Deutschlands wichtigster Trinkwasserspender und Garant für Ökosysteme muss dauerhaft geschützt werden Der Internationale Tag des Wassers 2022 steht unter dem Motto “Groundwater: Making the Invisible Visible – Unser Grundwasser: der unsichtbare Schatz”. In Deutschland werden rund 70 Prozent des Trinkwassers aus Grund- und Quellwasser gewonnen. Unsere Ökosysteme, vor allem die Wälder, sind auf eine ausreichende Menge an Grundwasser angewiesen. Deshalb kürt das Umweltbundesamt „Grundwasser“ zum Gewässertyp des Jahres 2022. Verunreinigungen, zum Beispiel durch Nitrat oder Pflanzenschutzmittel, Klimawandel und Wasserentnahmen gefährden die Qualität und Menge dieses lebenswichtigen Gutes. In den Sommern 2018 und 2019 führten die geringen Niederschläge und die Hitze bei gleichbleibenden und teils steigenden Wasserentnahmen dazu, dass viele Grundwasserspiegel sanken. Das hatte vielerorts große Ertragsverluste in der Landwirtschaft und negative Auswirkungen für die Wälder zur Folge. Deshalb sind Maßnahmen zu ergreifen, um das verfügbare Wasser wieder länger in der Landschaft zu halten und den Landschaftswasserhaushalt zu stabilisieren. Die Qualität des Grundwassers wird hierzulande insbesondere durch hohe Nitrat- und Pflanzenschutzmittel-Einträge gefährdet. Rund ein Drittel der Grundwasserkörper in Deutschland sind wegen zu hoher Nitratbelastung in einem schlechten chemischen Zustand. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln lassen sich an mehr als jeder zweiten Messstelle nachweisen. Um Grundwasser auch weiterhin ohne teure Aufbereitung als Trinkwasser nutzen zu können, dürfen in Zukunft deutlich weniger Nitrat und Pflanzenschutzmittel ins Grundwasser gelangen. Auch aus ökologischer Sicht ist das Grundwasser Gewässertyp des Jahres: Der Untergrund ist ein wichtiger nutzbarer Wasserspeicher und Lebensraum, den eine vielfältige Organismengemeinschaft besiedelt. Im Grundwasser erstreckt sich das wohl größte von Süßwasser bestimmte Ökosystem weltweit. Dabei hat das Grundwasser wichtige Funktionen im globalen Wasserkreislauf. Zum Beispiel leben dort für uns nicht sichtbar zahlreiche Grundwassertiere, die sich in den wassergefüllten Lücken und Klüften des Untergrundes bewegen und diese offen halten und so wichtige Beiträge zur Grundwasserqualität leisten. Auch diese Lebewesen müssen vor Belastungen durch schädliche Chemikalien und durch Temperaturveränderungen geschützt werden.
Im Forschungsvorhaben "Umweltverträgliche Nutzung geothermischer Wärmespeicher" wurde untersucht, welche temperaturbedingten Einflüsse unterirdische thermische Energiespeicher auf die Grundwasserqualität haben. Die Abschätzung der thermischen Auswirkungsräume erfolgte mit numerischen Modellierungen. Temperatureinflüsse auf hydrochemische Prozesse wurde mit analytischen Gleichungen berechnet. Anhand umfangreicher Literaturstudien wurden Temperaturschwellenwerte abgeleitet und ein Prüfschema vorgeschlagen. Aufgrund der hohen Temperaturempfindlichkeit der Grundwasserfauna ist die tolerierbare Temperaturspreizung in sauerstoffreichen Grundwasserleitern stärker einzuschränken als in sauerstoffarmen Grundwasserleitern, wo ohne Sauerstoff keine Grundwassertiere vorkommen. In diesen können sich die Mikroorganismen leichter an veränderte Umgebungsbedingungen anpassen. Veröffentlicht in Texte | 113/2022.
