Insekt des Jahres 2000 ist der goldglänzende Rosenkäfer (Cetonia aurata).
Deutscher Name: Großer Rosen- bzw. Goldkäfer. Bestand scheint sich in den letzten Jahren stabilisiert zu haben, leichter Zuwachs ist anzunehmen. Eine potentielle Gefährdung durch Verlust alter Eichen und anderer Laubbäume in den Lebensräumen bleibt bestehen. Kontinentale Art, im Süden und der Mitte Deutschlands sowie im Osten, fehlt im Norden und Westen (Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Weser-Ems, Schleswig-Holstein), nordwestlichster Vorposten: Niederelbe. Aktuell in Deutschland im Süden und Osten, nördlich bis Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen, Niederelbe, in Ostdeutschland fast ausschließlich östlich der Elbe, aktuell Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg. Ältere Funde aus Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und dem Rheinland. Lokal in Wärmegebieten häufiger. Baumhöhlenbewohner alter lichter Auwälder, Hutewälder etc., besonders Eichen ( Quercus spp.), aber auch andere Laubbäume wie Linden ( Tilia spp.) und Obstbäume werden besiedelt.
Deutscher Name: Gemeiner Rosenkäfer. In allen Regionen vorhanden, nach länger anhaltenden Bestandseinbrüchen heute wieder lokal häufige Art mit stabiler Population. Aktuell in allen Bundesländern, meidet die Nordseeküste und höhere Gebirgslagen. Ursprünglich Art der halboffenen, gebüschreichen Landschaft und Waldsäume, heute als Kulturfolger auch im urbanen Raum in Kompost etc.
Rote Listen Sachsen-Anhalt Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Halle, Heft 1/2020: 711–720 57 Bearbeitet von Werner Malchau (3. Fassung, Stand: Januar 2019) Einführung Nach Schumann (1998, 2004) wird nunmehr die dritte Fassung der Roten Liste der Blatthornkäfer für das Land Sachsen-Anhalt vorgelegt. Zusammenfassend werden hier wie schon zuvor die Familien Trogidae (Erdkäfer), Geotrupidae (Mistkäfer), Ochodaeidae (Trüffelbohrer) und Scarabaeidae (Blatthornkäfer) betrachtet. Die zur Überfamilie der Scarabaeoidea gehörenden Lucanidae (Schröter oder Hirschkäfer) erfahren traditionell im Bundesland Sachsen-Anhalt eine getrennte Beurteilung. Nomenklatorisch wird Löbl & Löbl (2016) gefolgt. Dies schließt ein, dass sich einige Änderungen gegen- über den vorliegenden Zusammenstellungen bei Schumann (1998, 2004, 2016) ergeben. Die zum Fami- lienstatus erhobenen Ochodaeidae werden getrennt eingegliedert. Zudem sind nachfolgend auch die ehe- maligen Untergattungen bei Aphodius als Gattungen berücksichtigt. Insgesamt wird hier eine recht heterogene Kä- fergruppe zusammengefasst, die unter anderem hinsichtlich ihrer Lebensweise stark differenziert ist. So treten neben den koprophagen Arten (z. B. Geo- trupidae, Aphodiini und Onthophagini) auch zahlrei- che phytophage Arten auf. Letztere entwickeln sich an Wurzeln, leben von oberirdischen Pflanzenteilen und können auch xylobiont sein. Vielfach bieten Zer- setzungsprodukte der Pflanzen Voraussetzungen für eine Entwicklung. Blütenbesucher (einige Rutelinae, Hoplia, Cetoniinae) sind ebenso anzutreffen, wie Ar- ten, die an Kadavern (Trogidae) oder Pilzen (Ochodae idae) leben. Blatthornkäfer (Coleoptera: Trogidae, Geotrupidae, Ochodaeidae, Scarabaeidae) Jahrhunderts. Zahlreiche Korrektur- und Ergänzungs- meldungen gegenüber den Angaben bei Köhler & Klausnitzer (1998) seit Beginn des