Durch die breite politische Befürwortung der Energiewende und des stetig wachsenden Be stands an Windenergieanlagen (WEA) in Deutschland und Europa gewinnen auch Fragen des Anlagenrückbaus und Recyclings an Bedeutung. Hierbei bestehen auch jenseits des vielbeachte ten Rotorblattrecyclings mit ihren glasfaserverstärkten (GFK) und carbonfaserverstärkten (CFK) Anlagenteilen - welche in der vorliegenden Untersuchung ausgeklammert sind - weitere Herausforderungen, die in diesem Vorhaben betrachtet werden. Zentraler Forschungsgegenstand war dabei die Überprüfung und Bewertung bestehender Ansätze zur Berechnung der Rückstellungsleistungen (§ 35 BauGB) und die Entwicklung von Maßnahmen zur gesicherten Übermittlung von rückbaurelevanten Herstellerinformationen. Grundlage für diese Untersuchungen war dabei die Erfassung der bestehenden gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen sowie Daten, die im Rahmen einer Behörden- und einer Bran chenbefragung erhoben wurden. Basierend auf den Untersuchungen werden Empfehlungen aus gesprochen, die einem effizienten behördlichen Vollzug und einer Etablierung einer guten Rück baupraxis dienen sollen. Ebenfalls wurde untersucht und bewertet, ob sich Elemente der abfallwirtschaftlichen Produktverantwortung auf Rückbau und Recycling von WEA übertragen lassen. Quelle: Forschungsbericht
Der Rückbau von Windenergieanlagen verläuft in Deutschland unterschiedlich. Dadurch könnten Risiken für Mensch und Umwelt entstehen. Zudem kann Verunsicherung den Rückbau verteuern. Eine Studie für das Umweltbundesamt schlägt daher Angleichungen rechtlicher Vorgaben, Prüfung von Rückstellungen sowie Informationspflichten für Hersteller vor. Am Ende der Entwurfslebensdauer einer Windenergieanlage folgt entweder eine Laufzeitverlängerung um wenige Jahre oder ein Rückbau. Das betrifft irgendwann sämtliche der derzeit rund 30.000 installierten Anlagen. Die Studie „Entwicklung eines Konzepts und Maßnahmen zur Sicherung einer guten Praxis bei Rückbau und Recycling von Windenergieanlagen“ ( UBA -Text 48/2023) schlägt eine Harmonisierung von Rechtsvorschriften vor, nennt unterschiedliche Modelle und bietet gute Grundlagen für Genehmigungsbehörden sowie auch die technische Normung. Die Empfehlungen der Studie bieten neben den bestehenden Betreiberverpflichtungen nach Immissionsschutz-, Bau- und Abfallrecht ein schlankes und doch tragfähiges Konzept für Rückbauten. Die Vorschläge sollen die Rückbauplanung und -ausführung unterstützen, ohne die Technikoffenheit und die Fortentwicklung der Abbruchtechnik einzuschränken. Die Vorteile des offen gehaltenen Konzepts liegen in der hohen Individualisierbarkeit – eine vollständige Standardisierung des Rückbaus sei nicht möglich. Als notwendig erachtet die Studie die Nennung von Rückbauten gegenüber den regionalen Bauordnungsbehörden sowie die Austragung deinstallierter Anlagen aus dem Marktstammdatenregister. Das Marktstammdatenregister muss zu jeder Zeit die aktuell installierte Leistung abbilden, regionale Raumordnungspläne müssen den Bebauungszustand der Windfläche jederzeit korrekt wiedergeben. Beide Forderungen sind in Expertenkreisen anerkannt, in der Praxis aber oft nicht umgesetzt. Betreiber und Rückbauunternehmen müssen diese Formalität aufmerksamer erfüllen. Für die Planung von Rückbauten sind genaue und anlagenindividuelle technische Informationen erforderlich, über welche die Hersteller verfügen dürften. In Fachkreisen