Um den fossilen Energieverbrauch zu reduzieren, sind unterirdische thermische Energiespeicher (UTES), auch Geothermische Wärmespeicher (GTS) genannt, ein Baustein in der Transformation der Wärmeversorgung und Kühlung. Die Speisung solcher Speicher soll über erneuerbare Energieträger und anderweitige Abwärme erfolgen. Das Grundwasser wird dabei thermisch beeinflusst. Der thermische Auswirkungsraum von UTES wurde mit numerischen Simulationen zur saisonalen Pufferung und Wärmespeicherung, zur Gebäudeklimatisierung und zur Nutzung von Überschussstrom (Power-to-Heat) systematisch untersucht und veranschaulicht. Auswirkungen von Temperaturänderung auf hydro- und geochemische Prozesse und die Grundwasserökologie wurden unter Einbeziehung umfangreich recherchierter Fachliteratur untersucht. In sauerstoffreichen (oxischen) Süßwasser-Aquiferen im Lockergestein bedingt die hohe Temperaturempfindlichkeit der Grundwasserfauna zu ihrem vorsorglichen Schutz und zur Aufrechterhaltung ihrer Ökosystemleistungen engere Temperaturschwellen, um Auswirkungen geringfügig zu halten. Weniger restriktive Temperaturgrenzen sind für sauerstoffarme (anoxische) Aquifere ableitbar, in denen sich ein Mikrobiom flexibler an Veränderungen von Wassertemperatur und -beschaffenheit anpassen kann. Mit den abgeleiteten thermischen Geringfügigkeitsschwellen ist eine nachhaltige Bewirtschaftung des Grundwassers auch mit geothermischen Wärmespeichern möglich. Die aufgezeigten Beispiele erleichtern involvierten Planern und Fachleuten im Bereich Geologie, Hydrogeologie, Grundwasserökologie, Geothermie sowie in Behörden eine Abschätzung der thermischen Ge-ringfügigkeit. Thermische Geringfügigkeit bedeutet, dass durch die Nutzung geothermischer Speicher keine nachteiligen Umweltauswirkungen für das Grundwasser bestehen. Quelle: Forschungsbericht
Das Projekt "Teilprojekt 6" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Bundesgeschäftsstelle Berlin durchgeführt. Das Ziel des Verbundvorhabens CHARMANT ist die Entwicklung eines Verfahrens für ein integratives Grundwassermanagement und Planung von Grundwassernutzungen in komplexen urbanen Gebieten unter besonderer Berücksichtigung von thermischen Einflüssen auf das Ökosystem Grundwasser. Das Teilvorhaben Umweltkommunikation sensibilisiert die Öffentlichkeit für das Grundwasserökosystem und seine Leistungen, erweitert die örtliche Datenlage zur Grundwasserfauna und fördert die Mitwirkung der Zivilgesellschaft, um die Anwendung der Projektarbeiten zu unterstützen. Es werden 6 Runde Tische und Workshops für Entscheidungsträger*innen, Wissenschaft und Stakeholdern inkl. den Umweltverbänden angeboten, um konkrete lokale Praxis- und Managementfragen des Projektverbundes zu klären (z.B. Beiträge zu Handlungsempfehlungen, Verknüpfung mit AP 1, AP 3, AP 4, AP 5, AP 6). Die Sitzungen sind an 6 Beteiligungswerkstätten gekoppelt, damit auch Bürger*innen Ortswissen und Anregungen zu den Fragestellungen einbringen können. Flankierend finden im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit 20 Dialogveranstaltungen mit faunistischen Beprobungen an Berliner Brunnenstandorten statt, um lokale Akteure (z.B. Schulen) anschaulich an das Ökosystem und das örtliche Management der Grundwassererwärmung heranzuführen. Gleichzeitig trägt das Angebot zur Umsetzung des Citizen Science Vorhabens an mindestens 25 Schwengelpumpen und Grundwassermessstellen bei, wo z.B. regelmäßig die räumliche Verteilung der Grundwasserfauna ermittelt wird. Die Ergebnisse fließen in ein öffentliches Datenportal ein. Durch Schulungen und die Bereitstellung von Care-Paketen werden Mitwirkende qualifiziert und ausgerüstet. Die Bürgerwissenschaftler*innen tauschen sich bei Vernetzungstreffen über Erfahrungen zu den praktischen Werkzeugen des Projektverbundes und mögliche Weiterentwicklungen aus (z.B. Bewertungskriterien).Die Bearbeitung des Arbeitspaketes erfolgt unter der Leitung des BUND unter Beteiligung von SenUMVK, der MLU und des KIT.
