Das Projekt "Teilprojekt H" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Universität Bremen, Institut für Umweltphysik, Abteilung Terrestrische Umweltphysik, Radioactivity Measurements Laboratory durchgeführt. AP 1.1 Nutzung von natürlichen und künstlichen Radionukliden als Tracer in fluvialen Systemen AP 4.1 Bestimmung und Modellierung der Partitionierung von künstlichen und natürlichen Radionukliden in Klärschlamm und Abwasser In AP 1.1 sollen für die wichtigsten Nuklide experimentelle Daten für den Verlauf eines größeren Flusses, vorzugsweise der Weser, gewonnen werden (vorwiegend Sediment, daneben auch Wasser und Schwebstoff). Aufbauend auf den Messdaten soll für jedes Isotop ein fluviales Transportmodell (Eintrag, Ausbreitung, Deposition im Sediment) erstellt und verifiziert werden. In AP 4.1 soll ein Modell für die Partitionierung und Speziation von natürlichen und künstlichen Radionukliden in und außerhalb von Kläranlagen entwickelt werden. Zur Validierung und Verfeinerung des Modells sollen die Nuklidkonzentrationen in den einzelnen Anlagenkompartments experimentell bestimmt werden. Die Aktivitätsbestimmung erfolgt in beiden Arbeitspaketen gammaspektroskopisch.
Das Projekt "Teilprojekt F" wird vom Umweltbundesamt gefördert und von Helmholtz-Zentrum Dresden-Roßendorf e.V., Institut für Ressourcenökologie, Abteilung Biogeochemie durchgeführt. Das Migrationsverhalten von Radionukliden in bergbaulichen und städtischen Abwässern soll im Teilprojekt 4 'Kontaminierte Wässer' untersucht werden. In Arbeitspaket 4.3 wird angestrebt, mögliche Radionuklidakkumulationen in oder an der Zelle zu lokalisieren und, wenn möglich, deren Speziation aufzuklären. Für kontaminierte Wässer des Uranbergbaus in Sachsen/Thüringen sind Untersuchungen zu den Wechselwirkungen zwischen Mikroorganismen, insbesondere der Eukaryonten, mit Uran und deren Einfluss auf das Migrationsverhalten in gefluteten Bergbaugruben vorgesehen (AP 4.3). AP 4.3 untersucht mit Hilfe mikroskopischer und spektroskopischer Methoden Wechselwirkungen von Uran mit in Urangruben identifizierten Mikroorganismen (Bakterien und Eukaryonten) in Reinkulturen, um herauszufinden, ob diese Mikroorganismen in der Lage sind, Uran in umweltrelevanten Konzentrationen zu immobilisieren.
Die aktuellste umfängliche Darstellung des Endlagerprojekts Cigéo, welche auch mögliche
erhebliche grenzüberschreitende Umweltauswirkungen in Deutschland betrachtet und bewertet
und die dem BASE zugänglich ist, ist die auch in Ihrem Erlass angesprochene Publikation des
Öko-Instituts e.V. aus dem Jahr 2013 mit dem Titel „Wissenschaftliche Beratung und Bewertung
grenzüberschreitender Aspekte des französischen Endlagervorhabens "Cigéo" in den
Nachbarländern Rheinland-Pfalz, Saarland und Großherzogtum Luxemburg“. Da nach meiner
Kenntnis seitdem keine aktuellere, vollumfängliche Bewertung des geplanten Verfahrens
außerhalb der Andra veröffentlicht wurde, stütze ich mich bei der Bewertung möglicher
erheblicher grenzüberschreitender Umweltauswirkungen in Deutschland vor allem auf diese
Studie.
Nach kursorischer Prüfung des Gutachtens auf Plausibilität und der daraus abgeleiteten
Schlussfolgerungen sind keine erheblichen Umweltauswirkungen im Sinne der Espoo-
Konvention zu erwarten. Jedoch basiert diese Einschätzung teilweise auf nicht vollständig
nachvollziehbaren Grundannahmen bzw. auf Annahmen, welche aus dem Untertagelabor
Meuse/Haute Marne in Bure abgeleitet wurden und somit nicht unbedingt spezifisch für das
geplante Endlager Cigéo sind. Für eine abschließende Beurteilung ist somit die Prüfung der
Antragsunterlagen abzuwarten.
