrichen wurden, die unsicher und durch fehlende Belege nicht mehr überprüfbar waren, konn- ten durch zahlreiche Neufunde in den letzten Jahren insgesamt 1.060 Taxa in die Bewertung einbezogen werden (darunter 957 Flechten, 88 Lichenicole und 15 Saprophyten). Unter den 957 Flechtentaxa befinden sich 14 Sammelarten, 6 Unterarten (Subspecies) und 7 Varietäten. Diese wurden ebenso wie die Arten ein- geschätzt, in den Berechnungen diesen gleichgestellt und nachfolgend nicht extra erwähnt. Die ungewöhnlich hohe Zahl von 856 in die Rote Liste aufgenommenen Taxa (646 davon in eine Ge- fährdungskategorie, 219 in eine der sonstigen Kate- gorien) ist einerseits dadurch bedingt, dass 259 Taxa (darunter 247 Flechten, 7 Lichenicole und 5 Sapro- phyten) bereits als ausgestorben bzw. verschollen geführt werden müssen. Teilweise handelt es sich dabei um Arten, die schon sehr lange (mitunter weit über 100 Jahre) nicht mehr nachgewiesen waren und bereits 2004 in dieser Kategorie geführt wur- den, teilweise aber auch um Arten, die bedingt durch veränderte Umweltbedingungen und Landschafts- nutzung, Zerstörung von Standorten o. ä. neu in diese Gefährdungskategorie eingeordnet werden mussten. Darüber hinaus wurden auf der Grundlage des ge- wachsenen und bisher so nie verfügbaren Kenntnis- standes alle Arten als ausgestorben bzw. verschollen geführt, für die es mehr als 30 Jahre keinen Nachweis mehr gibt. Andererseits sind 136 Taxa (darunter 115 Flech- ten, 17 Lichenicole und 4 Saprophyten) in die Kate- gorie D (Daten unzureichend) eingeordnet worden. Hierbei handelt es sich z. B. um ehemalige Sammel- arten, die erst in letzter Zeit in separate Arten aufge- spalten wurden. Da die älteren Angaben den neuen Taxa oft nicht zuzuordnen sind, bleibt ihre Verbrei- tung unklar und muss erst weiter ermittelt werden. Weiterhin sind in dieser Gruppe Taxa zu finden, von denen nur ein Einzelfund oder ganz wenige Nach- weise vorliegen, die eine sichere Bewertung noch nicht zulassen. Ein Grund hierfür ist, dass wir noch viel zu wenig über die ökologischen Ansprüche dieser Arten wissen. Möglicherweise handelt es sich um in unserem Bundesland sehr selten vorkommende Arten oder solche, die gerade erst wieder ins Gebiet ein- wandern. Sehr oft sind es aber auch sehr unschein- 78 bare Arten, die man nicht gezielt kartieren kann, weil deren Auffinden überwiegend von Zufällen abhän- gig ist. Nicht selten sind es Beifunde, die man erst bei der Bestimmung der gesammelten Proben unter dem Präpariermikroskop bemerkt. Hierzu zählen z. B. Polyblastia-Arten, von denen nur die Fruchtkörper als ein paar winzig kleine dunkle Pünktchen im Subst- rat erkennbar sind (Abb. 1). Wenige kleine schwarze oder andersfarbige Flecken, die auf dem Thallus oder gar nur in den Apothecien von Flechten auftreten, erweisen sich erst bei näherer Untersuchung als Lichenicole (Abb. 2 und 3), während eine leichte Ver- färbung an Baumborke oft erst bestimmbar ist, wenn sich Fruchtkörper entwickelt haben. Sehr unauffällig sind auch die kurzlebigen (ephemeren) Flechten, die meist nur zu bestimmten Jahreszeiten oder unter bestimmten mikroklimatischen Bedingungen (z. B. erhöhte Luftfeuchtigkeit über einen längeren Zeit- raum) und nicht selten erst nach Ausbildung ihrer Fruchtkörper beobachtet werden können. Hierzu ge- hören z. B. Thelocarpon- und Vezdaea-Arten (Abb. 4). Auch die große Anzahl der sich häufig recht ähnlich sehenden Flechten mit wenig differenziertem Thallus und schwarzen Fruchtkörpern (Apo- oder Perithecien, Abb. 5), die in den meisten Fällen eine mikroskopi- sche Untersuchung erforderlich machen, lässt eine normale Kartierung wie bei den höheren Pflanzen