Das Projekt "Teilprojekt 4" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Zweckverband Landeswasserversorgung, Betriebs- und Forschungslabor durchgeführt. Während 95,7 % des Grundwassers einen guten mengenmäßigen Zustand haben, verfehlen 36 % einen guten chemischen Zustand. Gründe hierfür sind punktuelle Belastungen durch z.B.Altlasten und Abwassereintragung, sowie Stoffeintrag aus diffusen Quellen wie Verkehr und Landwirtschaft. Zudem wurden im Grundwasser anthropogene Spurenstoffe wie Antibiotika, Pharmaka und perfluorierte Stoffe (PFAS) festgestellt. Das Ziel von gwTriade ist daher ein integriertes Bewertungskonzept spezifisch für Grundwasserbewertungen zu entwickeln. Dies soll in Form eines innovativen Triade-Ansatzes (ökotoxikologische Bewertung, chemische Analytik und Erfassung der Faunadiversität) erfolgen. Das Triade-Konzept basiert auf der Erkenntnis, dass weder chemische Analytik, Biotests noch Untersuchungen der Biozönose allein ausreichen, um den ökologischen Zustand umfassend zu bewerten. Vielmehr ist eine Kombination aller drei Säulen für eine Bewertung möglich. Solche Triade-Ansätze wurden bereits erfolgreich für Oberflächengewässer und Sedimentbewertungen eingesetzt und sollen hier erstmalig auf die Untersuchung von Grundwasser übertragen werden. Durch eine solche Anwendung wäre gwTriade national und international das erste Konsortium, welches die Bewertung von Grundwassersystemen umfassend durchführen kann. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Entwicklung von allgemein anwendbaren Best-Practise-Methoden gelegt. Zudem sollen Konzepte und Methoden zur Grundwasserqualitätsbewertung entwickelt werden, die leicht auf andere Regionen übertragen werden können und somit einen Grundstein für eine spätere Verwertbarkeit des Triade-Ansatzes auf regulatorischer Ebene legen. Das Teilprojekt 4 widmet sich dabei insbesondere dem Screening nach Kontaminanten in Grundwasser, die als Indikatoren für die Gefährdung der Grundwasserfauna dienen können. Dies ist verbunden mit der Erweiterung der Analytik auf bisher nicht oder wenig erfasste (hoch)polare Stoffe.