umstritten ist die Frage nach der Herausgabe dieser Herstellerinformationen für die Rückbauplanung. Gemeint sind damit technische Daten, wie die Anlagenhöhe, der Rotordurchmesser, die Maße und Gewichte der mittels Krans zu senkenden Komponenten, Betriebsmittel und weitere. Bedenken bestehen hinsichtlich der Anforderungen an die Genauigkeit der Angaben, möglicher Veränderungen der Anlagen während der Laufzeit, und mit Blick auf Haftungsrisiken bei Irrtümern. Die Umsetzungsvorschläge der Studie variieren daher zwischen einer Informationsbereitstellung durch die Anlagenhersteller als Voraussetzung für eine Genehmigung und der gänzlich freiwilligen Übermittlung dieser Informationen auf Nachfrage der Rückbauunternehmen. Bei jedem Grad der Verbindlichkeit sind branchenweit abgestimmte und geordnete Datensätze hilfreich, denn sie schaffen Transparenz und gleiche Wettbewerbsbedingungen. Der Herstellerbranche wird daher die Festschreibung eines Informations-standards nahegelegt, nicht zuletzt um Inhalt und Umfang freigegebener technischer Informationen maßgebend zu bestimmen. Im Batterie- und Elektroaltgerätegesetz sowie in den Statuten der freiwilligen Selbstverpflichtung der Schaltanlagenhersteller und SF6-Produzenten ist geregelt, dass für bestimmte elektrische Komponenten sowie chemische Energiespeicher einer Windenergieanlage Regelungen der bestehenden Herstellerverantwortung greifen und die sich selbstverpflichtenden Unternehmen die F-Gase-Entnahme und ihr Recycling bei Bedarf unterstützen. Die gesetzlichen Vorgaben erleichtern somit die Entsorgung der chemischen und elektronischen Komponenten von Windenergieanlagen und entlasten damit auch Anlagenbetreiber und Rückbauunternehmen.
Das Projekt "Entwicklung von Rückbau- und Recyclingstandards für Rotorblätter" wird/wurde gefördert durch: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) , Umweltbundesamt (UBA). Es wird/wurde ausgeführt durch: Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Technische Chemie.Die Studie 'Entwicklung eines Konzepts und Maßnahmen für den ressourcensichernden Rückbau von Windenergieanlagen' (UBA-Texte 117/2020) beinhaltet grundlegende Konzepte für einen ressourcensichernden Rückbau von Windenergieanlagen und zeigt einen Handlungsbedarf für die Aufbereitung und Verwertung von Rotorblattabfällen auf. Aufgrund ihrer Größe sowie der maßgeblichen Anteile an Faserverbundwerkstoffen, z. B. glas- und carbonfaserverstärkten Kunststoffen, sind spezialisierte Aufbereitungsverfahren erforderlich. Diese bestehen in einer emissionsarmen Vor-Ort-Zerkleinerung, in der Aufbereitung der Segmente in spezialisierten Aufbereitungsanlagen sowie in der sachgerechten Verwertung der zurückgewonnenen Materialfraktionen. Neben der Einführung technischer Standards sollen Qualitätsstandards für Rezyklate und eventuelle Ersatzbrennstoffe festgelegt werden. Ferner sind unterschiedliche Konzepte der Organisationsverantwortung zu erörtern, welche das produkt- und branchenspezifische Recycling fördern und eine langfristige Entsorgungssicherheit gewährleisten können. Optional:a) Im Zusammenhang mit Säge- und Zerkleinerungsschritten von Faserverbundwerkstoffen besteht die Frage nach dem Schutz vor freigesetzten Fasern und Stäuben. In einer Literaturrecherche soll der aktuelle Wissensstand zusammengefasst werden, so dass notwendige anlagentechnische Vorkehrungen begründet und frühzeitig in die Planungen einbezogen werden können.
