Das Projekt "Pilzsekretome zum effizienten Ligninaufschluss" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Technische Universität Dortmund, Lehrstuhl Technische Biochemie durchgeführt. In Deutschland fallen im Rahmen der landwirtschaftlichen Produktion, der Holzverarbeitung und der Papierherstellung jährlich tausende Tonnen an Stroh- und Holzabfällen an. Diese verholzten Biomaterialien lassen sich allerdings nicht direkt verarbeiten, da die Hauptbestandteile der pflanzlichen Zellwand (Cellulose, Hemicellulosen und Lignin) ein komplexes und widerstandsfähiges, chemisch nur schwer zugängliches Netzwerk bilden. Höhere Pilze besitzen eine in der Natur einzigartige Ausstattung an extrazellulären Enzymen (das Sekretom), welche dieses Netzwerk unter schonenden und umweltkompatiblen Bedingungen aufzuschließen und damit die verschiedenen ökonomisch interessanten Grundbestandteile zugänglich zu machen vermag. In einem neuartigen interdisziplinären Projektansatz soll das extrazelluläre Enzymsystem zweier ausgewählter Pilze qualitativ und quantitativ untersucht werden. Um den in der Natur hocheffizient ablaufenden Kohlenstoffkreislauf abzubilden und gezielt für die biotechnische Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen nutzbar zu machen, werden die Instrumentarien der Biologie, der Chemie und der Verfahrenstechnik kombiniert. Durch die Produktion der Schlüsselenzyme in Pilzzellkulturen wird ein enzymatischer Werkzeugkasten generiert, der für die Bereitstellung von Spezialchemikalien, zur Zellstoffbleichung (Papierherstellung) und zur Produktion von Bioethanol eingesetzt werden kann.
Die im Rahmen des Projektes gewonnenen Erkenntnisse sind von grundlegender Bedeutung und richtungweisend für zukünftige Forschungsvorhaben. Durch eine sich gegenseitig ergänzende Kombination von Enzympräparaten verschiedener Pilze sowie kommerzieller Enzyme wurden erste effektive Enzymcocktails generiert, mit deren Hilfe die partielle Zerlegung von Rapsstroh unter schonenden und umweltfreundlichen Bedingungen gelungen ist. Die Schlüsselenzyme des Substrat-Aufschlusses von P. sapidus und X. polymorpha wurden massenspektrometrisch identifiziert und können nun aus cDNA-Banken kloniert werden. Im Fall von X. polymorphabesteht noch weiterer Forschungsbedarf; zwar ist es gelungen enzymatische Schlüsselaktivitäten anhand photometrischer Tests zu identifizieren, doch konnte aufgrund fehlender Sequenzinformationen in den verfügbaren Datenbanken keine eindeutige Zuordnung der gefundenen Proteinfragmente erfolgen. Dennoch wurde durch das vorliegende Projekt die Grundlage für eine zukünftige heterologe Expression der erforderlichen Schlüsselenzyme gelegt. Diese wiederum bildet die Voraussetzung für den industriellen Einsatz von maßgeschneiderten Enzymcocktails im größeren Maßstab. Durch einen gezielten und gerichteten enzymatischen Aufschluss des Lignocellulose-Polymers wird eine stoffliche Verwertung der entstehenden aromatischen Ligninfragmente möglich werden. Zur strukturellen Charakterisierung dieser Lignin-Abbauprodukte sollen zukünftig spezielle massenspektrometrische und chromatographische Methoden sowie moderne NMR-spektroskopische Verfahren zum Einsatz kommen.