Das Projekt "Teilprojekt 2" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Universität Freiburg, Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften, Professur für Hydrologie durchgeführt. Steigende Anforderungen im Management von Trink- und Grundwasser (TGW), insbesondere bei der Risikobewertung im Einzugsgebiet, durch die sich ändernde Rechtslage werden zu einem steigenden Bedarf nach neuen und verbesserten grundwasser- und trinkwasserbiologischen Dienstleistungen führen. Gleich- zeitig ist die Zahl der Taxonomen für Grundwasserfauna sehr begrenzt. Im Rahmen dieses Vorhabens sollen erstmalig zwei neue Verfahren großflächig erprobt werden: 1.) die Erfassung der Biodiversität im Grundwasser und in Trinkwasserversorgungsanlagen (einschließlich Bewertung der Standorte) mittels Umwelt-DNA-Metabarcoding (eDNA-Metabarcoding) und 2.) die Beschreibung der Hydrologie bzw. hydrologischer Interaktionen im Untersuchungsgebiet mit biologischen Tracern (StygoTracing) in Verbindung mit hydrologischen Verfahren. Die Umsetzung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit einem regionalen Wasserversorger und den Fachbehörden. Das Vorhaben wird die großräumigen Verbreitungsmuster der Fauna in der Region Südbaden mit den Gewinnungsgebieten und Versorgungsanlagen ausgewählter Wasserversorger verknüpfen. Hierin liegen die beiden zentralen technischen Innovationen des beantragten Vorhabens, nämlich dass: 1.) zwei im TGW-Management noch nie (eDNA-Metabarcoding) oder nur lokal und versuchsweise (Stygo-Tracing) eingesetzte Verfahren zur Artbestimmung und zur Ermittlung des genetischen Austausches als Grundlage für die Bewertung verwendet werden. 2.) molekulargenetische Analyseverfahren großflächig zur Anwendung gebracht werden, u.a. in Form biohydrologischer Modellierungen, visualisiert durch eine biohydrologische Grundwasserkarte (GW- Landkarte). Für den Transfer dieser Erkenntnisse in die Gesellschaft (und Fachverbände) wird eine weitere, zentrale Komponente entwickelt: 3.) Eine Wanderausstellung wird erstmalig die Thematik Grundwasserökosysteme und Trinkwasser auf- greifen und auf der Landesgartenschau 2022 (LGS) in Neuenburg am Rhein präsentieren.
Das Projekt "Teilprojekt 5" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Universität Gießen, Institut für Allgemeine und Spezielle Zoologie, Bereich Tierökologie und Spezielle Biologie durchgeführt. Durch zunehmende Stoffeinträge, Unfälle und Nutzungsänderungen, ist die gute Qualität des Grundwassers vielerorts gefährdet oder bereits beeinträchtigt. Das Verbundvorhaben GroundCare entwickelt innovative Konzepte zur Beurteilung der Belastbarkeit und des Selbstreinigungsvermögens von Grundwassersystemen sowie zur Bewertung des ökologischen Zustands und bringt diese zur Anwendungsreife. Um eine weitere Lücke in der systemgerechten Überwachung der Grundwasserqualität zu schließen werden grundwasser-spezifische ökotoxikologische Testverfahren entwickelt und validiert. GroundCare leistet damit einen notwendigen Beitrag um den langfristigen Schutz und die Verfügbarkeit unserer Grundwasservorräte sicherzustellen. Teilprojekt 3 hat das Ziel, die Voraussetzungen für die Entwicklung und Testung eines marktreifen grundwasser-spezifischen Online-Verfahrens zur ökotoxikologischen Stoffbewertung für Grundwasser zu schaffen. Dazu werden geeignete Hälterungs- und Kultivierungsverfahren für Grundwasser-Metazoen entwickelt. Der zu entwickelnde Online-Biotest mit Grundwasser-Metazoen soll zur Schnellbestimmung und Echtzeitüberwachung von Grundwasserbelastungen und der Frühwarnung bei der Nutzung von Grundwasser als Trinkwasser eingesetzt werden. Da nur mangelhafte Kenntnisse über die Ökologie von Grundwasser-Metazoen vorliegen, werden zunächst die ökologischen Voraussetzungen für Hälterung und Zucht potentiell geeigneter Arten ermittelt, für die anschließend Zuchtverfahren entwickelt werden. Verschiedene Methoden für ausgewählte Grundwassertiere werden getestet mit dem Ziel, für Grundwasser-Metazoen, die sich für ökotoxikologische Untersuchungen von Grundwässern eignen, robuste Zuchtverfahren verfügbar zu machen. Die Zuchtverfahren sollen Testorganismen in standardisierter Form in ausreichender Zahl problemlos zur Verfügung stellen. Die Testorganismen werden in Absprache mit den Kooperationspartnern auf ihre Sensitivität für ausgewählte grundwasserrelevante Schadstoffe überprüft.