nicht zu, sondern erfordert sehr viel mehr Zeit. Nicht unerwähnt bleiben sollen in diesem Zusammenhang auch die zahlreichen Arten, die ohne dünnschicht- chromatographische Untersuchungen nicht sicher bestimmbar sind. Für einige der zur Gruppe der calicioiden Flech- ten und Pilze zählenden Arten musste ebenfalls die Kategorie D vergeben werden, weil bisher oft nur wenige Funde vorliegen. Gemeinsames Merkmal der lichenisierten Vertreter dieser Gruppe, z. B. aus den Gattungen Calicium, Chaenotheca (Abb. 6), Cy- phelium, Thelomma (Abb. 7), ist das Vorhandensein eines Mazaediums, einer staubförmigen Masse, die aus reifen Sporen und Resten von zersetzten Asci und Paraphysen besteht und die meist auf kleinen Stielen sitzenden kegel- oder kugelförmigen Frucht- körper im oberen Teil bedeckt. Die nichtlichenisier- ten Vertreter, z. B. die Gattungen Chaenothecopsis, Microcalicium (Abb. 8), Mycocalicium, Phaeocalicium und Stenocybe, weisen kein Mazaedium auf. Allen gemeinsam ist jedoch ihr Vorkommen in recht ähn- lichen ökologischen Nischen wie luftreine Gebiete, luftfeuchte, aber meist regengeschützte Substra- te, zu denen tiefe Borkenrisse alter Bäume eben- so gehören wie Felsüberhänge. Ihre Persistenz in Waldökosystemen kann immer als Indikator zur Einschätzung der Konstanz bzw. der Naturnähe herangezogen werden. Ein Teil von ihnen wächst bevorzugt an stehendem oder liegendem Totholz. Alte Weidezäune oder Holzpfähle verschwinden zu- 1 mm Flechten 1 1 mm 2 3 Abb. 1: Fruchtkörper (Perithecien) von (Polyblastia philaea) in kalhaltigem Sandboden (Foto: R. Stordeur). Abb. 2: Lichenostigma alpinum (kleine Schwarze Punkte) auf dem Thallus von Pertusaria amara (Foto: H.-U. Kison). Abb. 3: Polycoccum peltigerae auf dem Thallus von Pelti- gera didactyla (Foto: A. Seelemann). 79
Das Projekt "Bryogeographische und mikrooekologische Untersuchungen in den Tessiner Alpen" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Schweizerische Vereinigung für Bryologie und Lichenologie durchgeführt. In einem 1 km2 grossen Untersuchungsgebiet im Val Piora werden an zufaellig ermittelten Rasterpunkten auf einer Flaeche von jeweils 100 m2 alle Moose mit ihren Kleinstandorten nach einem standardisierten Verfahren aufgenommen. Die erhobenen Daten lassen Rueckschluesse zu auf: - Zusammenhaenge zwischen Kleinstandorten, Artenbestand an Moosen und grossraeumig wirkenden Faktoren,- oekologische Ansprueche einzelner Arten in bezug auf ihren Kleinstandort,- Zusammenhaenge zwischen topographischer Kleinstruktur einer Aufnahmeflaeche und ihrer Artenvielfalt,- Zusammenhaenge zwischen phaenotypischer Variabilitaet einzelner Arten und ihren Kleinstandorten.Genaue Kenntnis der kleinstandoertlichen Ansprueche einzelner Arten liefern Grundlagen fuer die Ausarbeitung von Schutzkonzepten fuer Moose.
Frank, D. & Schnitter, P. (Hrsg.): Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt Flechten (Lichenes) und flechtenbewohnende (lichenicole) Pilze Bestandsentwicklung. Stand: März 2016 Regine Stordeur & Hans-Ulrich Kison EinführungBearbeitungsstand Flechten sind symbiontische Organismen, die aus min- destens einem Pilzpartner (Mycobiont) und mindestens einem photosynthetisch aktiven Partner (Photobiont, der bis zu 90 % Grünalgen und bis zu 10 % Cyanobakte- rien enthält) bestehen. Diese Symbiose ermöglicht bei- den Partnern ungewöhnliche, oft auch lebensfeindlich anmutende Substrate zu besiedeln. Andererseits ist die- se fein eingestellte Partnerschaft auch sehr empfindlich gegenüber jeder Veränderung ihrer unmittelbaren Le- bensumstände, weshalb sich nicht nur Luftverschmut- zung (u. a. SO2 , Stickstoffeintrag) sehr negativ auf