neuen Jahrtausends weisen auf ehemals vorhandene Kenntnislücken hin (z. B. Jung 2001, 2007a/b, Bäse 2007, Malchau 2010, Neumann et al. 2014). Diese Meldungen dokumentie- ren aber auch, dass sich seit Mitte der 1990er Jahre zahlreiche Koleopterologen verstärkt den Blatthorn- käfern gewidmet haben. Einen Meilenstein bildete das von Rössner (2012) erstellte Werk „Hirschkäfer und Blatthornkäfer Ost- deutschlands“. In dieser beispielgebenden Publikation sind alle verfügbaren Daten aus der Literatur, aus Sammlungen der Museen, Hochschulen und Fachkol- legen aufgelistet. Bei Rössner (2012) flossen bereits die Arbeiten der Entomologen-Vereinigung Sachsen-Anhalt (Schnitter et al. 2003, Bäse et al. 2005, Malchau 2009, 2013) und neu publizierte Aufsammlungsergebnisse (Bank & Spitzenberg 2001, Wallaschek et al. 1996, Jung 1998, Neu- mann 2001, 2008, Strobl 2007, Bäse 2008, Gruschwitz 2008) mit ein. Später erstellte Arbeiten zur Blatthorn- käferfaunistik (Bäse 2013a/b, Jung 2015a/b, 2016, 2018, Neumann 2015, Malchau 2015, 2018, Meinecke et al. 2017) und Zuarbeiten von Funddaten der hiesigen Spezialisten an den Autor ergänzen die Datenbasis. Datengrundlagen und Methoden Die Erstellung der Vorgängerversionen der Roten Liste der Blatthornkäfer Sachsen-Anhalts (Schumann 1998, 2004) basierte zunächst auf Publikationen historischer Fangdaten (Eggers 1901, Hillecke 1907, Jacobs 1931–1934), zusammengefasst und ergänzt durch Rapp (1934), Borchert (1951) und Horion (1958). Neuere Ergebnisse konnten dabei vor allem aus der Harzregion und seinem nördlichen Vorland berück- sichtigt werden (Grebenščikov 1982, Jung 1983). Auch wenn Schumann (1998, 2004) zusätzlich auf aktuelle Aufsammlungsergebnisse verschiedener Koleoptero- logen zurückgreifen konnte, induziert die geringe An- zahl an zur Verfügung stehendem Material seit 1950 Defizite zum Kenntnisstand der Blatthornkäferfau- nistik Sachsen-Anhalts gegen Ende des zwanzigsten Karte 1: Verteilung der Nachweise von Blatthornkäfern in Sachsen- Anhalt je Messtischblatt (MTB); Datenbasis Rössner (2012), ergänzt. 711 Blatthornkäfer Insgesamt wurden damit über 5.500 faunistische Daten ausgewertet. Dennoch ist nach wie vor von Wissenslü- cken auszugehen, die vor allem aus räumlichen Dispro- portionen resultieren (Abb. 1). Von 24 MTB sind bisher noch keine Nachweismeldungen eingegangen. Die größten Defizite ergeben sich im Norden des Landes. Hier konnten beispielsweise auf allen nördlich von Stendal ge- legenen 34 MTB nur 212 Datensätze einbezogen werden (durchschnittlich 6,2 Meldungen je MTB). Für das gesam- te Bundesland ist dieser Wert mit 29,0 Nachweisen je MTB um das 4,7-fache höher. Vier MTB weisen mit jeweils über 200 Nachweisen die höchste Datendichte auf. Für die Zukunft sollte es darum gehen, diese Bearbeitungslü- cken zu schließen. Dies beinhaltet auch, eine Datenbank zu erstellen, in der die komplette Einarbeitung des Beleg- materials aus Privatsammlungen Eingang findet. Mit der Erstellung der Roten Listen für die Bun- desrepublik Deutschland wurde ein neuer methodi- scher Standard erarbeitet (Ludwig et al. 2009), der die vorzunehmenden Gefährdungseinschätzungen auf der Basis einer Quantifizierung objektivieren soll. Die- sem durchaus zu begrüßenden Herangehen wurde nicht gefolgt, da die zur Verfügung stehende Daten- basis viel zu gering ist, um belastbare