Das Projekt "Teilprojekt 2" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, Abteilung II Integrativer Umweltschutz durchgeführt. Das Ziel des Verbundvorhabens CHARMANT ist die Entwicklung eines Verfahrens für ein integratives Grundwassermanagement und die Planung von Grundwassernutzungen in komplexen urbanen Gebieten unter besonderer Berücksichtigung von thermischen Einflüssen auf das Ökosystem Grundwasser. Die Daten der Berliner Landesmessnetze umfassen langjährige und flächendeckende Zeitreihen in unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Auflösungen zu den chemischen und physikalischen Eigenschaften des Grundwassers, den Grundwasserständen sowie zu dessen zur Mikrobiologie und Grundwasserfauna. Flankiert werden diese Datensätze durch ein umfangreiches Inventar geologischer und hydrogeologischer Informationen und Modelle, sowie hydrologischer, stadtklimatischer und planerisch relevanter Umweltinformationen des Landes. Das Teilprojekt 'Standortcharakterisierung, Anwendung und Transfer' beschäftigt sich mit der Charakterisierung des ökologischen Zustands, der Identifizierung von thermisch bedingten Stressfeldern und Kipppunkten des Lebensraums Grundwasser anhand bestehender Datensätze als Grundlage für eine Bewertung der Resilienz des Ökosystems und darauf aufbauend die Erarbeitung und Anwendung von regulatorischen Möglichkeiten zur Verbesserung des Managements solcher Systeme.
Das Projekt "Bestimmungswerk fuer die Deutsche Grundwasserfauna" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von ATV-DVWK Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall durchgeführt. Die Grundwasserfauna in Deutschland ist verglichen mit der anderer Laender bereits recht gut bekannt, wenngleich eine flaechendeckende Bestandsaufnahme immer noch fehlt. Neue Impulse sind von der Naturschutzgesetzgebung ausgegangen, die Massnahmen zum Schutz der heimischen Oekosysteme verlangt. Das Oekosystem Grundwasser ist allerdings das am wenigsten erforschte, in einigen Bundeslaendern ist es noch gar nicht als solches wahrgenommen worden. Als Grundlage fuer die biologische Bewertung des Grundwasserzustandes soll ein Bestimmungswerk mit Bestimmungsschluesseln soweit moeglich fuer alle aus dem Grundwasser Deutschlands gemeldeten Arten verfasst werden. Fuer jede Art wird ein 'oekologisches Artenportraet' mit allen Angaben ueber Oekologie und Lebensweise zusammengestellt. Damit wird erstmals ein Werk vorliegen, in dem alle Informationen ueber die Grundwasserfauna Deutschlands zusammengefasst sind und das mit seinen Bestimmungsschluesseln erstmals auch einem breiten Nutzerkreis den Zugang zur Identifizierung einzelner Arten eroeffnet. Da Grundwassertiere auch in Langsamfiltern zu finden sind, wird das Werk auch die darin vorkommenden Arten erfassen.