Folgende Aspekte zum Gutachten des Öko-Instituts und zu den darin getroffenen Bewertungen
sind bei der kursorischen Durchsicht aufgefallen und deshalb bei dieser Einschätzung zu
beachten. Dabei handelt es sich um Aspekte, welche auch bei einer zukünftigen Prüfung der
Antragsunterlagen mit einbezogen werden sollten:
1. Betriebssicherheit und Störfälle in der Betriebsphase:
Allgemein:
Grundsätzlich erscheinen sowohl die gewählte Vorgehensweise als auch die
Schlussfolgerung, dass die abgeschätzte Dosis so gering sei, dass in den
Nachbarländern nur von einer vernachlässigbaren Dosis durch die normalbetrieblichen
Ableitungen radioaktiver Stoffe durch die Fortluft vom Endlager Cigéo ausgegangen
werden könne, plausibel. Die Tatsache, dass nur Freisetzungen in die Umgebungsluft
betrachtet werden, stützt sich laut dem Gutachten des Öko-Instituts auf die Aussage der
Andra, dass „keine radioaktiven Abwässer in einen dortigen Vorfluter abgegeben
werden“.
Übliche Kriterien zur Abschätzung möglicher Strahlenexpositionen wie nuklidspezifische
Aktivitätswerte, die Freisetzungshöhe über Grund sowie die standortspezifischen
meteorologischen und ggf. auch orographischen Verhältnisse konnten nicht
herangezogen werden, da entsprechende Angaben von der Andra fehlten.
Auch die Vorgehensweise zu den abschätzenden Ausbreitungsrechnungen erscheint
grob nachvollziehbar. Das Öko-Institut konnte bei seinen Berechnungen nicht von einem
nuklidspezifischen Quellterm ausgehen. Hier kann nicht beurteilt werden, inwiefern es
Auswirkungen auf die grundsätzliche Aussage der geringen Gefährdung hätte, wenn
den Ausbreitungsrechnungen ein nuklidspezifischer Quellterm zugrunde gelegt würde.
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Gemäß dem Gutachten des Öko-Instituts lagen seitens der Andra keine Angaben dazu
vor, welche Störfälle der Auslegung des Endlagers Cigéo zugrunde gelegt werden
sollen.
Einzelaspekte:
Aktualität des Regelwerks: Das Öko-Institut (2013) bezieht sich auf die 2013 gültige AVV
zu § 47 der Strahlenschutzverordnung (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit 28.08.2012). Beide Regelwerke (AVV und Strahlenschutzverordnung)
wurden zwischenzeitlich aktualisiert. Es stellt sich die Frage, ob eine Berücksichtigung
aktueller Regelwerke zu einer anderen Bewertung führen könnte. Die aktuelle
Strahlenschutzverordnung (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare
Sicherheit 29.11.2018) schreibt zum Beispiel für die Berechnung der Exposition der
Bevölkerung in der Nähe kerntechnischer Anlagen und Einrichtungen die Verwendung
eines Lagrange-Partikelmodells vor. Damit ersetzt dieses Modell das bisher eingesetzte
Gauß-Fahnenmodell, das ab 2020 für diesen Zweck nicht mehr verwendet werden darf.