Aussagen zu treffen. So verzichtete auch Schumann (2016) darauf, den einzelnen Arten Trends zur Bestandsentwicklung zuzuordnen. Nachfolgend wird sich an den methodi- schen Vorgaben (Schnitter 2004) zur Erarbeitung der Vorgänger-Roten-Listen Sachsen-Anhalts orientiert, wobei quantitative Aspekte unter zeitlichen Prämis- sen (Vergleich der Anzahl von Funden vor bzw. nach 2000) bei der Einstufung in die Gefährdungskatego- rien durchaus mit gewichtet wurden. Dem Grundsatz, Arten als „Ausgestorben oder verschollen“ zu deklarieren, wenn keine Nachweise aus den letzten 20 Jahren bekannt geworden sind, wurde konsequent gefolgt. Bemerkungen zu ausgewählten Arten Übersichtsmäßig verweist bereits Schumann (2004) auf Besonderheiten der Blatthornkäferfauna in Sachsen- Anhalt. Das Gesamtartenspektrum wird bei Rössner (2012) und Schumann (2016) umrissen. Auf neuere Kenntnisse, die sich vor allem auch mit einer deut- lichen Zunahme von Sammlungs- und Rechercheakti- vitäten begründen lassen, soll nachfolgend familien- bezogen auch unter Beachtung nomenklatorischer Veränderungen (Löbl & Löbl 2016) verwiesen werden. Trogidae Von acht in Deutschland nachgewiesenen Trogiden- Arten gibt es auch für sieben Arten Erwähnungen zu Vorkommen in Sachsen-Anhalt (Rössner 2012). Davon ist jedoch die Meldung für Trox perlatus (Goeze, 1777) als unkorrekt zu streichen (Rössner 2012), so dass sich das hiesige Artenspektrum auf sechs Arten beschränkt (Schumann 2016). Erfreulicherweise gab es für Trox perrisii Wiederfunde (Dietze 2004, Jung 2007, Jung et al. 2016). Nach Schumann (2016) liegen die Vorkommen von Trox eversmannii in Sachsen-Anhalt am Arealrand. Dietze (2004) berichtet über den 2003 getätigten Wiederfund bei Eisleben (mehrfach). Geotrupidae Rössner (2012) und Schumann (2016) nennen sieben Arten dieser Familie, für die Nachweise aus Sachsen- Anhalt bekannt geworden sind. Darunter befindet sich auch Geotrupes mutator, der als „Ausgestorben oder verschollen“ einzustufen ist. Die letzten Nach- weise dieser Art im hiesigen Bundesland gelangen 1960 zwischen Burg und Genthin (vgl. Rössner 2012). Schumann (2016) führt Geotrupes stercorarius als „sehr häufig“. Dieser Einschätzung kann in Anbetracht der vorliegenden Daten nicht gefolgt werden. Zwar bezeichnet Grebenščikov (1982) die Art als im gesamten Gebiet vorkommend (betrifft das nördliche Harzvor- land), doch die sehr geringe Nachweisdichte seit dem Jahr 2000 in Sachsen-Anhalt (vgl. Rössner 2012) lässt eine Einstufung für G. stercorarius als „vom Aussterben bedroht“ notwendig erscheinen. Weder Jung (1983) im nördlichen Harzvorland, noch Bäse (2008, 2013), Mal- chau (2009, 2013, 2015, 2018) und Meinecke et al. (2017) können Funde für G. stercorarius vermelden. Ochodaeidae Ochodaeus chrysomeloides, bei Schumann (2004, 2016) unter Scarabaeidae eingegliedert, ist der einzige sach- sen-anhaltische Vertreter aus der Familie der Ochodaei- dae. Die sehr selten in Erscheinung tretende Art ist aktu- ell bei Freyburg nachgewiesen worden (Rössner 2012). Scarabaeidae Von dieser Familie sind in Sachsen-Anhalt nach Rössner (2012) Meldungen von insgesamt 125 Arten bekannt Abb. 1: Der Walker (Polyphylla fullo) kommt als gefährdete Art vorwiegend auf Sanddünen in der Nähe von Kieferbeständen vor (Foto: D. Rolke). Abb. 2: Zumeist auf Blüten zu finden ist der als „gefährdet“ eingestufte Grüne Edelkäfer (Gnorimus nobilis) (Foto: A. Rössler). Abb. 3: Die bei uns häufiger vorkommende Pinselkäfer-Art (Trichius gallicus = Trichius zonatus) ist nicht gefährdet. Abb. 4: Relativ häufig kann der nicht gefährdete Frühlingsmistkäfer (Trypocopris vernalis) beobachtet werden, der nahezu ungestreifte Flügeldecken hat und mitunter stark metallisch blau gefärbt sein kann (Foto: S. Schönebaum). Abb. 5: Der Eremit oder Juchtenkäfer (Osmoderma eremita) führt ein verstecktes Leben in größeren, mit Mulm gefüllten Baumhöhlen. Er steht nach der FFH-Richtlinie europaweit unter Schutz (Foto: V. Neumann). Abb. 6: Bis zu drei Zentimeter Körperlänge kann der Große Goldkäfer (Protaetia speciosissima) erreichen, der vor allem in lichten Wäldern mit Alteichen nach- gewiesen werden kann (Foto: D. Rolke). 712 Blatthornkäfer 2 1 34 56 713
76 77 44 78 11° 39' 40' 79 44 41' Managementplan für das FFH-Gebiet "Kleingewässer westlich Werlberge" 11° 42' 15 15 58 58 FFH0280LSA (DE 3536 304) 52° 28' Karte 8 - Rote Liste- und sonstige wertgebende Arten – Fundpunkte 52° 28' 0 250 Maßstab 1 : 10.000 500 Auftraggeber: 1.000 m Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Fachbereich 4 14 14 WFk ( ! Ssp ErKr ( ! AeGr LeBa AeJu LeDr CaSp LeDu CoAe LeRu CoHa LeVe ErNa SyDe SySt ( ! ErKr ErKr GrFr , % , % , % _ ^ , % ErKr ( ! WSn Cc Hs * # *# # * # * ( Hdl ! _ ^ % , ( ! Kra Ttb CoAe LeDr CoHa LeVe ErNa LeRu LeDu SyFl FFH-Gebiet GrFr empfohlene FFH-Erweiterungsflächen WO ( ! ,ErKr %% , _ ^ # * Ttb Legende ( ! AeJu LeDu Msp CaSp LeRu ( ! CoAe LeVe CoHa SySt CeAu ! ( Msp LeDr DoPa CeAu GrFr DoPa ErKr ApNi EiSo Xf EuMi JoPu Lc StCe Lc Lc % , , % _ ^ 13 _ ^ * *# # *# ! ( Zm ( ! 52° 27' ErKr Hdl 52° 27' 12 12 58 58 Fundpunkte ( - Rote Liste Sachsen-Anhalt 2004) , % Amphibien (N1, N2) ErKr GrFr 76 44 77 40' 78 41' 79 44 11° 42' Bufo bufo (Erdkröte) - RL V Rana temporaria (Grasfrosch) - RL V _ ^Insekten (N2) ( !Vögel (N2) # *Pflanzen und Pilze (N1) AeGr AeJu ApNi CaSp CeAu CoAe CoHa DoPa EiSo ErNa EuMi JoPu LeBa LeDr LeDu LeRu LeVe StCe SyDe SyFl SySt Hdl Htb Kra Msp Ssp Ttb WFk WO WSn Zm Cc Lc Hs Pcc Xf 11° 39' Topographische Karte 1:10.000 (TK 10) Geobasisdaten © LVermGeo LSA (www.lvermgeo.sachsen-anhalt.de) / 10008 ( ! _ ^ Hs Pcc Kartengrundlage: ,! % ( Hdl Htb 13 Datum der Ausfertigung: April 2012 Zm ( ! Auftragnehmer: Aeshna grandis (Braune Mosaikjungfer) Aeshna juncea (Torf-Mosaikjungfer) - RL 2 Aporophyla nigra (Schwarze Glattrückeneule) - RL 2 Calopteryx splendens (Gebänderte Prachtlibelle) - RL V Cetonia aurata (Goldglänzender Rosenkäfer) Cordulia aenea (Gemeine Smaragdlibelle) - RL V Coenagrion hastulatum (Speer-Azurjungfer) - RL 3 Dorcus parallelipipedus (Balkenschröter) - RL 3 Eilema sororcula (Frühlingsflechtenbär) - RL 3 Erythromma najas (Grosses Granatauge) - RL V Eublemma minutata (Sandstrohblumeneulchen - RL 3 Jodis putata (Heidelbeer-Grünspanner) - RL 3 Lestes barbarus (Südliche Binsenjungfer) - RL 3 Lestes dryas (Glänzende Binsenjungfer) - RL 3 Leucorrhinia dubia (Kleine Moosjungfer) - RL 3 Leucorrhinia rubicunda (Nordische Moosjungfer) - RL 3 Leucorrhinia virens vestalis (Kleine Binsenjungfer) - RL 2 Staurophora celsia (Malachiteule) - RL 2 Sympetrum depressiusculum (Sumpf-Heidelibelle) - RL D Sympetrum flaveolum (Gefleckte Heidelibelle) Sympetrum striolatum (Grosse Heidelibelle) - RL