Die Grundwassertemperatur im Ballungsraum von Berlin ist bzw. wird durch den Menschen tiefgreifend verändert. Die seit den 1980er Jahren im oberflächennahen Grundwasser des Landes Berlin durchgeführten Temperaturmessungen zeigen, dass im zentralen Innenstadtbereich die Durchschnittstemperatur z. T. um mehr als 4 °C gegenüber dem dünner besiedelten Umland erhöht ist. Die Temperaturmessungen belegen, dass sich dieser Temperaturanstieg zunehmend auch in größeren Tiefen mit mehr als 20 m bemerkbar macht. Die Ursachen für die Temperaturerhöhung sind vielfältig und stehen im direkten Zusammenhang mit der fortschreitenden baulichen Entwicklung und den vorhandenen Nutzungen an der Erdoberfläche. Es lassen sich dabei direkte von indirekten Beeinflussungen der Grundwassertemperatur unterscheiden (s. a. Abb. 1): Unter einer direkten Beeinflussung der Grundwassertemperatur werden alle Wärmeeinträge in das Grundwasser durch das Abwasserkanalnetz, Fernheizleitungen, Stromtrassen und unterirdische Bauwerke wie Tunnel, U-Bahnschächte, Tiefgaragen etc. verstanden. Sie umfassen auch Wärmeeinträge, die mit der Grundwasserwärmenutzung und -speicherung in Verbindung stehen. Unter einer indirekten Beeinflussung der Grundwassertemperatur werden Prozesse im Zuge der Urbanisierung verstanden, die mit der Veränderung des Wärmehaushalts der bodennahen Atmosphäre entstehen. Nach Gross (1991) sind als wichtige Größen zu nennen: Die Störung des Wasserhaushalts durch einen hohen Versiegelungsgrad Die Veränderung der Bodeneigenschaften durch eine Anhäufung von Baukörpern (Veränderung der Oberflächenwärmeleitung und -wärmekapazität) Die Änderung des Strahlungshaushaltes durch Veränderungen in der Luftzusammensetzung Die anthropogene Wärmeerzeugung (Hausbrand, Industrie, Verkehr). Durch die o. g. Unterschiede wird im Vergleich zum Umland eine Veränderung des Wärmehaushalts hervorgerufen. Die Stadt heizt sich langsam auf, speichert insgesamt mehr Wärme und gibt diese wieder langsam an die Umgebung ab, d. h., sie kann allgemein als ein riesiger Wärmespeicher betrachtet werden. Langfristig führt dieser Prozess zu einer Erhöhung des langjährigen Mittels der Luft- bzw. Bodentemperatur (vgl. Karte 04.02, SenStadt 2001). Die langfristige Erwärmung des oberflächennahen Bodens führt auch zu einer Erwärmung des Grundwassers. Da die Temperatur die physikalischen Eigenschaften sowie die chemische und biologische Beschaffenheit des Grundwassers beeinflusst, können eine Qualitätsverschlechterung des Grundwassers und eine Beeinträchtigung der Grundwasserfauna die Folge sein. Berlin bezieht sein Trinkwasser zu 100 % aus dem Grundwasser, welches fast ausschließlich im Land Berlin gewonnen wird. Auch einen Großteil des Brauchwassers für industrielle Zwecke liefert das Grundwasser. Daher ist der Schutz des Grundwassers vor tief greifenden Veränderungen wie z. B. einer signifikanten Grundwassertemperaturerhöhung oder -erniedrigung von hoher Bedeutung – speziell vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Wasserwirtschaft. Seit 1978 werden in tiefen Grundwassermessstellen, die über das ganze Stadtgebiet des Land Berlin verteilt sind, verstärkt Temperaturprofile aufgenommen und zu raumzeitlichen Darstellungen des Grundwassertemperaturfeldes verarbeitet und ausgewertet. Das vorliegende Kartenwerk soll die Fortschreibung der vorliegenden Dokumentation zur zeitlichen Veränderung der Grundwassertemperatur unter dem Stadtgebiet sein und als Genehmigungsgrundlage für Grundwassertemperatur verändernde Maßnahmen