Im niedersächsischen Wattenmeer lassen sich eine Reihe von Beobachtungen machen, die auf eine starke anthropogene Belastung des Ökosystems schließen lassen: Schadstoffkonzentrationen im Sediment und in Biota, die als ökotoxikologisch problematisch gelten; starker Bestandsrückgang der Miesmuschel; Tributylzinn-verursachte sexuelle Veränderungen bei Schnecken; Jahre mit sehr hohen Frühjahrsblüten des Kleinstflagellaten Phaeocystis; Jahre, in denen der Wattenmeerboden mit großflächigen Grünalgenbelägen zuwächst; extremer Rückgang des Seegrasbestandes. Z. T. ist es allerdings schwer, die Folgen extremer meteorologischer Ereignisse von anthropogenen Einflüssen zu trennen. Doch lässt sich anhand der Auswirkungen extremer Witterungsbedingungen zeigen, welche Konsequenzen Schädigungen einzelner Ökosystemkomponenten auf andere Elemente der Lebensgemeinschaft im Wattenmeer haben können. Ähnliches dürfte für anthropogen bedingte Störungen gelten. Einige Kausalitäten zwischen Belastungsfaktoren (meteorologisch wie anthropogen) und Veränderungen im Ökosystem lassen sich zeigen, für andere fehlt bisher der Nachweis. In the Wadden Sea of Lower Saxonia (Niedersachsen) there are numerous observations, which suggest a strong anthropogenic impact to the ecotoxicological relevance; considerable decrease of the standing stock of Blue mussels; alterations to the sexual organs of snails caused by Tributyltin; years with exceptional spring blooms of the nanoflagellate Phaeocystis; vegetation periods, during them, the greenalgae grow to extensive and thick layers; extreme decrease of the occurrence of eelgrass. To some extent however it is difficult to distinguish between strong meteorological events and anthropogenic influences. The effects of extreme weather conditions are nevertheless good examples for the consequences, the damage of one component of the ecosystem causes to other elements of the Wadden Sea community. Some causalities between stress factors (meteorological as well as anthropogenic) and changes in the ecosystem can be identified, but there are also impacts without demonstrable consequences.
Die seit etwa 10 Jahren anhaltende industrielle Erschließung des niedersächsischen Küstengebietes, insbesondere der Ästuare von Ems, Jade, Weser und Elbe. ist wegen zunehmender Belastung der Küstengewässer mit industriellen Abfallstoffen Anlass zu ständiger Sorge. [...] Um Verteilung und Verbleib eingeleiteter Schadstoffe und ihre Wirkung auf die Lebensbedingungen des Küstenvorfeldes abschätzen zu können, wurden u.a. Bestandsaufnahmen von Lebensgemeinschaften und ihren ökologischen Bedingungen zu einer dringenden Notwendigkeit. Diese, von der breiten Öffentlichkeit wenig beachteten oder ihr unbekannt gebliebenen Arbeiten haben in den letzten Jahren erheblichen Einblick in die biologisch-ökologischen Gegebenheiten des Küstennahbereiches erbracht und können in ihrer Gesamtheit als Grundlage zur Beurteilung von Veränderungen der Umweltbedingungen dienen. [...] Im niedersächsischen Küstengebiet ist die Zahl der bereits vorhandenen chemischen und biologischen Untersuchungen, auf welche bei vergleichen Arbeiten zurückgegriffen werden kann, nicht unbeträchtlich. Selbst wenn sie ursprünglich unter anderen Fragestellungen und z. T. schon vor längerer Zeit entstanden sind, haben sie im Sinne der hier behandelten Probleme noch ihren aktuellen Wert. Aus diesem Grunde und um das umfangreiche, in Jahrzehnten erarbeitete Grundlagenmaterial besser zugänglich zu machen, werden die den Verfassern, bekannten veröffentlichten und unveröffentlichten Arbeiten hier zusammengestellt (bis Ende 1975). [...] Zur besseren Veranschaulichung wurden die von den einzelnen Untersuchungen des Küstennahbereichs erfassten Gebiete in Karten