D Lullula arborea (Heidelerche) Columba oenas (Hohltaube) Grus grus (Kranich) (N1, N2) Dendrocopos medius (Mittelspecht) Dryocopus martius (Schwarzspecht) Streptopelia turtur (Turteltaube) Falco peregrinus (Wanderfalke) - RL 3 Asio otus (Waldohreule) Scolopax rusticola (Waldschnepfe) Caprimulgus europaeus (Ziegenmelker) - RL 2 Cantharellus cibarius (Echter Pfifferling) - RL 3 Lycopodium clavatum (Keulen-Bärlapp) - RL 3 Hylocomium splendens (Etagenmoos) - RL 3 Ptilium crista-castrensis (Farnwedelmoos) - RL 3 Xylobolus frustulatus (Mosaik-Schichtpilz) - RL 2 Nachweis 1 (N1) = GISCON/Kronz (2010) Nachweis 2 (N2) = BAB14 FSUVKE14 RANA (2006) Nachweis 3 (N3) = Monitoring LSA (2007)
Frank, D. & Schnitter, P. (Hrsg.): Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt Erdkäfer, Mistkäfer und Blatthornkäfer (Coleoptera: Scarabaeoidea: Trogidae, Geotrupidae, Scarabaeidae) Bestandssituation. Stand: September 2011 Günter Schumann Die Überfamilie der Scarabaeoidea ist eine sehr hete- rogene Käfergruppe, deren Arten sich zum größten Teil phytophag oder coprophag ernähren. Ihre unterschiedli- che Lebensweise, der stark ausgeprägte Sexualdimorphis- mus aber auch die mannigfaltige Körpergestalt und diffe- renzierte Morphologie der Larven bereiteten zahlreiche Probleme in Systematik und Taxonomie. Neuere kom- plexe Betrachtungsweisen (Browne & Scholz 1999) auf der Grundlage von 134 verschiedenen Merkmalssätzen der Imagines, Larven und deren Biologie ergaben ein System von weltweit 13 Familien. Übertragen auf die in Deutschland vorkommenden Arten resultieren die Fa- milen Lucanidae, Trogidae, Geotrupidae, Ochodaeidae und Scarabaeidae. Für die hier abgehandelten Familien kann für Deutschland von 150 bis 176 Arten ausgegan- gen werden. Die gewählte Nomenklatur orientiert sich an Krell & Fery (1992) sowie Köhler & Klausnitzer (1998). Auf dieser Grundlage werden die Familien Tro- gidae (Erdkäfer), Geotrupidae (Mistkäfer) und Scara- baeidae (Blatthornkäfer) behandelt. Bearbeitungsstand, Datengrundlagen Obwohl die Überfamilie der Scarabaeoidea, bedingt durch einige sehr auffällige und allgemein gut bekann- te Arten, wie Mistkäfer, Maikäfer, Nashornkäfer und Rosenkäfer, einen vergleichsweise hohen Popularitäts- grad besitzt, sind faunistische Publikationen bezogen auf Sachsen-Anhalt nur in sehr eingeschränkter Form verfügbar. Der beste Kenntnisstand besteht nach wie vor zum Harz und dem nördlichen Harzvorland sowie zur Region um Halle und zum Magdeburger Raum. Be- sonders wenige Daten liegen bislang aus der Altmark vor. Aufbauend auf den von Wahnschaffe (1883), Eggers (1901), Hillecke (1907), Jacobs (1931–1934) und Rapp (1934) publizierten und für die Region Sachsen-Anhalts relevanten Nachweisen wurde eine Checkliste erstellt, in die die Ergebnisse von Borchert (1951) und Horion (1958) einflossen. Die Beurteilung des Zeitraums bis etwa 1980 basiert im Wesentlichen auf den Befunden von Grebenščikov (1982). Spä- tere Publikationen von Jung (1983), Rössner (1999), Grill et al. (2001) und Malchau et al. (2010) geben wertvolle Ergänzungen. Die Bewertung des jüngeren Zeitraumes erfolgte aus eigener Sammeltätigkeit, ins- besondere aber aus den Sammelergebnissen und Nachweisen von W. Bäse, H. Dietze, W. Gruschwitz, D. Harms, G. Hensel, M. Jung, B. Lehmann, W. Mal- chau, T. Meitzel, E. Rössner, H. Rudoph, P. Scholze, S. Schornack, E. Stolle, P. Strobl, W. Wittsack