dienen. Zusätzlich kann es in Kombination mit anderen thematischen Karten wie z. B. der Geologie und Hydrogeologie zur Entscheidungsfindung und Vorplanung einer energetischen Bewirtschaftung des Grundwassers herangezogen werden. Die Untergrundtemperatur ist z. B. eine wichtige Größe für die Auslegung von Erdwärmesondenanlagen. Innerhalb der letzten Jahre ist eine stark ansteigende Nachfrage nach Erdwärmesonden in Kombination mit Wärmepumpen zum Heizen und anderen thermischen Nutzungen des Untergrundes z. B. zur Klimatisierung von Gebäuden zu beobachten. Gerade im urbanen Bereich können die unterschiedlichsten thermischen Nutzungen auf engstem Raum miteinander konkurrieren. Um die Auswirkungen dieser Nutzungen zu überwachen, kommt der regelmäßigen Überwachung der Grundwassertemperatur eine zunehmend wichtige Bedeutung zu. Grundwassertemperatur und Temperaturjahresgang Die wesentliche Wärmequelle für den oberflächennahen Untergrund bis in ca. 20 m Tiefe ist die Sonneneinstrahlung, die auf die Erdoberfläche trifft. Diese ist maßgeblich für die Oberflächentemperatur verantwortlich. Der oberflächennahe Boden wird durch die eingestrahlte Sonnenenergie erwärmt und dieser gibt die Wärme an die Atmosphäre und den Untergrund ab. Die Jahressumme des Strahlungsanteils der auf eine horizontale Oberfläche auftrifft (die sog. Globalstrahlung) beträgt im Land Berlin im Mittel rd. 1.000 kWh pro m² und Jahr. Wieviel Energie letztendlich über die Erdoberfläche in den Untergrund eingetragen wird, ist sehr stark von deren Oberflächenbeschaffenheit abhängig. Dabei spielen Faktoren wie z. B. die Farbe, der Feuchtegehalt sowie die Art und der Grad der Bodenbedeckung eine wichtige Rolle. Grundsätzlich unterliegen die Temperaturen an der Erdoberfläche und somit auch der Wärmeeintrag bzw. -austrag periodischen Schwankungen mit einem Zyklus von einem Jahr, entsprechend dem Verlauf der Jahreszeiten. Die Oberflächentemperatur dringt mit abnehmender Intensität in den Untergrund ein. Die Eindringtiefe und die Geschwindigkeit mit der die Wärme transportiert wird, ist abhängig von der Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes. Beim Wärmetransport im Untergrund kann zwischen konduktivem und konvektivem Wärmetransport unterschieden werden. Während beim konvektiven Wärmetransport die Wärmebewegung durch Materie wie z. B. Grund- und Sickerwasser erfolgt, wird beim konduktiven Transport Energie durch Stoßfortpflanzung zwischen den Molekülen transportiert. Im Gegensatz zur Sonneneinstrahlung als Hauptwärmequelle der Erdoberfläche besitzt der aus dem Erdinnern zur Oberfläche gerichtete Erdwärmestrom , der seinen Ursprung in der Wärmeentwicklung beim Zerfall radioaktiver Isotope hat, nur eine untergeordnete Bedeutung. In der kontinentalen Erdkruste ist die Wärmestromdichte – definiert als Wärmestrom pro Flächeneinheit senkrecht zur Einheitsfläche – regional verschieden. Nach Hurtig & Oelsner (1979) und Honarmand & Völker (1999) beträgt die mittlere Wärmestromdichte im Land Berlin zwischen ca. 80 und 90 mW/m². Daraus berechnet sich als Jahressumme eine Energiemenge von rd. 0,75 kWh pro m² und Jahr und ist somit also rd. 1/1.000 geringer als die Globalstrahlung. Die Temperatur oberflächennaher Grundwässer wird also im Wesentlichen durch den Energieaustausch zwischen Sonne, Erdoberfläche und Atmosphäre, untergeordnet durch den aus dem Erdinneren zur Oberfläche gerichteten Wärmestrom bestimmt. Die regionale Jahresdurchschnittstemperatur an der Oberfläche in Berlin beträgt unter anthropogen