Ausbreitungsrechnungen: In Öko-Institut (2013) lassen sich nur grobe Angaben zur
verwendeten Methode der Ausbreitungsrechnungen finden. Es fehlen z.B. Informationen
darüber, welches Programm für die Berechnung des atmosphärischen Transportes
verwendet wurde. Informationen zur Durchführung der Transportrechnungen und zu den
Eingabedaten für das Gauß-Fahnen Modell, wären zur Nachvollziehbarkeit der
Rechnungen hilfreich. Zudem fehlen Literaturzitate zu entsprechenden Annahmen in
den Berechnungen, welche diese Annahmen begründen oder untermauern könnten. So
wird angenommen, dass auf dem gesamten Weg des atmosphärischen Transports eine
mittlere Luftturbulenz vorliegt (Diffusionskategorie D). Die Begründung, warum diese
Diffusionskategorie eine konservative Wahl ist, ist nicht plausibel erklärt. Die Wahl der
Diffusionskategorie D sollte besser begründet werden. Weiterhin wird angenommen,
dass die Freisetzung am Endlager über einen Fortluftkamin erfolgt. Dessen (bislang
nicht festgelegte) Höhe wird im Gutachten variiert. Die ausgewählten Freisetzungshöhen
von 50 m, 75 m und 100 m sind nicht nachvollziehbar. In der AVV (Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 28.08.2012) sind die Parameter p und q
für die Stabilitätsklassen (Diffusionskategorien) A – F bei 50 m, 100 m und 180 m
festgelegt. Es sollte besser begründet werden, warum eine weitere Freisetzungshöhe
von 75 m ausgewählt wurde und warum eine Höhe von 100 m als ausreichend gilt.
Störfallbetrachtung: Bei der Störfallbetrachtung fehlen Informationen darüber, welcher
Störfall postuliert wird (z. B. Brand). Es wird zwar erwähnt, das die größten
Freisetzungen bei einem Störfall mit gleichzeitigen mechanischen und thermischen
Einwirkungen zu erwarten sind, aber es wird nicht nachvollziehbar dargelegt, um
welchen Störfall es sich explizit handelt und ob er überirdisch oder unterirdisch
stattfindet. Deswegen ist es schwierig zu beurteilen, ob die verwendete Aktivität
plausibel ist. Es wird vermutet, dass die gleichen Annahmen wie in Kap. 4 verwendet
wurden, dies wird aber im Kap. 5 nur beiläufig erwähnt. Zudem wurden in Kap. 4 für die
Transport- bzw. Dosisberechnungen drei meteorologische Szenarien angewendet. Für
diese Szenarien wurden Dosen für Inhalation und Gamma-Bodenstrahlung
unterschieden, in Kap. 5 wird für das jeweilige Szenario nur eine Gesamtdosis
ausgewiesen. Diese Diskrepanz bzw. die unterschiedliche Vorgehensweise zwischen
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Überwachung der Ableitungen radioaktiver Stoffe aus kerntechnischen Anlagen Die Ableitungen radioaktiver Stoffe aus kerntechnischen Anlagen ( Emission ) mit Fortluft und Abwasser werden regelmäßig und dauerhaft überwacht und bilanziert. Die im Rahmen der Emissionsüberwachung "Fortluft" und "Abwasser" ermittelten Aktivitätsableitungen werden nach gesetzlichen Vorgaben an das Bundesumweltministerium ( BMUV ) und an die Europäische Kommission übermittelt. Zusätzlich sind die gemeldeten Aktivitätsableitungen im Jahresbericht "Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung" des Bundesumweltministeriums dokumentiert. Die atomrechtlich zuständigen Genehmigungsbehörden schreiben Höchstwerte für die Ableitungen radioaktiver Stoffe aus kerntechnischen Anlagen fest. Um die Einhaltung dieser Genehmigungswerte sicherzustellen, werden Ableitungen radioaktiver Stoffe aus kerntechnischen Anlagen ( Emission ) mit Fortluft und Abwasser regelmäßig und dauerhaft überwacht und bilanziert. Daraus wird schließlich die resultierende Exposition der Bevölkerung ermittelt. Unter Exposition wird die Einwirkung ionisierender Strahlung auf den menschlichen Körper durch Strahlungsquellen außerhalb und innerhalb des Körpers oder das Ausmaß dieser Einwirkung verstanden. Die Betreiber der kerntechnischen Anlagen sind dazu verpflichtet, die Ableitungen zu minimieren sowie alle abgeleiteten