viele Flechtenarten auswirkt, sondern auch Veränderungen des Groß- und besonders des Mikroklimas. Somit kann das Freistellen eines Standortes durch das Fällen eines Baumes die allmähliche Verbuschung und damit ein- hergehende Beschattung, die Sanierung einer Mauer o. ä. bereits die Vernichtung eines Vorkommens und aufgrund der Seltenheit vieler Arten unter Umständen auch deren Auslöschung im gesamten Bundesland be- deuten. Wirksame Schutzmaßnahmen sind nur möglich, wenn man die Bestandssituation aller Arten im Gebiet kennt. Der Bearbeitungsstand in Sachsen-Anhalt ist je nach Region sehr unterschiedlich und deshalb insge- samt als noch unzureichend einzuschätzen. Es bedarf noch einiger Jahre und Anstrengungen, um ihn als befriedigend ansehen zu können. Dennoch soll hier versucht werden, eine erste Bilanz zu ziehen und die Häufigkeit der Arten und ihre Bestandsentwicklung zu bewerten. Damit wird gleichzeitig eine aktuelle Ge- samtartenliste aller bisher in Sachsen-Anhalt nachge- wiesenen Taxa vorgelegt. In Deutschland sind aktuell rund 2.500 Flechtentaxa, lichenicole (flechtenbewohnende [hierbei kann es sich um parasitische oder parasymbiontische Lebensweisen handeln]) Pilze und einige saprophytische (auf totem organischem Material lebende) Pilze, die traditionell in der Lichenologie mit behandelt werden, bekannt. Die Übergänge zwischen lichenicoler und saprophytischer Lebensweise sind mitunter fließend, da einige Arten im Jugendstadium z. B. auf anderen Flechten parasitieren, nach dem Absterben der Wirtsflechten auf diesen sa- prophytisch leben und schließlich zur rein saprophyti- schen Lebensweise (auf Rohhumus und abgestorbenen Pflanzenteilen) übergehen.Vereinzelte Angaben zur Verbreitung von Arten in unserem Gebiet finden sich in zahlreichen älteren Flo- renwerken. Eines der ersten dürfte Scholler (1775) sein, im 19. Jahrhundert folgten dann Werke von Wall- roth (1831), Körber (1865), Kummer (1883) und die unter dem Namen der jeweiligen Bearbeiter genannten Teile von Rabenhorsts Kryptogamenflora, die über einen längeren Zeitraum erschienen. Parallel dazu be- gann aber auch die intensivere Bearbeitung einzelner Gebiete von Sachsen-Anhalt. So verfasste Schwabe (1839) eine Flora von Anhalt, Sprengel (1832) und Garcke (1856) legten Ergebnisse von Halle und Um- gebung vor. Eine besondere Anziehungskraft für Li- chenologen übten stets der Harz und das Harzvorland aus, sodass zahlreiche Beiträge aus dieser Region exis- tieren, in denen teilweise auch neue Arten beschrieben wurden. Eine frühe Liste (noch ohne konkrete Fund- ortangaben) wurde von Hampe (1837) erstellt, weitere Beiträge stammen von Wedde (1909) und Zschacke (1909, 1922), um nur einige Beispiele zu nennen. Auch in seinen Arbeiten über Moose erwähnt Zschacke immer wieder Flechten (Zschacke 1905, 1911). Wei- tere nennenswerte Arbeiten aus dem Harz stammen von Lampe & Klement (1958) und Schubert & Kle- ment (1961). Reimers (1940, 1950) befasste sich mit den Bunten Erdflechtengesellschaften, die vor allem auf Kalk und Zechstein-Gips im südlichen Harzvorland so- wie im Kyffhäuser, der überwiegend zu Thüringen ge- Thelotrema lepadinum, eine Krustenflechte an alten Baum- stämmen, bevorzugt kühle, luftfeuchte und windgeschützte Standorte. Sie wurde 2013 nach mehr als 170 Jahren wieder nachgewiesen. Ilsetal, 2014, Foto: H.-U. Kison. 