eingezeichnet für diesen Zweck in folgende thematische Gruppen gegliedert (Blatt 1: Chemische Untersuchungen des Wassers und des Bodens, Blatt 2: Phytoplankton (einzelliges pflanzliches Plankton) und Zooplankton (ein- und mehrzelliges tierisches Plankton), Blatt, 3: Bodenlebende Mikroflora (vorwiegend Diatomeen und aquatische PiIze) und Makroflora (makroskopische Algen, Seegräser, Pionierpflanzen). Bakterien und pathogene Keime in Wasser und Sediment, Blatt 4: Bodenlebende Mikro- und Meiofauna; verschiedene Gruppen einzelliger und mehrzelliger Tiere, Blatt 5: Malkrofauna des Bodens, Blatt 6: Aufwuchs künstlicher Hartböden. Die Karten zeigen die räumlichen Schwerpunkte der bisherigen Untersuchungen und geben gleichzeitig Auskunft über räumlich noch bestehende Lücken. Jedes Untersuchungsgebiet ist mit einem Hinweis auf den Verfasser und das Jahr der Veröffentlichung bzw. der Abschließung eines unveröffentlichten Berichts versehen. [...] Die Übersicht macht deutlich, dass sich die bisherigen Aktivitäten am stärksten auf die Ästuare konzentriert haben. In thematischer Hinsicht nehmen die Bearbeitungen der makroskopischen Bodenfauna den größten Anteil ein und hiervon wiederum entfällt der überwiegende; Teil auf Untersuchungen im Gezeitenbereich des Wattenmeeres. Als schwerwiegendste Lücke sind wohl die mangelnden Daten, und Kenntnisse über Bodenchemie, Bodenbakteriologie, Plankton sowie Mikro- und Meiofauna den Bodens zu bewerten. Diese Zusammenstellung von biologischen und chemischen Untersuchungen desniedersächsischen Küstenbereichs darf daher nicht darüber hinwegtäuschen, dass trotz reichhaltigenGrundlagenmaterials und erheblicher Fortschritte eine vollständige Übersicht der litoralen Ökosysteme noch nicht vorhanden und insbesondere das Verständnis ihrer Stoffhaushalte noch lückenhaft ist.
„Die vorliegende Studie wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens „Untersuchungen zur Entwicklung von Miesmuschelbänken der niedersächsischen Watten - unter Berücksichtigung der Miesmuschelfischerei” der Ökosystemforschung (ÖSF) Niedersächsisches Wattenmeer begonnen (HERLYN & MICHAELIS 1996) und im Forschungsvorhaben „Erfassung und Dokumentation des Miesmuschelbestandes der niedersächsischen Watten sowie Untersuchung und Bewertung alternativer Methoden zur Besatzmuschelgewinnung” der Niedersächsischen Wattenmeerstiftung fortgeführt. […] Die Miesmuschelfischerei befindet sich durch die Entnahme von Besatzmuscheln in direkter Konkurrenz zu den angewachsenen Beständen muschelfressender Seevögel wie Eiderente, Silbermöwe und Austernfischer und vermindert damit eine ihrer wichtigsten Nahrungsressourcen (NEHLS et al. 1997) im Eulitoral. […] Durch einen starken Brutfall von Mytilus edulis im Frühjahr und Frühsommer 1994 änderte sich die eingangs beschriebene Bestandssituation: Ältere Vorkommen wurden wiederbesiedelt und es entstanden zudem reine Neuansiedlungen. In den vorangegangenen Jahren jedoch hatte weder der vergleichbar starke Brutfall des Jahres 1991 (MICHAELIS et al. 1995) noch die 1993 und 1994 erfolgte, verstärkte Ansiedlung junger Muscheln in bereits bestehenden Bänken die Bestandsentwicklung nachhaltig verändert (HERLYN & MICHAELIS 1996). Diesen Beobachtungen zufolge ist eine wesentliche Ursache für den Bestandsrückgang in der Phase nach der Ansiedlung zu suchen: Was verhindert trotz starken Brutfalls und trotz erfolgreicher Ansiedlung eine wirklich nachhaltige Rekrutierung? In diesem Zusammenhang war es von Interesse, die Entwicklung von Neuansiedlungen des Brutfalles 1994 zu untersuchen. Besondere Berücksichtigung fand die Besatzmuschelgewinnung: Welche Relevanz hat die Befischung eines jungen Miesmuschelvorkommens für seine weitere Entwicklung? […] Der Einfluss der Besatzmuschelentnahme