radioaktiven Stoffe nach Art und Aktivität zu bestimmen, zu dokumentieren und zu bilanzieren (sogenannte "Eigenüberwachung"). Die erforderlichen Messungen werden dokumentiert und der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde Bericht erstattet. Aktivitätsableitungen mit der Fortluft Aktivitätsableitungen mit dem Abwasser Aktivitätsableitungen mit der Fortluft Aktivitätsableitungen mit der Fortluft Schema einer Probenentnahmeeinrichtung in einer deutschen kerntechnischen Anlage: dargestellt sind die primären und sekundären Probenentnahmeleitungen, die einen repräsentativen Anteil der Fortluft zu Sammeleinrichtungen für die Bilanzierung und zu Monitoren für die kontinuierliche Überwachung führen Über die Kamine kerntechnischer Anlagen gelangen radioaktive Stoffe mit der Fortluft in die Umwelt. Ein repräsentativer Anteil der Fortluft wird für die Bilanzierung kontinuierlich über Sammeleinrichtungen geleitet (siehe Grafik). Nach vorab festgelegten Zeiträumen werden die Aktivitäten der Radionuklide , die sich in dieser Zeit auf den Sammelmedien abgelagert haben, bestimmt und die resultierenden Aktivitätskonzentrationen dieser Radionuklide in der Fortluft ermittelt. Da es sich bei dieser Art der Probenentnahme um ein sogenanntes "integrierendes Verfahren" handelt, werden auch kurzzeitige Emissionen zuverlässig erfasst. Zusätzlich werden über sogenannte " Online-Monitoring -Einrichtungen" gammastrahlende Radionuklide (zum Beispiel Cobalt-60) und Jod- Isotope kontinuierlich überwacht. Diese Messungen ermöglichen es, Erhöhungen von Aktivitätsableitungen unverzüglich zu erkennen und gewährleisten darüber hinaus auch die Erfassung von Aktivitätsableitungen kurzlebiger Radionuklide wie Jod-133. Radioaktive Edelgase können nur mit großem Aufwand auf Sammelmedien abgeschieden werden. Um sie zu erfassen, wird daher ein repräsentativer Teil der Kaminfortluft ständig durch eine Messkammer geleitet. Auf diese Weise können Aktivitätsableitungen dieser Edelgase kontinuierlich ermittelt und bilanziert werden. Aktivitätsableitungen mit dem Abwasser Aktivitätsableitungen mit dem Abwasser Im Gegensatz zur Fortluft müssen alle radioaktiven Abwässer in Auffangbehältern gesammelt werden. Erst wenn eine Entscheidungsmessung ergeben hat, dass vorgegebene Genehmigungswerte nicht überschritten werden, dürfen sie über den Vorfluter an die Umwelt abgegeben werden. Der Betreiber bestimmt die Aktivitäten der im Abwasser enthaltenen alpha-, beta- und gammastrahlenden Radionuklide . Die abgeleiteten radioaktiven Stoffe werden bilanziert. Aktivitätsableitungen einzelner Radionuklide und Radionuklidgruppen mit der Fortluft und dem Abwasser 1962 - 2023, jährlich summiert über alle deutschen Kernkraftwerke im Geltungsbereich des Atomgesetzes Überblick: Aktivitätsableitungen aus kerntechnischen Anlagen in Deutschland Seit den 1960er Jahren erfolgt die Bilanzierung von radioaktiven Stoffen mit der Fortluft und dem Abwasser. Bis auf die Ableitung von Tritium ( H-3 ) mit dem Abwasser und Kohlenstoff-14 (C-14) in der Fortluft sind alle anderen Radionuklidgruppen seit den 1970er Jahren in der Tendenz rückläufig. Dies ist zum einen durch die Nachrüstung der Anlagen mit Rückhalteeinrichtungen für radioaktive Stoffe in der Fortluft (sogenannte "Vollfilterung"), zum anderen durch die Abschaltung von Kernkraftwerken (1993 waren 20 Kernkraftwerke in Betrieb, seit 15.April 2023 keine Anlage) bedingt. Berichterstattung ist gesetzlicher Auftrag Die im Rahmen der Emissionsüberwachung "Fortluft" und "Abwasser" ermittelten Aktivitätsableitungen werden nach gesetzlichen Vorgaben an das Bundesumweltministerium ( BMUV ) und an die Europäische Kommission übermittelt. Zusätzlich sind die gemeldeten Aktivitätsableitungen im Jahresbericht "Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung" des Bundesumweltministeriums dokumentiert. Stand: 24.10.2024