59 hört, vorkommen. Aber auch andere Regionen wurden untersucht, so Schönebeck an der Elbe (Kaiser 1907) oder die Region Rothenburg-Könnern im unteren Saaletal (Altehage 1937). Mit Ausnahme von Marstaller, der im Süden von Sachsen-Anhalt zahlreiche Gebiete bearbeitete und in seinen Vegetationsaufnahmen auch stets einige Flech- ten mit erwähnte (z. B. Marstaller 1971, 1987), wur- den in der Folgezeit die Kryptogamen meist im Rahmen von Qualifizierungsarbeiten untersucht. Zu erwähnen sind hier die Diplomarbeiten von Nörr (1968), die die Moosvegetation des NSG Bodetal und des Rübeländer Kalkgebietes untersuchte und auch zahlreiche Flechten mit auflistet, und Wolf (1991), der flechtenfloristische Untersuchungen im Selketal durchführte. Die bisher umfangreichste Arbeit im Harz ist die Dissertation von Scholz (1992). Alle weiteren Arbeiten erfolgten nach dem Jahr 2000, so z. B. die Diplomarbeiten von Schulze (2003) in der Region Harslebener Berge und Steinholz und Ungethüm (2011) im Brockengebiet, die beide von H.-U. Kison vom Nationalpark „Harz“ mit- betreut wurden. Seit Bestehen des Nationalparks bekam die Erfassung der Flechten in dieser Region wieder ei- nen deutlichen Aufschwung (Kison und Mitarbeiter). Gut untersucht ist mittlerweile auch das Stadtge- biet von Halle durch Müller (1992) und Wiederho- lungskartierungen von Schönbrodt (2004), Thie- mann (2011) und Schröter (2012). In den letzten 10–15 Jahren wurde die Erfassung der Kryptogamen auch durch das Landesamt für Umweltschutz gefördert, sodass in zahlreichen Projekten FFH- und weitere in- teressante Gebiete untersucht werden konnten. Dazu zählt beispielsweise die erste flächendeckende Epiphy- tenkartierung von Scholz (1993). Diese ist jedoch durch die drastischen Veränderungen der Luftsituation nach der Wende (Stilllegung von Fabriken, Einbau von Filtern, Umstellung von Kohle- auf Gas- oder Ölhei- zungen usw.) bereits überholt, da viele Arten wieder einwanderten, andere zurückgehen. Durch die vielfäl- tigen Aktivitäten in den letzten Jahren konnten zahlrei- che Arten nachgewiesen werden, die entweder neu für Sachsen-Anhalt oder aber Wiederfunde nach längerer „Abwesenheit“ (meist länger als 50, teilweise weit über 100 Jahre) sind. Bestandssituation Eine erste, allerdings unveröffentlichte Checkliste der Flechten, Flechtenparasiten und verwandter Pilze Sachsen-Anhalts erarbeitete Scholz im Auftrag des Landesamtes für Umweltschutz im Jahre 2000 (Scholz 2000b). Einbezogen wurden nichtpublizierte Angaben und Manuskripte, Literatur, Nachlässe, Herbarbele- ge und Exsiccatenwerke. Insgesamt wurden 789 Taxa aufgelistet, davon sind 676 Flechtenarten und 18 in- 60 fraspezifische Taxa, 24 lichenicole Pilze und zehn sa- prophytische Pilze aufgeführt. Außerdem wurden 61 Taxa genannt, die entweder taxonomisch als unsicher gelten oder deren Vorkommen im Land fraglich ist. Jedoch enthält diese Liste weder Aussagen zur Häufig- keit der Arten insgesamt noch zu ihrem Vorkommen in bestimmten Regionen oder Landschaftseinheiten wie Tief-, Hügel- oder Bergland. Weiterhin ist dieser Liste nicht zu entnehmen, ob es sich um sehr alte Angaben und damit um oft schon ausgestorbene oder verschol- lene Arten handelt oder um aktuelle Vorkommen, da unter Literatur völlig undifferenziert auch die Sekun- därliteratur erfasst wurde, in der oft nur die Funde aus älteren Werken zitiert werden. In der vorliegenden Arbeit werden Angaben zur Häu- figkeit der Arten in den einzelnen Landschaftseinheiten gemacht, eine erste (sicher noch nicht immer perfekte) Einschätzung der Bestandsentwicklung gegeben sowie der jeweils jüngste bekannte Fund genannt. Für Sachsen-Anhalt sind 979 Taxa aufgeführt, zu- sätzlich zu den untergeordneten Taxa wurden fünf sogenannte Sammelarten eingeführt und mit „s. l.“ ge- kennzeichnet, da die Unterarten oder Varietäten in der Vergangenheit meist nicht unterschieden wurden und die älteren Angaben somit nicht exakt zugeordnet wer- den konnten. Für zehn weitere Arten, die ebenfalls mit „s. l.