und anderer hier nicht genannter. Bemerkenswerte Habitate in Sachsen-Anhalt Das Territorium Sachsen-Anhalts bietet mit der in seinen naturräumlichen Haupteinheiten gelegenen Ha- bitatmannigfaltigkeit eine, im Vergleich zu anderen Bundesländern, besonders große Vielfalt. So sind für den Norden im Gebiet des Stendaler Landes einzel- ne Moore und Hangrestwälder bedeutsam, für die Elbtalniederung sind es die Auwaldbestockungen mit verlandeten und abgeschnittenen Flussschlingen. Im Östlichen Harzvorland und in der Börde beeindrucken die Felsfluren des Saaledurchbruchs bei Könnern oder die xerothermen Magerrasen am Süßen See und Stand- ortsonderformen wie einzelne Salzstellen und natürlich der Harz mit seinen verschiedenen Waldbiozönosen im Übergang von kollinen zu submontanen Lagen. Ebenso bemerkenswert ist der dem Harz vorgelagerte Südhar- zer Zechsteingürtel des Thüringer Beckens und seiner Randplatten. Darüber hinaus wird dieses Bild durch die Trockentäler des Unteren und Mittleren Muschel- kalks zwischen Saale und Unstrut weiter ergänzt. Dort liegt auch das reliktartige Vorkommen von Sisyphus schaefferi, einer wärme- und trockenheitsliebenden Art, die sonnige Abhänge und trockene Weideplätze mit Steppencharakter bevorzugt. Im Rahmen ihres paläarktischen und orientalischen Verbreitungsgebietes erreicht sie nur die südlichen, wärmeren Teile Deutsch- lands und hat wahrscheinlich bei uns ihre nördlichste Verbreitungsgrenze. Aus dem gleichen Gebiet liegt auch ein Nachweis von Ochodaeus chrysomeloides durch Jung Variabler Goldkäfer (Protaetia cuprea metallica). München- berg bei Neinstedt, Mai 2008, Foto: G. Schumann. 815 vor. Diese pontisch-pannonische Art tritt auch in ihrem Hauptverbreitungsgebiet im südöstlichen Europa nur stellenweise und sporadisch auf. Erwähnt sei aber auch das relativ stabile Vorkommen von Aphodius piceus auf dem Brocken, einer boreomontanen Art, die von Nord- europa bis nach Sibirien verbreitet und in Mitteleuropa auf Gebirgslagen beschränkt ist. Das zweite bekann- te Vorkommen in Deutschland liegt im Bayerischen Wald.Unter Zusammenfassung aller bislang dem Verfasser vorliegender Literaturdaten und entsprechend neuer Nachweise sind von den insgesamt 122 für Sachsen-An- halt nachgewiesen Arten 98 mit aktuellen Vorkommen belegt. Eine durchaus beachtliche Anzahl, die letztlich Ausdruck der naturräumlichen Vielfalt Sachsen-An- halts ist. Köhler & Klausnitzer (1998) geben unter Berücksichtigung von Aphodius alpinus (Scopoli, 1763), einer montanen Art der alpinen und subalpi- Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani). Colbitz-Letzlinger Heide, 16.5.2014, Foto: V. Neumann.Eremit (Osmoderma eremita). Altengrabow, 28.7.2011, Foto: V. Neumann. Der Schwarze Edelkäfer (Gnorimus variabilis) besiedelt Baumhöhlen mit Mulm, hier auf einer Eiche in der Colbitz-Letzlinger Heide. 12.6.2014, Foto: V. Neumann. 