UBA-Studie betrachtet Umweltaspekte des Recyclings alter Windenergieanlagen Mehr als 27.000 Onshore-Windenergieanlagen (WEA) stehen derzeit in Deutschland. Ende 2020 fallen erstmals Anlagen aus der 20-jährigen Förderung gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). In Abhängigkeit von den Bedingungen vor Ort können ältere Anlagen durch leistungsstärkere und effizientere Neuanlagen, die einen höheren Ertrag am Standort erlauben, ersetzt werden (sog. Repowering). Auch ein Weiterbetrieb von Anlagen kann in Frage kommen, wenn technisch und wirtschaftlich möglich. Voraussichtlich ist ab 2021 mit einem verstärkten Rückbau zu rechnen. Hierfür gibt es bislang wenig Erfahrung. Das Umweltbundesamt (UBA) hat deshalb in einem umfangreichen Forschungsprojekt den Stand der Technik untersucht, Recyclingmengen berechnet und die Finanzierung betrachtet. Dabei zeigt sich: Es drohen Engpässe, bei den Recyclingkapazitäten für die faserverstärkten Kunststoffe der Rotorblätter und Risiken für Mensch und Umwelt beim unsachgemäßen Rückbau. Zudem könnten die Rückstellungen der Betreiber für den Rückbau nicht ausreichen. Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes: „Bund und Länder sollten zügig Leitlinien für den Rückbau von Windenergieanlagen erarbeiten. Wir brauchen klare Vorgaben für Rückbauumfang und Rückbaumethoden, um Mensch und Umwelt zu schützen und die Materialien wertvoll zu recyceln.“ Die Rückbauprognose hat die zu erwartenden Abfallmengen beim Rückbau ab 2021 berechnet. Dabei wurde von einer durchschnittlichen Lebensdauer einer Anlage von 20 Jahren ausgegangen – und die Möglichkeit des Weiterbetriebs nicht berücksichtigt. Bei dieser Annahme werden vor allem Beton (maximal 5,5 Millionen Tonnen pro Jahr) und Stahl (knapp eine Millionen Tonnen pro Jahr) beim Rückbau anfallen, aber auch Kupfer und Aluminium. Diese Mengen sind durch die bestehende Recyclinginfrastruktur jedoch gut zu verarbeiten. Ungewissheit gibt es beim zukünftigen Recycling der Rotorblätter. Hier fallen laut Prognose vor allem ab 2024 relevante Mengen an (maximal gut 70.000 Tonnen pro Jahr). Sie sind bislang jedoch schwer zu verwerten. In Deutschland besteht bislang eine einzige Verwertungsanlage für GFK/CFK-Abfälle. Die Studie empfiehlt daher unter anderem auch zu prüfen, ob die Einführung spezifischer Elemente einer abfallwirtschaftlichen Produktverantwortung für Rotorblätter zur Schaffung zusätzlicher Verwertungskapazitäten sinnvoll sein könnte. Betreiber von WEA müssen für den Rückbau Rücklagen bilden. Die Studie hat auch die zu erwartenden Kosten für den Rückbau berechnet. Dabei zeigt sich, dass vor allem ab Mitte der zwanziger Jahre erhebliche Finanzierungslücken bevorstehen: Für das Jahr 2038 wird eine Lücke von über 300 Millionen Euro prognostiziert. Die Studie empfiehlt daher, die Berechnungsgrundlage für die Rücklagen zu überprüfen und die Rücklagen regelmäßig von einem unabhängigen Sachverständigen prüfen zu lassen, ob sie noch dem Stand der Technik und den zu erwartenden Kosten entsprechen. Die Studie untersucht auch, welche Regelungen beim Rückbau von Windenergieanlagen gelten sollten. Während eines Rückbaus haben Umwelt-, Arbeits- und Lärmschutz eine hohe Priorität. Bei der Außerbetriebnahme und der Entnahme von Betriebsflüssigkeiten und -gasen muss entsprechende Sachkunde vorliegen. Der Rückbau sollte grundsätzlich sequenziell erfolgen – Sprengungen oder Verfahren mittels Abrissbirne sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Fundamente, Kabeltrassen und Wege sind möglichst vollständig rückzubauen. Bei Sägearbeiten vor Ort sollte die Staubelastung für Mensch und Umwelt durch Einhausungen sowie Auffangen von staubbelastetem Wasser minimiert werden. Die Vielzahl der unterschiedlichen Anlagenmodelle und -standorte macht es nicht möglich, ein einziges und einheitliches Konzept für den Rückbau von WEA zu erarbeiten. Die Studie empfiehlt daher Maßnahmen, welche einerseits den hohen ökologischen Standard der Branche sichern und andererseits weitgehend technologieoffen Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Sie fasst somit Rahmenbedingungen zusammen und bietet Orientierung für die mit dem Rückbau und Recycling betrauten Betreiber, Unternehmen sowie die überwachenden Behörden.