“ gekennzeichnet wurden, werden keine Unterarten oder Varietäten aufgelistet, da solche bisher im Gebiet nicht nachgewiesen, die ehemaligen Unterarten oder Varietäten mittlerweile in den Artrang erhoben oder in die Sammelart eingeschlossen wurden. 911 Taxa sind lichenisiert, also Flechten, 55 zählen zu den lichenicolen und 13 zu den saprophytischen Pilzen. Von den insgesamt 979 Taxa sind 240 bereits ausgestor- ben oder verschollen, d. h. sie wurden mehr als 50 Jahre nicht mehr in Sachsen-Anhalt nachgewiesen. Für 74 Taxa gibt es keine aktuellen Nachweise, d. h. keine Funde ab 2001. Für nicht wenige Arten gibt es bisher nur einen einzigen Nachweis für das gesam- te Bundesland. Hier genaue Zahlen anzugeben, lohnt zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Neben den ohnehin sehr seltenen Arten handelt es sich dabei oft um Taxa, die entweder erst jetzt von vorhandenen Arten abgetrennt wurden und somit schon länger im Gebiet siedeln (hier bedarf es der Überprüfung älterer Belege und zukünftig der exakten Zuordnung bei Geländearbeiten), oder die wieder einwandern und deshalb in Kürze mit weiteren Funden zu rechnen ist. Andererseits sind 43 Taxa Wiederfunde für Sachsen- Anhalt nach längerer Zeit (mindestens 50 Jahre oder länger), davon ist eine Art (Rimularia gyrizans) sogar ein Wiederfund für Deutschland. 105 Taxa wurden als Neufunde bzw. Neunachweise für Sachsen-Anhalt registriert, davon sind drei Arten (Bacidia viridescens, Llimoniella groenlandiae und Micarea nigella) neu für Flechten (Lichenes) und flechtenbewohnende (lichenicole) Pilze Deutschland. Nicht enthalten in dieser Statistik sind die 30 Neu- und Wiederfunde, die erst kürzlich (Czar- nota et al. 2014) veröffentlicht wurden. Für die gegenüber Scholz (2000b) deutlich erhöhte Anzahl an nachgewiesenen Taxa sind im Wesentlichen vier Gründe zu nennen: 1. Verbesserter Kenntnisstand aufgrund zahlreicher taxo- nomischer und molekulargenetischer Untersuchun- gen in den letzten Jahren und damit Vorliegen besse- rer Bestimmungsliteratur. 2. Die deutlich verbesserte Luftsituation (v. a. Reduzie- rung der SO2-Emmissionen) ermöglichte die Wie- dereinwanderung vieler Arten, auch solcher, die in der Roten Liste von Sachsen-Anhalt (Scholz 2004) bereits als ausgestorben oder verschollen geführt wurden. Möglicherweise zeigen sich hier auch schon erste Auswirkungen des Klimawandels. 3. Aufgrund zahlreicher Projekte, gemeinsamer Ex- kursionen mit Spezialisten und im Rahmen der im Frühjahr stattfindenden Kartierwochenenden sowie durch Vergabe von Qualifizierungsarbeiten hat sich der Bearbeitungsstand in den letzten Jahren deutlich verbessert. 4. Die zwischenzeitlich häufig etwas vernachlässigte Gruppe der lichenicolen Pilze findet, nicht zuletzt durch das Vorliegen besserer Bestimmungsliteratur, wieder stärkere Beachtung. Dennoch gibt es für die- se Gruppe noch große Kenntnisdefizite, was sich vor allem darin zeigt, dass viele in Deutschland häufige und weit verbreitete Arten in Sachsen-Anhalt noch nicht nachgewiesen wurden. Bemerkenswert ist, dass 18 Arten, die in der Roten Liste von Sachsen-Anhalt (Scholz 2004) bereits als aus- gestorben oder verschollen eingestuft waren, wieder auf- gefunden werden konnten (z. B. Acrocordia gemmata, Anaptychia ciliaris, Collema dichotomum, Evernia diva- ricata, Icmadophila ericetorum, Lecanactis abietina, Physcia clementei und Thelotrema lepadinum). Analog zu den Moosen ist auch das Vorkommen von Flechten stark abhängig von geomorphologischen und mikroklimatischen Verhältnissen, wobei die Diversität deutlich ansteigt, wenn stark differenzierte Standorte mit einer