unbeeinflussten Verhältnissen ca. 8,0 bis 8,5 °C. Während die tageszeitlichen Schwankungen nur eine Tiefe von bis zu 1,0 m erfassen, reichen die jahreszeitlichen bis in eine Tiefe zwischen 15 und max. 25 m. Ab dieser Tiefe, in der jahreszeitliche Einflüsse nicht mehr zu registrieren sind, – der sog. neutralen Zone -, steigt die Temperatur in Abhängigkeit von der Wärmeleitfähigkeit der Gesteine und der regionalen Wärmestromdichte an (Abb. 2). Im Berliner Raum beträgt der durchschnittliche Temperaturanstieg im Bereich bis ca. 300 m Tiefe 2,5 bis 3 °C / 100 m. Oberflächengestalt und Grundwassersituation Das in nahezu ostwestlicher Richtung verlaufende Warschau-Berliner Urstromtal trennt die Barnim-Hochfläche im Norden von der Teltow-Hochfläche und der Nauener Platte im Süden der Stadt (Abb. 3). Die Geländehöhen des Urstromtales betragen 30 bis 40 m NHN, während die Hochflächen durchschnittlich 40 bis 60 m über NHN liegen. Einzelne Höhen erheben sich bis über 100 Meter über das Meeresniveau (vgl. Karte 01.08, SenStadt 2010a). In Berlin ist der Porenraum der überwiegend sandig und kiesigen Sedimente der oberen 150 bis 200 Metern vollständig bis nahe an die Oberfläche mit Grundwasser erfüllt, das zur Trinkwasserversorgung der Stadt genutzt wird. Der Abstand vom Grundwasser bis zur Geländeoberkante (Grundwasserflurabstand) schwankt je nach Morphologie und Geologie zwischen 0 m und wenigen Metern im Urstromtal sowie fünf bis über 30 Meter auf den Hochflächen (vgl. Karte 02.07, SenStadt 2010b). Die Grundwasserentnahmen zur Trink- und Brauchwassergewinnung haben zur Ausbildung von weit gespannten Senktrichtern der Grundwasseroberfläche geführt, die die natürlichen Flurabstände und Grundwasserfließgeschwindigkeiten erhöhen sowie die natürlichen Grundwasserfließrichtungen verändern. Dadurch sind in den Bereichen, in denen Brunnengalerien in der Nähe von Flüssen und Seen Grundwasser fördern, influente Verhältnisse entstanden, d. h. das Oberflächenwasser infiltriert als Uferfiltrat in das Grundwasser. Da das Oberflächenwasser aber durch vielfache Kühlwassereinleitungen von Heizkraftwerken ganzjährig erwärmt ist (wie z. B. im Bereich der Spree), führt diese Infiltration im Einzugsbereich des Oberflächengewässers zwangsläufig zu einer Erwärmung des Grundwassers. Besiedlungsstruktur und klimatische Verhältnisse Das Land Berlin besitzt eine polyzentrale Besiedlungsstruktur, die durch das Vorhandensein zweier Hauptzentren, mehrerer kleinerer Stadtzentren sowie einem dichten Nebeneinander von Wohnen, Grünflächen, Gewerbe und Industrie charakterisiert ist. Größere Gewerbegebiete und Industrieansiedlungen liegen bevorzugt an den vom Stadtkern radial zum Stadtrand gerichteten Siedlungs- und Entwicklungsachsen sowie an kanalisierten Oberflächengewässern. Stark vereinfacht lassen sich folgende Unterscheidungen treffen (Abb. 4): Gebiete ohne Besiedlung, überwiegend Vegetation mit geringer bis mittlerer Siedlungsdichte und mit hoher Siedlungsdichte, Stadtzentren und Industrieansiedlungen. Bei der Betrachtung der lokalklimatischen Verhältnisse in Berlin zeigt vor allem für die baulich hochverdichtete Innenstadt tief greifende Veränderungen im Wärmehaushalt gegenüber dem Umland. Durch anthropogene Aktivitäten wird Energie als Wärme in die Stadtatmosphäre abgegeben. So beträgt die mittlere Jahreslufttemperatur im Außenbezirk Dahlem 8,9 °C, im Innenstadtbereich sind dagegen die durchschnittlichen Temperaturen bereits bis auf über 10,5 °C angestiegen (vgl. Karte 04.02, SenStadt 2001).