816 Erdkäfer, Mistkäfer und Blatthornkäfer (Scarabaeoidea: Trogidae, Geotrupidae, Scarabaeidae) nen Zone, Anisoplia erichsoni Reitter, 1889, die nicht in Ostdeutschland vorkommt (Rössner 1996) und Anisoplia villosa (Goeze, 1777) 124 Arten für die drei Familien in Sachsen-Anhalt an. Von einer Bewertung der Entwicklung dieser momentanen Bestandssituation in Relation zu den ersten beiden Fassungen der Roten Liste und vorliegenden Nachweisen wurde Abstand genommen, da vormals getroffene Eingruppierungen – die sich häufig nur an wenigen Lokalitäten und de- ren spezifischer Individuendichte orientierten – durch umfassendere Daten, neu zu bewerten sind. Darüber hinaus wird der Bewertungszeitraum als zu kurz ein- geschätzt. Die Zusammenstellung der Daten des Manuskriptes entspricht dem Stand von 2011. Im Hinblick auf die hier abgehandelten Familien sei ausdrücklich auf die Mono- graphie zu den Hirschkäfern und Blatthornkäfern Ost- deutschlands (Rössner 2012) verwiesen. Mit akribisch zusammengetragenen Funddaten aus über einem Jahr- hundert gelang es dem Autor ein hervorragendes Bild nicht nur über Verbreitung und Vorkommen, sondern auch zur Ökologie und Biologie Ostdeutschlands und damit auch Sachsen-Anhalts zu vermitteln. Darüber hinaus wird der neueste taxonomische Stand klar und gut verständlich dargestellt. Literatur Borchert, W. (1951): Die Käferwelt des Magdeburger Raumes. – Magdeburger Forschungen, Bd. II, Mittel- deutsche Druckerei und Verlagsanstalt, Magdeburg, 264 S. Browne, J. & Scholtz, C. H. (1999): A phylogeny of the families of Scarabeaoidea (Coleoptera). – Syst. ento- mol. (Oxford) 24: 51–84. Eggers, H. (1901): Verzeichnis der in der Umgebung von Eisleben beobachteten Käfer. – Insektenbörse (Stuttgart) 18: 1–110. Grebenščikov, I. (1982): Die Fauna der Blatthornkäfer (Coleoptera, Lamellicornia) des nördlichen Harzvor- landes. – Hercynia N. F. (Leipzig) 19: 16–41. Grill, G.; Malchau, W.; Neumann, V. & Schornack, S. (2001): 3.1.4 Coleoptera (Käfer). – Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habi- tatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. – Naturschutz Land Sachsen-Anhalt (Halle) 38 (SH): 35–45. Hillecke, C. (1907): Verzeichnis der Käfer des nördli- chen Harzrandes. – Entomologischer Verein Quedlin- burg und Umgebung, Selbstverlag, Quedlinburg, 40 S. Horion, A. (1958): Faunistik der mitteleuropäischen Käfer, Bd. 6: Lamellicornia (Scarabaeidae-Lucanidae). – August Feyel, Überlingen/Bodensee, 343 S. Jacobs, W. (1931–1934): Käfer auf dem Gebiet von Goslar a. H. – Entomol. Anz. (Wien) 11–14: 37 S. Jung, M. (1983): Zur Fauna der Lamellicornia des Nord- harzvorlandes. – Entomol. Nachr. Ber. (Dresden) 27 (4): 184–185. Krell, F.-T. & Fery, H. (1992): Die Familienreihe La- mellicornia. – In: Lohse, G. A. & Lucht, W. (Hrsg.): Die Käfer Mitteleuropas 13 (2. Supplementband mit Katalogteil.). – Goecke & Evers, Krefeld, S. 200–254. Köhler, F. & Klausnitzer, B. (Hrsg.) (1998): Verzeich- nis der Käfer Deutschlands. – Entomol. Nachr. Ber. (Dresden) Beih. 4: 1–185. Malchau, W.; Meyer, F. & Schnitter, P. (Bearb.) (2010): Bewertung des Erhaltungszustandes der wirbellosen Tierarten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitat- Richtlinie in Sachsen-Anhalt. – Ber. Landesamt. Um- weltschutz Sachsen-Anhalt (Halle), SH 2 (2010): 1–22. Rapp, O. (1934): Die Käfer Thüringens Bd. II. – Selbst- verl., Erfurt, 790 S. Rössner, E. (1996): Morphologie und Verbreitung der „Anisoplia villosa-Gruppe“ in der Bundesrepublik Deutschland (Col., Scarabaeoidea: Rutelidae). – En- tomol. Nachr. Ber. (Dresden) 40 (2): 119–123. Rössner, E. (1999): Besonderheiten der Blatthornkä- ferfauna von Sachsen-Anhalt (Coleoptera, Scarabae- oidea). – Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt (Schöne- beck) 7 (1): 3–8. Rössner, E. (2012): Die Hirschkäfer und Blatthorn- käfer Ostdeutschlands (Coleoptera: Scarabaeoidea). – Verein der Freunde & Förderer des Naturkundemu- seums Erfurt e. V., Erfurt 508 S. Schumann, G. (2004): Rote Liste der Blatthornkäfer (Coleoptera: Trogidae, Geotrupidae, Scarabaeidae) des Landes Sachsen-Anhalt. – Ber. Landesamt. Um- weltschutz Sachsen-Anhalt (Halle) 39: 334–338. Wahnschaffe, M. (1883): Verzeichnis der im Gebiet des Aller-Vereins zwischen Helmstedt und Magde- burg aufgefundenen Käfer. – C. A. Eyraud, Neuhal- densleben, 456 S. Anschrift des Verfassers Dir. u. Prof. Dr. Günter Schumann Eichenring 11 OT Gernrode 06485 Quedlinburg 817
Nur wenige Käfer können es hierzulande in puncto Farbenpracht mit dem Großen Rosenkäfer aufnehmen: Rund zweieinhalb Zentimeter ist Protaetia aeruginosa groß, die Flügeldecken sind ganz glatt und der ganze Körper schillert in einem faszinierenden Grün. Je nach Lichteinfall glänzt die Mitte der Oberseite zudem golden, weshalb dieser größte einheimische Rosenkäfer auch Großer Goldkäfer genannt wird. Der erwachsene Käfer tut sich an Pflanzensaft gütlich, der aus verwundetem Holz austritt, aber auch reifes Obst sagt ihm durchaus zu. Während es solche Nahrungsquellen reichlich gibt, haben es die Larven ungleich schwerer: Sie brauchen den Holzmulm alter Bäume, wobei sie hier alte Eichen bevorzugen. Dort nagen sie sich rund drei Jahre lang beispielsweise durch verlassene Spechthöhlen oder diejenigen Bereiche im Kronenbereich, die rund um abgebrochene Äste entstanden sind. Bemerkenswert ist der Start dieses großen und schweren Käfers: Wenn er urplötzlich losfliegt, kommen wie bei den anderen Rosenkäfern auch die weichen „Flugflügel“ unter den harten Deckflügeln hervor, die geschlossen auf dem Käfer bleiben. Wie können wir dieser Art helfen? Im Süden Deutschlands kommt der Große Rosenkäfer recht verbreitet vor, wie die Biologen sagen – was allerdings keineswegs heißt, dass er häufig ist. Im Gegenteil: er ist der wohl seltenste Rosenkäfer hierzulande, in Baden-Württemberg gilt er als stark gefährdet. Das hängt zweifellos auch mit dem schwindenden Lebensraum für die Larven zusammen: Alte Eichen und andere Baumriesen mit dürren Ästen dürfen kaum noch stehenbleiben, weder im Wald noch in Parkanlagen, wo sie als potenzielle Gefahrenquelle für Fußgänger oft genug gestutzt werden. Wenn man dem Großen Rosenkäfer und anderen auf totes Holz angewiesenen Tierarten helfen will, dann muss man solche Baumsenioren stehen lassen. Möchten Sie aktiv werden für den Großen Rosenkäfer? Setzen Sie sich für den Erhalt alter Bäume ein – das sind nicht nur beeindruckende Zeugen vergangener Zeiten, sondern auch unersetzliche Lebensräume für viele Insekten, Vögel und Säugetiere. An der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) wird derzeit ein Altholz-Totholz-Habitatbaum-Projekt zur Integration alter Bäume in die naturnahe Waldwirtschaft durchgeführt. - zurück zur Übersicht der Käfer-Artensteckbriefe -
Informationsseite zur Taxonomie und Schutzstatus von Protaetia fieberi (KR., 1880) (Fiebers Goldkäfer)
Informationsseite zur Taxonomie und Schutzstatus von Protaetia affinis (ANDERSCH, 1797) (Ähnlicher Goldkäfer)
Informationsseite zur Taxonomie und Schutzstatus von Protaetia aeruginosa (DRURY, 1770) (Großer Goldkäfer)