Vielzahl von möglichen Substraten vorhan- den sind. Die bodenbewohnenden Flechten sind meist darauf angewiesen, dass wenigstens kleine Teilbereiche frei bleiben oder nur lückig mit höherer Vegetation bewachsen sind. Differenzierend wirken sich hier un- terschiedliche Feuchtigkeitsverhältnisse, Expositionen, Verdichtungen, pH-Werte und Mineralstoffgehalte des Bodens aus. Hervorzuheben sind Kalktrockenrasen und Gipsstandorte, auf denen Vertreter der bundesweit gefährdeten Bunten Erdflechtengesellschaft (wie Psora spp., Gyalolechia spp., Diploschistes diacapsis u. a.) sie- deln, aber auch saure und nährstoffarme Heideböden, die zahlreichen Cladonia-, Peltigera- und weiteren Ar- ten Lebensraum bieten. Starke Veränderungen gab es in den letzten 20–25 Jahren in der Epiphytenflora. Während die Ende des vergangenen Jahrhunderts allgegenwärtige und teilwei- se nur noch als einzige Art vorkommende Lecanora co- nizaeoides deutliche Rückgangstendenzen zeigt, da sie hohe SO2-Gehalte nicht nur toleriert, sondern auf ein gewisses Maß sogar angewiesen ist, wandern seit Be- ginn der drastischen Senkung der SO2-Gehalte in der Luft mit nur geringer zeitlicher Verzögerung zahlrei- che, auch sensitivere Arten wieder ein. Überlagert wird dieser Effekt durch eine starke Zunahme der stickstoff- liebenden Arten (wie Physcia-, Polycauliona- und Xan- thoria-Arten), da sowohl der Eintrag von Stickstoffver- bindungen über die Luft als auch aus lokalen Quellen wie Landwirtschaft und Autoverkehr stark zugenom- men hat. Auch bei den Totholzbewohnern ist eine Zu- nahme bzw. Wiedereinwanderung zu beobachten. Epilithische Arten, von denen viele auch gern auf Kunststein oder Beton siedeln, waren in der Vergangen- heit nicht so stark von den hohen SO2-Gehalten der Luft betroffen, da kalkhaltiges Substrat eine gute Pufferwir- kung ausübt. Silikatgesteine sind ohnehin überwiegend sauer und verändern wegen der zumeist harten Struk- tur ihren pH-Wert infolge sauren Regens in der Regel nicht oder nur geringfügig. Sonderstandorte stellen die Kupferschieferhalden dar, die durch unterschiedliche Schwermetallgehalte und in- selartigen Einfluss von Zechsteinkalk mit einer gut ent- wickelten chalkophilen Flechtenflora ausgestattet sind (Acarospora spp., Lecidea inops, Rhizocarpon spp. u. a.). Herausragende Gebiete für die Flechtenflora sind der Harz und das Harzvorland. Vor allem im Oberharz gibt es nicht wenige Arten, die hier für Sachsen-Anhalt entweder ihren Verbreitungsschwerpunkt aufweisen (z. B. Cetraria islandica, Graphis scripta) oder sogar ausschließlich auf den Blockhalden oder in den Kammlagen der Gipfel vor- kommen (z. B. Aspilidea myrinii, Brodoa intestiniformis, Calicium trabinellum, Cetraria sepincola, Cetrariella com- mixta, Sphaerophorus fragilis, Thamnolia subuliformis). Hier finden sich nach wie vor auch sogenannte Eiszeit- relikte, die ebenfalls ausschließlich im Oberharz (Arcto- parmelia centrifuga) oder aber an der Teufelsmauer (Di- melaena oreina) vorkommen. Neben der ausgesprochen reichen geomorphologischen Ausstattung in unterschied- lichen Höhenlagen (Blockhalden, Moore, verschiede- ne Gehölze usw.) und ausreichenden Niederschlägen, kommt vor allem zum Tragen, dass es Gebiete gibt, die schon sehr lange mit Wäldern bestanden sind, die auf Grund der Steillagen keiner Nutzung unterworfen waren, also durchaus als historisch alte Wälder bezeichnet wer- den können. Und schließlich kann der Harz als eines der gut untersuchten Gebiete bezeichnet werden, auch wenn durchaus noch Überraschungen zu erwarten sind. 61