auf die Entwicklung junger Miesmuschelvorkommen wurde durch den Vergleich von acht befischten und zwölf unbefischten Miesmuschelbänken/-bereichen im niedersächsischen Wattenmeer untersucht. Sieben dieser Vorkommen/Bereiche, von denen drei befischt wurden, wurden über einen längeren Zeitraum (von Herbst 1994 bis Herbst 1995) beprobt. Die wesentlichen Ergebnisse: Von 12 unbefischten Bänken/Bankbereichen ist im Jahr nach der Ansiedlung keine/r erloschen, von acht befischten dagegen sind sieben nahezu erloschen oder nicht mehr vorhanden. An den sieben mehrmals untersuchten Bänken/Bankbereichen zeigt sich: Ohne Befischung fand ein allmählicher Rückgang statt, der nicht zu einem Kümmerzustand oder gänzlichen Erlöschen führte. Befischung dagegen hatte raschen Populationsschwund bis hin zum völligen Erlöschen zur Folge. Die Verluste durch Befischung beschränken sich nicht auf die unmittelbar entnommenen (von den Fischern angegebenen) Mengen von Besatzmuscheln. Verluste durch Nebeneffekte übertreffen offenbar die entnommenen Mengen um ein Vielfaches. Eine Wiederbesiedlung von Befischungsspuren aus unbefischten Bereichen heraus findet in der Regel nicht statt. Da von allen bestandsreduzierenden Faktoren allein die Fischerei unmittelbar steuerbar ist, stellen Fangreduzierung und Schonung die einzigen Maßnahmen für eine Wiederherstellung beständiger, eulitoraler Miesmuschelbänke dar.“
„Anfang Januar 1999 ist in Niedersachsen ein Miesmuschelmanagementplan in Kraft getreten, der u. a. eine wissenschaftliche Begleitung der Aufbauphase des Miesmuschelmanagements beinhaltet. Diese findet durch das Projekt „Wissenschaftliche Begleituntersuchungen zur Aufbauphase de Miesmuschelmanagements im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ statt. Die Projektförderung erfolgt durch die Niedersächsische Wattenmeehrstiftung. Ziel des Projektes ist es, die Auswirkungen der Managementmaßnahmen zu dokumentieren und zu bewerten. Zu diesem Zweck werden regelmäßig Bestandserfassungen von Miesmuscheln im Eulitoral mit Hilfe von Luftbildern sowie Geländerarbeiten und Probenahmen durchgeführt. Die Proben werden anschließend im Labor ausgewertet. Die Gesamtbestandserfassung findet jeweils im Frühjahr und die Bestandserfassung an ausgewählten Standorten im Herbst statt. Weiterhin werden Standortfaktoren beurteilt. […] Eine weitere Aufgabe des Projektes ist die Erstellung von halbjährlichen Berichten über Arbeitsinhalte und Stand der Arbeiten und die Vorbereitung der Sitzungen des projektbegleitenden Gremiums. […] Die ersten Ergebnisse der Frühjahrsbestandserfassung wurden vorgestellt. Dieses ist der zweite Projektzwischenbericht mit den Ergebnissen des Untersuchungsjahres 2001.“
„Aufgabe des Projektes „Wissenschaftliche Begleituntersuchungen zur Aufbauphase des Miesmuschelmanagements im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ war, die Auswirkungen der Maßnahmen des Miesmuschelmanagementplans zu dokumentieren und zu bewerten. Um die Projektziele zu erreichen, fanden jährlich flächendeckende Erfassungen des Gesamtbestandes im Frühjahr sowie Bestandserfassungen an ausgewählten Untersuchungsstandorten im Herbst durch Luftbilderfassung und Geländeerhebungen statt. Die Luftbilderfassung diente zur Flächenbestimmung der Miesmuschelbänke und die Geländeerhebungen zur Bestimmung von Biomasse, Abundanz, Altersaufbau, Besatz, Bedeckung, Schillgehalt, Relief, Mächtigkeit des Faeches-/Pseudofaecessockels und Begleitfauna. Des weiteren wurden Dynamik der Miesmuschelbänke sowie Populations- und Standortentwicklung aufgezeigt. Die 1995 begonnene Dokumentation der Miesmuschelstandorte wurde kontinuierlich aktualisiert und 2003 überarbeitet. […] In diesem Abschlussbericht sind sämtliche Ergebnisse enthalten.“