Spezialisten unter extremen Lebensumständen Viele Flechten sind an extreme Umweltbedingungen angepasst. Orte, an denen die meisten Pflanzen und Pilze allein wegen fehlender Nährstoffe oder häufiger Austrocknung nicht existieren könnten, bieten noch Lebensräume für Flechten. Einige Arten sind so kältetolerant, dass sie selbst nackten Fels in der nivalen Höhenstufe der Gebirge besiedeln können. An vielen dieser unwirtlichen Standorte haben Flechten keine Konkurrenz. Flechtenvielfalt und Luftqualität Viele Flechtenarten reagieren empfindlich auf Veränderungen der Luftqualität. Im 20. Jahrhundert gingen die Bestände einiger Flechtenarten aufgrund des hohen Schwefeldioxidgehalts der Luft zurück. Durch die Minderung von Emissionen breitete sich ein Teil der Arten später wieder aus, andere haben sich von den Bestandseinbußen noch nicht erholt. Aktuell setzen besonders die hohen Stickstoffeinträge aus Industrie und Landwirtschaft den Flechten zu. Wie geht es den Flechten? Für die Rote Liste der Flechten Deutschlands aus dem Jahr 2011 wurden 1.946 etablierte Flechtenarten, -unterarten und -varietäten bewertet. Es wurden 714, also rund 37 % aller aus Deutschland bekannten Flechten-Taxa (Arten, Unterarten, Varietäten) als bestandsgefährdet eingestuft, weitere 152 sind bereits ausgestorben oder gelten als verschollen. Wie bedenklich die Situation der Flechten insgesamt ist, wird anhand des Anteils ungefährdeter Taxa deutlich: Für nur etwa ein Viertel der in Deutschland vorkommenden Taxa wird eine Gefährdung sicher ausgeschlossen. Eine Aktualisierung der Roten Liste ist derzeit in Arbeit, eine überarbeitete Referenzliste („Checkliste“) mit mehr als 2.000 Taxa wurde bereits in der Fachzeitschrift Herzogia veröffentlicht. Viele Pilzarten wachsen nur auf ganz bestimmten Substraten oder Wirten. Einige von ihnen haben sich auf Flechten spezialisiert und werden daher als lichenicol oder flechtenbewohnend bezeichnet. Da Funddaten dieser Arten traditionell eher von Flechten- als von Pilzexperten erhoben werden, wird die Gefährdung der flechtenbewohnenden Pilze gemeinsam in einer Roten Liste mit den Flechten bewertet. Für etwa die Hälfte der Arten reichen aktuell die Daten und Kenntnisse noch nicht aus, um die Gefährdung zu beurteilen. 40 Arten werden in der aktuellen Roten Liste als bestandsgefährdet, weitere 16 als ausgestorben oder verschollen angesehen. 80 Arten sind in Deutschland extrem selten, bei 75 Arten ist von ungefährdeten Beständen auszugehen. Flechtenähnliche Pilze werden traditionell von der Lichenologie mitbearbeitet und sind deshalb in dieser Roten Liste enthalten. Von ihnen sind 7 Arten ausgestorben oder bestandsgefährdet, für 66 % reicht die Datenlage nicht für eine Einstufung aus. Aktuelle Rote Liste und Datenportal Wirth, V.; Hauck, M.; Brackel, W. von; Cezanne, R.; Bruyn, U. de; Dürhammer, O.; Eichler, M.; Gnüchtel, A.; John, V.; Litterski, B.; Otte, V.; Schiefelbein, U.; Scholz, P.; Schultz, M.; Stordeur, R.; Feuerer, T. & Heinrich, D. (2011): Rote Liste und Artenverzeichnis der Flechten und flechtenbewohnenden Pilze Deutschlands. – In: Ludwig, G. & Matzke-Hajek, G. (Red.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 6: Pilze (Teil 2) – Flechten und Myxomyzeten. – Münster (Landwirtschaftsverlag). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (6): 7–122. Die Rote-Liste-Daten sind auch als Download verfügbar. Im Datenportal Flechten Deutschlands stehen darüber hinaus Beobachtungsdaten, Kartier-/Artenlisten und Verbreitungskarten zur Verfügung. Eine überarbeitete Checkliste (Stand März 2023) ist bei der Bryologisch-lichenologischen Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa e. V. als Download verfügbar. Artportrait Raue Braunschüsselflechte ( Melanohalea exasperata )